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Ergo könnte schnellen LV-Verkauf bereits aufsichtsrechtlich in Gang gesetzt haben

Bisher wurde bei der kritischen Betrachtung des externen ‚Run-Offs‘ zumeist der LV-Bestandsverkauf an Dritte beleuchtet. Doch es könnte einen anderen Weg geben, mit dem die Ergo ihren Lebensversicherer und damit die Bestände wohl schneller loswerden könnte als über den Bestandsverkauf: Bestandsübertragungen werden nur genehmigt, wenn „die Belange der Versicherten gewahrt und die Verpflichtungen aus den Versicherungen als dauernd erfüllbar dargetan sind“, erläutert die BaFin auf ‚vt‘-Anfrage. „Soweit Versicherungsverhältnisse mit Überschussbeteiligung betroffen sind, darf die Übertragung ausschließlich dann genehmigt werden, wenn der Wert der Überschussbeteiligung der Versicherten des übertragenden und des übernehmenden Versicherungsunternehmens nach der Übertragung nicht niedriger ist als vorher. Dies muss ggf. durch geeignete Auflagen im Rahmen der Genehmigung einer Bestandsübertragung sichergestellt werden“, macht die Aufsicht klar, dass an eine Bestandsübertragung zunächst hohe Auflagen geknüpft sind. Unberücksichtigt bleibt hier, dass beim externen ‚Run-Off‘ Vertrauen und Versprechungen gegenüber Kunden und Politikern mit Füßen getreten werden. Ebenso, welche Möglichkeiten ein renditeorientierter ausländischer Investor trotz BaFin-Aufsicht später ergreifen könnte, um die eigene Rendite zu optimieren. „Bei einem Unternehmensverkauf ist vor dem Erwerb einer bedeutenden Beteiligung an einem Versicherungsunternehmen ein Inhaberkontrollverfahren bei der BaFin einzuleiten“, zeigt die Behörde den zweiten Weg auf, wenn ein Konzern sich vom LV-Bestand trennen will, hier durch Verkauf der LV-Tochter. „Im Rahmen eines Inhaberkontrollverfahrens prüft die BaFin, ob das Unternehmen weiterhin die Belange der Versicherten wahren und die Verträge dauerhaft erfüllen kann und will. Die Prüfung umfasst unter anderem die Zuverlässigkeit, das Geschäftsmodell und die Strukturen des Erwerbers, die ausreichend transparent sein müssen, sowie seine Fähigkeit, den Versicherer ausreichend zu kapitalisieren“, erläutert uns die Aufsicht. Zwar unterliegt das Versicherungsunternehmen auch nach der Änderung der Eigentümerstruktur der BaFin-Aufsicht, die zu überstehenden Prüfungen erscheinen aber weniger intensiv.

Zudem sind „Prüfungsaufwand und Prüfungsdauer bei einem Unternehmensverkauf bzw. einer Bestandsübertragung grundsätzlich einzelfallabhängig“, bestätigt die BaFin auf ‚vt‘-Anfrage und erläutert: „Der Beurteilungszeitraum der BaFin bei einem Inhaberkontrollverfahren beträgt 60 Arbeitstage (bzw. maximal 80 Arbeitstage im Falle einer Hemmung des Beurteilungszeitraums).“ Der strikte und enge Zeitrahmen ergibt sich aus § 17 Abs. 4 VAG. Wenn ein Unternehmen beabsichtigt, „eine bedeutende Beteiligung an einem Versicherungsunternehmen aufzugeben“, dann hat das veräußernde Unternehmen entsprechend § 17 Abs. 1 VAG dies „der Aufsichtsbehörde unverzüglich schriftlich anzuzeigen“.

Wenn die Ergo ihre LV-Tochter zügig loswerden will, dann dürfte die Absicht der BaFin bereits mitgeteilt worden sein. Aber selbst die allgemeine Frage, ob der Aufsicht derzeit eine Anzeige zur Absicht der Verringerung oder Aufgabe einer bedeutenden Beteiligung an einer LV-Gesellschaft vorliegt, beantwortet die BaFin unter Verweis auf die Verschwiegenheitspflicht nicht. Ein Dementi ist es aber auch nicht. Wir haken bei den Düsseldorfern nach. Hat die Ergo ihre LV-Tochter betreffend eine Verkaufs-Absicht angezeigt? „Wir sondieren derzeit den Markt und prüfen, ob wir einen Verkauf der Leben Klassik Gesellschaften in Betracht ziehen“, heißt es ausweichend aus der Ergo-Zentrale. Ein klares ‚Nein‘ zu unserer konkreten Frage der Absichts-Anzeige ist das nicht. Nicht auszuschließen ist, dass ein Verkauf der Ergo-Lebensversicherer schneller bevorsteht als bisher geglaubt. Wird die Ergo damit ihre 4-%-Verpflichtungen bei LV und BU bald elegant los, um mit einem neuen Lebensversicherer im LV-Geschäft wieder durchstarten zu können? Grundsätzlich möglich ist das, wie die BaFin bestätigt: „Ein Versicherungskonzern dürfte nach der Veräußerung einer Lebensversicherungstochter ein neues Lebensversicherungsunternehmen gründen, sofern die für die Zulassung des Unternehmens erforderlichen Voraussetzungen erfüllt sind.“ Übrigens ist die Rechtsform VVaG durchaus hinderlich beim Bestandsverkauf: „Bei einer Bestandsübertragung wirkt sich die Rechtsform auf die aufsichtsrechtliche Prüfung aus, da bei einem Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit (VVaG) die Rechte der Mitglieder zu berücksichtigen sind. So sieht der Gesetzgeber beispielsweise ein ‚angemessenes Entgelt‘ vor, sofern die Vereinsmitglieder ihre Mitgliedsrechte durch die Übertragung (z. B. auf eine Aktiengesellschaft) ganz oder teilweise verlieren“, erläutert die BaFin. Das könnte Anlass für VVaG-Versicherer sein, mit ihrer Rechtsform zu werben und Grund für Versicherungsmakler, bei der BU- und LV-Beratung die Rechtsform als Auswahlkriterium heranzuziehen oder Kunden über die Auswirkungen der Rechtsform aufzuklären.

‚vt‘-Fazit: Ein Lebensversicherer, der maßgebliche Bestände an Dritte veräußert, und ebenso ein Konzern, der seine LV-Tochter an Investoren verkauft, bricht das Vertrauen der Kunden. Wer auf diese Art und Weise seine Kunden ausmustert, sollte keine Berechtigung mehr haben, mit neuen Tarifen oder durch Gründung eines neuen Lebensversicherers am Markt teilzunehmen. Es wäre nur konsequent, wenn Unternehmen und Konzerne, die ihre Kunden auf welchem Weg auch immer in den externen ‚Run-Off‘ schicken, kein Neugeschäft mehr zeichnen bzw. keine neue LV-Tochter gründen dürften. Hier sollte die Politik kurzfristig den regulatorischen Spielraum prüfen und umgehend nutzen.

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