k-mi – Aktuelle Themen

NÜRNBERGER: In der brenzligen Abwärtsspirale

Wenn es nicht läuft, läuft oft gar nichts mehr. Im Fußball spricht man dann gerne von der gefürchteten Abwärtsspirale, wenn alles trotz größter Bemühungen noch viel schlimmer wird und die berühmte Trainerdiskussion überkocht. Ähnlich erscheint uns derzeit die Entwicklung bei der NÜRNBERGER Versicherung zu sein. Im Ranking der Beitragseinnahmen unter Deutschlands Lebensversicherern ('Die deutsche Lebensversicherung in Zahlen 2016'/Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft) erlebten die Franken 2015 eine wahre Bruchlandung. Mit knapp –3,1 % bei den gebuchten Bruttoeinnahmen stürzte der Versicherer von Rang 10 auf Platz 13 unter Deutschlands Lebensversicherern ab, die in Summe nur um –1,1 % Federn lassen mussten. Dass es auch positiv geht, beweisen u. a.  ++ Hansemerkur mit +28,5 %  ++ SV Sachsen +21,1 % oder  ++ Canada Life +14,3 % bei den Beitragseinnahmen. In 'k-mi' 31/16 fragten wir uns, weshalb Fußballfan Dr. Armin Zitzmann als CEO der NÜRNBERGER Versicherungsgruppe trotz aller gewaltigen Probleme wie Courtagekürzungen, Mitarbeiterabbau und dem damit zum Ausdruck gebrachten Einsparwillen kurz vor Saisonbeginn der Fußball Bundesliga ein zusätzliches Millionen-Engagement als Trikotsponsor beim ortsansässigen Zweitligisten 1. FC Nürnberg eingegangen ist. Bei einem Verein, der wenige Wochen zuvor nur knapp in der Relegation gegen Eintracht Frankfurt den Aufstieg in die Fußballbundesliga verpasst hatte. 

Am 05.08.2016 titelten wir auf unserer Homepage www.kapital-markt-intern.de/kapital-markt-intern/aktuelle-themen/ in Bezug auf beidseitige zahlreiche schlagzeilenträchtige Vorkommnisse zu diesem Schritt: "NÜRNBERGER Versicherung und 1. FC Nürnberg – Gleich sucht sich, gleich findet sich." Jedenfalls steht dieses Sponsoring von Beginn an unter einem denkbar ungünstigen Stern für Dr. Zitzmann. Denn aus unserer Sicht verwies der NÜRNBERGER-Boss völlig unnötig und in einer wenig diplomatischen Art auf der Pressekonferenz anlässlich der Vorstellung als neuer Hauptsponsor mit Blickrichtung auf die Fan-Krawallmacher des Clubs ausdrücklich auf eine (allerdings in der Branche ohnehin übliche) Ausstiegsklausel bei etwaigen künftigen Vorfällen. Somit nahm Dr. Zitzmann von Beginn dieses Engagements an dem gewünschten Effekt einer positiven Aufbruchstimmung für den Verein und für den Versicherer gehörig Wind aus den Segeln. Inzwischen ist endgültig Tristesse-Stimmung eingekehrt, nachdem der 1. FCN nach einer doppelt schmerzhaften Derbyniederlage gegen den kleinen Rivalen aus Fürth selbst nach dem 6. Spieltag noch sieglos und mit 2 Pünktchen Rückstand zum Vorletzten auf dem letzten Tabellenplatz der Liga 2 am Tiefpunkt angekommen ist. Positive Schlagzeilen (auch für den Sponsor) sehen jeden­falls anders aus. Was zum Gesamtbild bei der NÜRNBERGER und der Chefetage derzeit passt. 

