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Bonnfinanz: Die Lage spitzt sich zu – was unternimmt BlackFin?

"Bonnfinanz attestiert sich die Schulnote 6 für Systemumstellung", titelten wir in der Vorwoche (vgl. 'k-mi' 02/21). Sechs Tage später heißt es in einer Presseinformation der ajco solutions GmbH: "Die Bonnfinanz AG geht im Zuge ihrer Wachstumsstrategie einen weiteren Schritt: Nach der Übernahme durch die Private-Equity-Spezialisten BlackFin folgt nun der Aufbau einer modernen IT-Infrastruktur. Für die Kernsysteme 'Vertriebsstammdaten/Provisionsabrechnung' und 'CRM' setzt Bonnfinanz dabei auf die Unterstützung der ajco solutions GmbH sowie auf die Software-Anbieter FiANTEC Provisionslösungen GmbH und Aurea." Die IT-Landschaft gehört seit rund zehn Jahren zur lokalisierten Achillesferse der Bonnfinanz (Bofi). Gegenüber den Mitarbeitern wurden immer wieder ein CRM-System sowie branchenübliche Standardsysteme versprochen.

Ein Insider gegenüber 'k-mi': "Fakt ist, dass nun nach zwei Jahren BlackFin Capital Partners das große Chaos ausgebrochen ist. Am 12.Oktober wurde das 25 Jahre alte Zurich-Agentursystem AS verabschiedet und ein bis heute nicht richtig funktionierendes CRM-System eingeführt. Für die Mitarbeiter ist dieses System nicht zu verwenden. Der Aufschrei war riesig. In der Zwischenzeit bezeichnet sogar Vorstandsmitglied Benz das System als inakzeptabel. Bezeichnend für die Situation ist doch, dass die Bonnfinanz die Ausgabe neuer Laptops und die Umstellung auf Outlook als großen Erfolg feiert. Besonders prekär macht die Situation, dass beide Vorstände Benz und Mertes bei einer virtuellen Vertriebstagung am 18.09.20 den Mitarbeitern mitteilten, das CRM-System sei komplett fertig und innerhalb einer Woche komplett einsatzbereit. Wie in dem Zusammenhang von einer komplett neuen IT-Landschaft gesprochen werden kann, erschließt sich mir definitiv nicht. Vielen Mitarbeitern wurde damit der letzte Funke Hoffnung und das Vertrauen in den Vorstand genommen." Starker Tobak in Richtung Bofi-Führung!

Dirk Benz, CEO Bonnfinanz AG für Vermögensberatung und Vermittlung, nimmt gegenüber 'k-mi' Stellung zu den Vorhaltungen: "Als Folge der Separierung von Zurich hat Bonnfinanz in nur 15 Monaten ein eigenständiges CRM konzipiert, umgesetzt und ausgerollt. Wie es heutzutage üblich ist bei agilen Software-Projekten, wurde zunächst eine Basisversion publiziert, die nun kontinuierlich verbessert wird. Die Anlaufschwierigkeiten waren größer als erwartet. Allerdings konnten wir – auch dank der tatkräftigen Unterstützung unser Vertriebspartner*innen – in den vergangenen drei Monaten wesentliche Schwachstellen identifizieren und beheben. Eine Richtigstellung: Das Zurich Agentursystem wurde nach dem Rollout unseres CRM nicht abgeschaltet, sondern konnte und kann durch unsere Vertriebspartner*innen weiter genutzt werden."

Besonders kritisch für einen Strukturvertrieb wird es, wenn die monatlichen Abrechnungen zu einem Buch mit sieben Siegeln werden. Gegenüber 'k-mi' äußert sich ein Bofi-Kenner zu den Abrechnungsproblemen: "Alle Außendienstmitarbeiter haben nun ein Sonderkündigungsrecht mit Abfindungsanspruch, da die Bonnfinanz AG seit mehr als drei Monaten keine Abrechnungen mehr für den Außendienst liefert. Als Grund werden hierfür EDV-Probleme genannt. Die Bonnfinanz liefert den Vertrieblern praktisch eine Steilvorlage zur Kündigung Anfang 2021. In einigen Fällen, in denen die Bonnfinanz noch hohe Bonuszahlungen im ersten Quartal 2021 zu leisten hätte, versucht sie, durch Kündigungen dieser Mitarbeiter wohl schon jetzt Kosten zu sparen und diesen voraus zu sein, um sie billig abzuspeisen. Bereits jetzt liegen der Bonnfinanz AG mehrere Klagen zum Teil bis in einen siebenstelligen Bereich vor. Die Leidensfähigkeit vieler Berater war die einzige Hoffnung.

