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Interview mit Magellan-Insolvenzverwalter Peter-Alexander Borchardt

 

Die Insolvenz der Hamburger MAGELLAN Maritime Services GmbH, ein Anbieter von sog. Container-Direktinvestments, sorgt derzeit für Unruhe im Markt. Wie geht es dort weiter? Wem gehören eigentlich die Container der Investoren und was passiert mit den laufenden Mieteinnahmen?

kapital-markt intern hat den vorläufigen Insolvenzverwalter Rechtsanwalt Peter-Alexander Borchardt von der Kanzlei Reimer Rechtsanwälte/Hamburg im Vorfeld der Gläubigerversammlung am 18.10.2016 in Hamburg zu den drängendsten Problemen der Anleger befragt, insbesondere zum Zeitplan und zur Eigentumsfrage.

 1. kapital-markt intern/’k-mi’: Werden Sie die auf das Anderkonto separierten Mieten laufend auszahlen, weil die Hauptgläubiger ohnehin die Anleger sind?

Peter-Alexander Borchardt: Diese Konten bleiben unberührt, soweit sie nicht in einem von dem Insolvenzgericht genehmigten Prozedere vorzeitig an die Gläubiger ausgekehrt werden können. Derzeit wird geprüft, ob, unter welchen Bedingungen und in welcher Höhe eine Abschlagzahlung rechtlich zulässig ist. Sollte eine solche anteilige Auszahlung möglich sein, ist mein Ziel, diese in Abstimmung mit dem Insolvenzgericht spätestens bis zum Ende des ersten Quartals 2017 vorzunehmen.

2. ’k-mi’: Wann planen Sie den Beginn der Auszahlung und an welche Bedingung ist die Auszahlung geknüpft?

Borchardt:  S.o. Dafür müssen die Forderungen hinreichend angemeldet und festgestellt sein. Hierzu haben die Anleger laut Beschluss des AG Hamburg mindestens bis zum 18. Oktober 2016 Zeit. Die Aufforderung hierzu und die formellen Erfordernisse habe ich den Anlegern im Auftrag des Insolvenzgerichts schriftlich zukommen lassen.

3. ’k-mi’: Streben Sie einen Musterprozess zu den Rechtsfragen wie z. B. der Eigentumsfrage hinsichtlich der Container an und wie lange soll dieser voraussichtlich dauern?

Borchardt: Vermutlich wird es Anleger oder Anlegervertreter geben, die den Insolvenzverwalter verklagen, um aus ihrer Sicht bestehende Eigentumsrechte durchzusetzen. Sollte es zu einer Vielzahl von Prozessen kommen, wäre es sinnvoll, einen oder wenige dieser Verfahren als Musterprozesse zu führen. Das liegt aber nicht in meiner Hand.

4. ’k-mi’: Wenn ein Musterprozess vorgesehen ist, ist dieser dann rechtlich auch möglich und bindend ohne eine 100% Zustimmung der Anleger? Es gibt immerhin unterschiedliche Verträge und jeder Vertrag ist eigentlich ein Individualvertrag. Das könnte sogar neue Rechtsfragen aufwerfen.

Borchardt: Die Ergebnisse eines solchen Prozesses wären nur bindend für die prozessführenden Parteien und möglicherweise auch für Parteien mit gleich gelagerten Verträgen. 

Doch unabhängig von der Frage, welche Rechtsauffassung richtig ist, habe ich vor allem ein Ziel, das ich als entscheidend empfinde: Ich möchte eine Lösung erreichen, mit welcher der Schaden für alle Gläubiger so gering wie möglich ausfällt. Dieses Ziel kann ich nur erreichen, wenn unter den Gläubigern weitgehende Einigkeit über die bestmögliche Verwertungsform hergestellt werden kann.  Die Verwertungsoptionen werde ich bei der Gläubigerversammlung mit allen mir bis dahin bekannten Vor- und Nachteilen vorstellen.