Denn das plötzliche Ausscheiden zum 13. September von Hans-Jörg Schreiweis aus dem Vorstand der Holdinggesellschaft des Konzerns, der NÜRNBERGER Beteiligungs-AG, wirft Fragen auf. Schließlich war dieser zugleich noch Vorstand der NÜRNBERGER Lebensversicherung AG, der NÜRNBERGER Allgemeine Versicherungs-AG sowie der FÜRST FUGGER Privatbank AG und für Kapitalanlagen so­wie Rechnungswesen zuständig. Einerseits gehörte Schreiweis, der zum Jahreswechsel erst auf diesen Posten vorrückte, damit keine zehn Monate lang dem engsten Führungszirkel dieses Konzerns an. Ande­­rer­seits hat sich die NÜRNBERGER mit dem krummen und vorzeitigen Austrittsdatum ganz offensichtlich nicht einmal bemüht, den Eindruck eines einvernehmlichen Ausscheidens der Öffentlichkeit zu vermitteln. Für 'k-mi'-Leser kommt dieser Schritt jedenfalls nicht gänzlich unvorbereitet. Im Hinblick auf die derzeitige Niedrigzinsphase verwiesen wir in Bezug auf Schreiweis in 'k-mi' 13/16 auf die Schwierigkeit, noch entsprechende Kapitalergebnisse zu generieren: "Insider des Versicherers schütteln jedoch ungläubig den Kopf, weshalb man den für den Bereich Kapitalanlage erfahrenen Henning von der Forst in dieser schwierigen Marktlage vor die Tür setzte und dafür Hans-Jörg Schreiweis von der Tochter Fürst Fugger Privatbank AG mit dieser Herkulesaufgabe betreut hat." Kreidet man anlässlich der Trennung dem Ex-Vorstand Verfehlungen in der Anlagepolitik, insbesondere beim NÜRNBERGER Pensionsfonds an, die 'k-mi' jüngst aufgedeckt hat? 

Der Versicherungskonzern nimmt hierzu gegenüber 'k-mi' Stellung: "Es gibt keinen Anlass, zu der Veränderung in den Vorständen der NÜRNBERGER über unsere Pressemitteilung vom 14.09.2016 hinaus – die wir für Sie im Wortlaut gerne nochmals beifügen – weitere Erklärungen abzugeben."  Beleuchten wir also mögliche Baustellen vertiefend, wozu wir weitere Fragen an die NÜRNBERGER richten:  ++ Halten Sie zukünftig an der Anlagepolitik weiter fest, wonach Pensionsbeiträge zu 100 % in einem oder mehreren Aktienfonds angelegt werden können?  ++ Wie begegnen Sie möglichen Schadensersatzforderungen von Kunden Ihres Hauses, die im Zusammenhang mit dieser Anlagepolitik stehen? Aus Nürnberg erhalten wir hierauf folgende Antwort: "Für unsere Kunden entwickeln unsere Kapitalanlagespezialisten und Analysten bedarfsgerechte Anlagestrategien, die neben den jeweiligen Kundenwünschen auch das laufende Markt­umfeld berücksichtigen. Eine Anlage der Pensionsfondsbeiträge zu 100 % in einem oder mehreren Aktienfonds empfehlen wir derzeit nicht. Ihre in Frageform verpackten Unterstellungen hinsichtlich Forderungen zu unserer Pensionsfonds AG sind unzutreffend." Zum Hintergrund: 

Der NÜRNBERGER Pensionsfonds gibt vor, beim Spezialfonds 'Strategie Wachstum' in weltweit investierende Fonds zu investieren. Tatsächlich wanderte das Geld der Anleger in gerade einmal zwei Investmentfonds, zu 70 % gar in den seit über 10 Jahren mittelmäßig performenden Publikumsfonds Templeton Growth (Euro Fund); WKN: 941034. Der mit der zweithöchsten Risikoklasse 6 eingestufte Investmentfonds verlor innerhalb der letzten 12 Monate bis Ende Juni 2016 zweistellig an Wert, –11%. Und was die regularischen Richtlinien bei dieser Anlagestrategie betrifft, haben wir größte Bedenken. Laut den Vorgaben der BaFin (Rundschreiben 4/2011 – Hinweise zur Anlage des gebundenen Vermögens von Versicherungsunternehmen) wie auch der Pensionsfonds-AufsichtsverordnungPFAV steht im Kapitel "Streuung" zu Anlagen, die u. a. von einer Investmentgesellschaft ausgegeben werden, folgende Regelung in Bezug auf eine prozentuale Streuung des Anlagevermögens: "Gleichwohl ist aufgrund des Managerrisikos eine Konzentration von Anlagen in einem oder mehreren, von ein und demselben verantwortlichen Portfoliomanager gemanagten Sonder- bzw. Gesellschaftsvermögens zu unterlassen, soweit sie 20 % des gebundenen Vermögens übersteigen." Unter gewissen Konstellationen wird bei Anlagen auch ein Prozentsatz von bis zu 30 % als zulässig erachtet. Aber – wie im Falle des NÜRNBERGER Pensionsfonds – einen Anteil von 70 % in einen einzigen Publikumsfonds zu investieren, da sollte dem Verordnungsgeber der Spaß vergehen (vgl. 'k-mi' 32/16). Doch wie kommt 'k-mi' nun darauf, die NÜRNBERGER zu fragen, ob auch zukünftig bis zu 100 % der Beiträge in einen einzigen Aktienfonds investiert werden können? Dazu bedarf es lediglich eines Blickes in die Anlagestrategie zu diesem Investment des NÜRNBERGER Pensionsfonds aus diesem Jahr: "Bei dieser Strategie werden die Pensionsfondsbeiträge zu 100 % in einem oder mehreren Aktienfonds angelegt." Wir sind jedenfalls darauf gespannt, wie die BaFin diese mutige Anlagestrategie bewertet.  

