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LG Düsseldorf urteilt zu Haftungsklagen erfahrener Anleger

Das Landgericht Düsseldorf hat unlängst ein wichtiges Haftungsurteil veröffentlicht (Az.: 10 O 239/15). Der Fall: Ein Anleger verlangte von einem freien Anlageberater Schadenersatz aufgrund eines 2006 gezeichneten Schiffsfonds. Dabei war der Anleger beim Thema geschlossene Fonds quasi Profi bzw. Wiederholungstäter, denn er "beteiligte sich zwischen 1996–2007 an mindestens 18 geschlossenen Fonds, einschließlich Schiffsfonds und Medienfonds, von denen er 15 bereits vor der hiesigen Zeichnung zeichnete". Trotzdem behauptete der Anleger in seiner Klage, er sei "weder anleger- noch objektgerecht beraten worden. Er habe keine 'vertieften' Vorerfahrungen bezüglich geschlossener Schiffsfonds gehabt. Der Geschäftsführer der Beklagten (...) habe unzutreffende Anpreisungen getätigt und vom Prospekt abweichende, beschönigende Angaben gemacht. Hinsichtlich der Risiken habe er den Kläger nicht aufgeklärt (...) Der Prospekt habe weniger als eine Woche vor der Zeichnung vorgelegen. Der Kläger rügt zudem zahlreiche Prospektfehler. Er sei zudem nicht über Provisionen und Rückvergütungen aufgeklärt worden. Bei zutreffender Aufklärung und fehlerfreiem Prospekt hätte er die Beteiligung nicht gezeichnet." Im Prinzip also das ganze Arsenal von pauschalen Standardvorwürfen gegen Berater.

Das LG Düsseldorf hat diese Klage jedoch als "unbegründet" zurückgewiesen. Ausschlaggebend dafür war ebenfalls, dass das beklagte Vermittlungsunternehmen, so das LG Düsseldorf, "entgegen der Darstellung des Klägers (...) nicht als Anlageberaterin, sondern nur als Vermittlerin tätig" wurde. Zur Begründung führt das Gericht an, dass der Anleger nicht nachweisen konnte, dass überhaupt ein (persönliches) Beratungsgespräch stattgefunden habe, so dass nur eine 'Vermittlung' vorlag: "Ein solches Tätigwerden als Vermittler hat die Beklagte (...) substantiiert dargelegt, indem sie vorgetragen hat, sie versende auf Anfrage Emissionsprospekte an Interessenten, die dann den Zeichnungsschein ausgefüllt zurücksenden. Soweit sie vorträgt, ein Beratungsgespräch habe nie stattgefunden, tritt der Kläger dem nicht mit Substanz entgegen. Hinsichtlich eines Datums verweist er nur auf das Datum des Zeichnungsscheins. Diese Angabe hat die Klägerin im weiteren Lauf des Rechtsstreits insofern korrigiert, dass das Gespräch 'etwa eine Woche' vor der Zeichnung stattgefunden habe. Jedoch trägt der Kläger weder vor, ob das Gespräch in einem Geschäftslokal, etwa der von ihm genannten VR-Bank oder dem Geschäftssitz der Beklagten (...), oder telefonisch stattgefunden habe. Demgegenüber räumt er aber ein, dass ihm tatsächlich der Prospekt postalisch zugeschickt worden sei."

Aber das LG Düsseldorf geht noch weiter und stellt fest, dass bei diesem Fall "auch nach dem weitergehenden Pflichtenkreis eines Anlageberaters sich ein Beratungsfehler nicht feststellen" lässt. Die Düsseldorfer Richter führen dazu aus, dass bei 'Wiederholungstätern' Beratungspflichten nach allgemeinen Grundsätzen der Rechtsprechung entfallen können: "Die Pflichten zur Beratung und Information des Kunden bestehen nur, soweit dies durch die Interessen des Kunden und im Hinblick auf Art und Umfang des beabsichtigten Geschäftes erforderlich ist. Daran kann es fehlen, wenn der anstehende Erwerb von Anlageprodukten dem bisherigen Anlageverhalten entspricht. In einem solchen Fall ist eine nochmalige Aufklärung über Aspekte, die dem Anleger aus seinem bisherigen Anlageverhalten geläufig sind, entbehrlich." Soweit der Anleger dann behauptet, er habe hinsichtlich der vorherigen Beteiligungen "keine vertieften Kenntnisse erworben" und sei immer nur den Empfehlungen des jeweiligen Beraters gefolgt, dann jedenfalls ist er durch die "Übergabe des zu der Beteiligung gehörenden Verkaufsprospekts erschöpfend über die Funktionsweise und die wesentlichen Risiken der Beteiligung aufgeklärt worden".

Behauptet der Anleger dann auch noch, er habe den Prospekt zu spät erhalten, kommt es laut LG Düsseldorf entscheidend darauf an, ob der Anleger selbst über den Zeitpunkt der Zeichnung entschieden habe: "Dabei ist nicht von starren Fristen im Sinne eines zeitlichen Mindestabstands zwischen der Prospektübergabe und der Zeichnung der Beteiligung auszugehen. Wenn, wie nunmehr unstreitig, der Anleger den Prospekt zur Einsicht erhält und er dann selbst über den Zeitpunkt der Zeichnung entscheidet, scheidet die Annahme einer nicht rechtzeitigen Übergabe aus. Der Kläger hatte unstreitig die Möglichkeit zur Einsichtnahme in den Prospekt. Er hatte zudem die Möglichkeit, die Beteiligung zu einem späteren Zeitpunkt zu zeichnen und auch einen etwa schon vereinbarten Beratungstermin – das Stattfinden eines solchen einmal unterstellt – im Hinblick auf eine längere Überlegungsfrist vor der Zeichnung zu verlegen."

'k-mi'-Fazit: Die wichtige Entscheidung des LG Düsseldorf, die jeder Vermittler griffbereit haben sollte, zeigt, dass grundverschiedene Vermittlungssituationen auch anders zu beurteilen sind: Es ist nun mal ein fundamentaler Unterschied, ob eine Rentnerin eine Bankfiliale betritt und nach Lektüre eines zweiseitigen Flyers wieder mit einem Schiffsfonds hinausgeht, oder ob ein Beteiligungs- und Steuersparprofi den 15. geschlossenen Fonds zeichnet, nachdem er vorher nachweislich per Post einen korrekten Prospekt mit Risikohinweisen erhalten hatte und offenbar auch sonst keine größeren Nachfragen hatte.

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