5. ’k-mi’: Was ist Ihr konkreter Vorschlag sowie die geplante Verfahrensweise für die Containerinvestments, die beendet sind?

Borchardt: Ich werde die Gläubiger Anfang Oktober schriftlich über den vorläufigen Stand der Sanierungsbemühungen unterrichten sowie die möglichen Lösungsszenarien darstellen. Diese Szenarien werde ich in der Gläubigerversammlung nochmals ausführlich erläutern.  Möglicherweise werde ich den Gläubigern darüber hinaus noch weitere Zwischenstände mitteilen können. 

6. ’k-mi’: Wieso versuchen Sie die Verwaltung und die Container über das KPMG-Verfahren zu verkaufen, wenn Sie mit den offenen Rechtsfragen (Eigentumsfrage) doch nur einen schlechten Preis erzielen können? Ein Verkauf könnte doch auch mit Zustimmung der Anleger versucht werden, was zu einem besseren Ergebnis führen würde.

BorchardtEs ist selbstverständlich mein Ziel, in allen wesentlichen Fragen einen maximalen Konsens der Gläubiger zu erzielen. Ein solcher Konsens lässt sich nur herstellen, wenn die Gläubiger in die Sanierungslösung eingebunden werden. Dazu zählt, dass ich sie rechtzeitig und möglichst umfassend über die Lösungsalternativen informiere. Dies soll ich in der oben beschriebenen Form erfolgen, um ihnen und ihren Rechtsvertretern eine ausreichende Vorbereitung auf die Gläubigerversammlung zu ermöglichen.

Bei der Gläubigerversammlung selbst werde ich über den Fortgang des Verfahrens berichten, die Lösungsalternativen erläutern und möglicherweise dann bereits vorliegende Übernahmeangebote als eine von mehreren Verwertungsoptionen präsentieren.  

7. ’k-mi’: Erhalten die Anleger das Konzept oder Vorschläge vor der Gläubigerversammlung, um sich ein Bild zu machen und um ggf. Bevollmächtigten Weisungen geben zu können?

BorchardtDas ist unser Ziel – siehe oben, Fragen 4–6.


8. ’k-mi’: Entgegen früherer Verlautbarungen der Magellan gewinnt man derzeit den Eindruck, dass Zahlungsrückstände/-ausfälle oder Abrechungsschwierigkeiten von/mit Reedereien kein Insolvenzgrund waren. Könnten Sie bitte diesbezüglich eine Klarstellung vornehmen angesichts des Umstandes, dass die Solvenz der entsprechenden Marktteilnehmer und Reedereien aktuell zu Unrecht in Zweifel gezogen werden?

Borchardt: Derartige Interpretationen und persönliche Einschätzungen zu bewerten, gehört nicht zum Aufgabenbereich eines Insolvenzverwalters. Dies gilt insbesondere in Bezug auf persönliche Aussagen eines Gläubigers, sofern diese keine rechtliche Bedeutung für das jeweilige Insolvenzverfahren haben. 

9. ’k-mi’: Halten Sie es für rechtlich zulässig sowie darüber hinaus für das Insolvenzverfahren förderlich, wenn einzelne Anwaltskanzleien  sich der Adressdaten aus dem Insolvenzverfahren zwecks Mandatswerbung bedienen? Inwiefern unterliegen die in der gerichtlichen Insolvenztabelle online hinterlegten Anschriften der Investoren dem Datenschutz bzw. Datenschutzbestimmungen, die der vorgenannten Mandatswerbung entgegenstehen?

Borchardt: Es ist uns nicht bekannt, auf welchem Wege die von Ihnen genannte Kanzlei Daten von Anlegern erhalten hat. Der Insolvenzverwalter ist nicht befugt, solche Daten Dritten zu Verfügung zu stellen. Eine Weiterleitung des hiesigen Datenbestandes ist nicht erfolgt.

‚k-mi’: Vielen Dank für Ihre Auskünfte, Herr Borchardt

 

 

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