Durch die Entwicklungen und Entscheidungen der letzten Monate hat sich diese Aussicht für viele Berater aber zuletzt dermaßen verschlechtert, dass zahlreiche einfach nicht mehr wollen. Einige beschreiben ihren Aufwand und ihre Kosten für das Backoffice auf Grund dieser Situation als enorm." Rechnet nun auch die Bofi mit einer größeren Anzahl an Kündigungen? Benz gibt sich gelassen: "Nein, damit rechnen wir nicht. Wir haben uns im transparenten Austausch mit unserem Vertrieb dafür entschieden, für eine kommunizierte Übergangszeit von drei Monaten auf eine Pauschalabrechnung umzustellen. Auf Basis der von unseren Vertriebspartner*innen selbst im Vorfeld bestimmten Vorschüsse erfolgen dann die Zahlungen. Wir haben sichergestellt, dass es in dieser Übergangszeit keine finanziellen Auswirkungen für den Vertrieb gab. Wir werden mit der anstehenden Januarabrechnung wieder auf eine reguläre Provisionsabrechnung umstellen. Ein Sonderkündigungsrecht, wie beispielsweise im Versicherungsrecht, besteht bereits aus rechtlichen Gründen nicht. Auch für eine ausgleichserhaltende Kündigung ist aus tatsächlichen Gründen kein Raum."

Nach Beantwortung unserer Fragen gibt die Bofi gegenüber ihren Beratern intern eine Wasserstandsmeldung zur "Neuen Provisionsabrechnung". Da noch nicht "alles perfekt ist", sollen die Berater "vorerst von Detailreklamationen absehen". Zu den Fehlern gehören u. a. ++ Eigenumsätze sind teilweise bei Europace als Orgaumsatz enthalten ++ Sachgeschäft wird unter Haftpflicht geführt ++ VHV wurde teilweise zu hoch vergütet ++ Umstellung von Multiplus auf Privatschutz wurden zu hoch vergütet oder ++ Darlehen sind nicht ausgewiesen. Aus dem Bofi-Umfeld erfahren wir vertraulich, dass Vermittler "unzählige weitere Fehler" feststellten: "Bei der jüngsten Abrechnung sind einige Produktpartner noch gar nicht eingebunden. Die Abrechnung soll 'nur' zu ca. 8 % falsch sein. Außerdem soll nicht vor März mit der Abrechnung der Bestandsprovisionen zu rechnen seien." Nicht nur als Außenstehender gewinnt man hier den Eindruck, dass der Bofi-Laden förmlich zu Erodieren droht. Und es kracht an weiteren wichtigen Fundamenten: "Wir arbeiten mit veralteten Systemen und einer extrem beengten Produktpartnerpalette, die anscheinend aus Profitgründen nicht geöffnet wird", klagt ein Berater sein Leid gegenüber 'k-mi'. Mehr dazu in Kürze.

'k-mi'-Fazit: 50 Jahre alt wurde die Bonnfinanz im vergangenen Jahr. Die beste Zeit scheint lange zurückzuliegen. In der Gegenwart scheint es um die Existenz zu gehen. Denn einem Strukturvertrieb mit einer solch schlappen IT dürften die Argumente gegenüber dem Außendienst, dessen Laune ohnehin im Keller ist, irgendwann ausgehen. Fraglich ist auch, hat die Bofi-Mutter BlackFin Capital-Partners das Strukturvertriebs-Geschäft verstanden und die richtigen Manager mit diesem Projekt betraut?

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