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BMF veröffentlicht Entwurf zur Umsetzung von MiFID II

 

Das Bundesfinanzministerium hat aktuell den Referentenentwurf für ein Zweites Finanzmarktnovellierungsgesetz (2. FiMaNoG) veröffentlicht. Damit werden die Pflöcke für die MiFID II-Richtlinie in deutsches Recht eingeschlagen. Über den bisherigen Stand der Umsetzung samt der zahlreichen Level-2-Maßnahmen hatten wir bereits ausführlich berichtet (zuletzt z. B. in 'k-mi' 19/16, 50–51, 39/14). Mit dem aktuellen Entwurf wird es jetzt allerdings ernst: Laut BMF "folgt der Gesetzentwurf dem Prinzip der 1:1-Umsetzung". Angesichts der Unmengen an Papierbergen, die jedoch momentan neben der Richtlinie selbst noch in Form von Level-2-Maßnahmen, Verordnungen und Konsultationen produziert werden, heißt dies jedoch wenig.

Der freie Vertrieb ist zunächst nur indirekt betroffen. Gesetzestechnisch erfolgt die Umsetzung im wesentlichen durch großflächige Anpassungen im WpHG: Der bisherige Abschnitt 6 des WpHG zu den Verhaltensregeln wird künftig in Abschnitt 11 des WpHG neu zusammengefasst. Nach der Gewerbeordnung ist für Finanzanlagenvermittler und Honorar-Finanzanlagenberater ein dazu "vergleichbares Anlegerschutzniveau herzustellen". Dies wird also entsprechende MiFID II-Folgeänderungen in der FinVermV nach sich ziehen. 'k-mi' wird sich intensiv dafür einsetzen, dass dies vor allem größenadjustiert erfolgt!

Was kommt damit künftig auf Sie zu?  ++ Bei der Anlageberatung sind Kunden darüber aufzuklären, ob die Anlageberatung "unabhängig und damit als Honorar-Anlageberatung“ erbracht wird oder nicht  ++ Darüber hinaus müssen Kunden informiert werden, ob sich die Anlageberatung auf eine umfangreiche oder eine eher beschränkte Analyse verschiedener Arten von Finanzinstrumenten stützt, insbesondere ob die Palette auf Produkte von Anbietern beschränkt ist, zu denen eine "enge Verbindung" besteht. 

++ Berater müssen Privatanlegern eine Geeignetheitserklärung zur Verfügung stellen. Die Pflicht zur Erstellung einer Geeignetheitsprüfung tritt an die Stelle des bisherigen Beratungsprotokolls, "das aufgrund der nunmehr europaweit harmonisierten Aufzeichnungs- und Protokollierungspflichten nicht mehr erforderlich ist und entfallen kann". Kurz gesagt, muss der Berater schriftlich begründen, warum das Produkt zum Kunden passt. Ob Sie als Berater damit haftungstechnisch vom Regen in die Traufe kommen, ist noch nicht endgültig raus. Wir befürchten eher eine Verschlimmbesserung: Denn im 'Kleingedruckten' bei MiFID II heißt es nun nämlich: "Dem Kunden sollen keine Verluste daraus entstehen, dass in der Erklärung die persönliche Empfehlung unzutreffend oder unredlich dargestellt wird, einschließlich der Frage, wie sich die abgegebene Empfehlung für den Kunden eignet sowie der Nachteile der empfohlenen Vorgehensweise." Empfehlungen beziehen sich aber immer auf einen bestimmten Zeitpunkt hinsichtlich des Marktes und der Situation des Anlegers und haben keinen Ewigkeitsstatus. Wir sehen hier ein potentielles Einfallstor für Haftungsklagen, in denen nachträglich 'Empfehlungen' von ihrem Entstehungszeitpunkt abgelöst werden, um den Vertrieb für ein gescheitertes Investment bluten zu lassen. Auch die Ausführungen in den bisherigen Level-2-Maßnahmen hierzu sind uns zu unbestimmt, z. B. auch dahingehend, wann entsprechende Geeignetheitsprüfungen für ein Investment nicht nur einmal, sondern periodisch bzw. regelmäßig zu erfolgen haben. 

Der Komplex 'Vergütungen' ist nach wie vor ein Thema für sich. MiFID II enthält zwar kein pauschales Provisionsverbot, aber andere Hürden, die ähnlich wirken. Denn künftig soll gelten: "Wertpapierdienstleistungsunternehmen müssen nachweisen können, dass jegliche von ihr erhaltenen oder gewährten Zuwendung dazu bestimmt sind, die Qualität der jeweiligen Dienstleistung für den Kunden zu verbessern (...) Solange das Wertpapierdienstleistungsunternehmen im Zusammenhang mit den für die betreffenden Kunden erbrachten Wertpapierdienstleistungen fortlaufend Zuwendungen erhält, muss es seine Kunden mindestens einmal jährlich individuell über die tatsächliche Höhe der angenommenen oder gewährten Zuwendungen unterrichten." Das BMF verweist in der Gesetzesbegründung selbst darauf, dass hierbei (nur) eine entsprechende Formulierungs-Vorgabe aus den Level-2-Maßnahmen umgesetzt wurde. Beispiele für qualitätsverbessernde Dienstleistungen gemäß Level 2 hatten wir bereits in der 'k-mi'-Beilage 19/16 aufgeführt. Wie praxistauglich solche Reißbrett-Beispiele aus Brüssel am Ende sind, ist allerdings noch völlig unklar. 

Neu ist allerdings, dass das Filialnetz von Banken als Qualitätsverbesserung gelten soll: "Nach der langen Diskussion um die Rechtfertigung von Provisionen durch Qualitätsverbesserung gegenüber dem Kunden, ist nun auch das Filialnetz als qualitätsverbessernde Maßnahme anerkannt, sofern daneben eine breite Palette von Finanzinstrumenten angeboten wird", so RA Sebastian Wintzer aus der Kanzlei Waigel Rechtsanwälte/München gegenüber 'k-mi': "Diese Klarstellung wurde in die WpDVerOV aufgenommen. Wenn dem Kunden ein verbesserter Zugang zu Beratungsdienstleistungen ermöglicht wird, weil durch die Bereitstellung eines weit verzweigten regionalen Filialnetzwerkes auch in ländlichen Regionen eine Vor-Ort-Verfügbarkeit von qualifizierten Beratern sichergestellt wird, liegt darin eine Qualitätsverbesserung, die Provisionen rechtfertigen kann. Für die Institute ohne Filialnetz verbleibt es aber leider bei den strengen Regelungen zur Qualitätsverbesserung." Bzgl. der sog. 'Product Governance' enthält der Entwurf "erfreulicherweise eine Klarstellung, wonach die Zielmärkte nur von den Konzepteuren erstellt werden müssen", soweit Finanzinstrumente 'erschaffen, entwickelt, begeben oder gestaltet' werden, so RA Wintzer: "Vertriebsunternehmen haben Zielmärkte zu definieren, wenn sie von den Konzepteuren solche Definitionen nicht erhalten können. Es ist aber nicht für jede Wertpapierdienstleistung (z. B. Anlageberatung oder Vermögensverwaltung) ein eigener Zielmarkt zu bestimmen." Weitere Details sind derzeit darüber hinaus noch Gegenstand einer ESMA-Konsultation.

'k-mi'-Fazit: MiFID II ist ein gigantisches Arbeitsbeschaffungsprogramm für Bürokraten und Juristen. Inhaltlich ist es vor allem eine ideologische Agenda von Nicht-Praktikern zur Bekämpfung der Provisionsberatung. Bisher gibt es jedoch keinen empirischen Nachweis für die Segnungen eines Provisionsverbotes bzw. eine Begründung für die Diskriminierung der Provisionsberatung. Im Gegenteil gilt hier die alte Handwerkerregel 'Nach fest kommt ab'. Gerade die negativen Erfahrungen aus England zeigen (vgl. 'k-mi' 11/16), dass ein unablässiges Draufsatteln bei der Regulierung und Verbote nur dazu führen, dass Normalverdiener keinen Zugang mehr zu Beratung erhalten. Und das in Zeiten von ohnehin verknappter Produktverfügbarkeit, in denen normales Sparen nicht mehr möglich ist und die klassische Lebensversicherung ausgedient hat. Das BMF hat zunächst im Referentenentwurf weitgehend Wort gehalten und an den entscheidenden Stellen 'copy & paste' aus den Level-2-Maßnahmen praktiziert. Da, wo man von Level-2 abweicht, werden im Rahmen eines faktischen Provisionsprivilegs Banken gegenüber freien Finanzdienstleitern bevorzugt. Ohne zu­sätzliche Konkretisierung durch den Gesetzgeber, die 'k-mi' im weiteren Verfahren erreichen will, führt das allerdings dazu, das immer mehr grundsätzliche Aus­legungsfragen bei der BaFin als Letztentscheider landen.

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