In einer ganzseitigen Annonce der NÜRNBERGER Beratungs- und Betreuungsgesellschaft für betriebliche Altersversorgung und Personaldienstleistungen mbH im 'Wirtschaftskurier'/4. Quartal 2016 stellt der Versicherungskonzern die Frage: "Können Sie die Pensionszusagen noch stemmen? Wir packen mit an! Als Vorsorgespezialist haben wir für Sie viele gute Ideen und Strategien, damit Ihre Betriebsrenten auch in Zukunft nicht zur Last werden." Wir fragen zurück – meint der Versicherer diese Parolen ernsthaft und glaubt gar selbst daran, wie er sich beweihräuchernd in der Anzeige präsentiert? In der gleichen Zeitung tritt sodann Dr. Armin Zitzmann in Funktion als Vorstandsvorsitzender der NÜRNBERGER Versicherungsgruppe in einem zusätzlichen ganzseitigen Interview als Problemlöser auf, der aus der täglichen Arbeit zu berichten weiß, dass einige Unternehmer ihre Pensionslasten heute kaum noch stemmen können. Was schlägt der NV-CEO vor? "Sollen die Risiken zukünftig komplett ausgeschlossen werden, kommen wir als Vorsorgespezialisten ins Spiel (…)." Ob auch zur Freude der Betroffenen?

'k-mi'-Fazit: Bevor die NÜRNBERGER sich als großer Vorsorge-Retter der mittelständischen Unternehmer aufschwingt, raten wir dem Versicherungskonzern eindringlich, regulartorische Anforderungen zu beachten. Abwärtsspiralen lassen sich in der Regel nicht einfach mit wortreichen Ankündigungen stoppen, ohne zuvor die Kernprobleme beseitigt zu haben. Ob Dr. Zitzmann und sein verbliebenes Team dazu einsichtig und kompetent genug dafür sind?

Lesen Sie auch unsere weiteren Berichterstattungen zur NÜRNBERGER:

NÜRNBERGER: Vom Saulus zum Paulus? (kmi-36-16 vom 09.09.2016)

NÜRNBERGER Versicherung: Von allen Sinnen verlassen (kmi-32-16 vom 12.08.2016)

NÜRNBERGER Versicherung und 1. FC Nürnberg – Gleich sucht sich, gleich findet sich:
(kmi-31-16 vom 05.08.2016)

NÜRNBERGER Pensionsfonds AG: Miss-Management (kmi-30-2016 vom 29.07.2016)

NÜRNBERGER: Sparen beim Vertrieb, Klotzen beim Festspiel? (kmi-27-16 vom 08.07.2016)

NÜRNBERGER: Werden Makler-Bestände eiskalt einkassiert? (kmi-26-16 vom 01.07.2016)

NÜRNBERGER: Wie zufrieden sind Sie mit dem Management des Konzerns und welche Entwicklung
nimmt der Versicherer?
 (kmi-23-16 Ergebnisse Blitzumfrage vom 10.06.2016)

NÜRNBERGER: Wie zufrieden sind Sie mit den Provisionen sowie dem Produktangebot bzw. der
Produktqualität?
 (kmi-22-16 Ergebnisse Blitzumfrage vom 03.06.2016)

NÜRNBERGER: Erfolgte die Reduzierung der Vertriebskosten überhaupt im Sinne des LVRG?
(kmi-21-16 Ergebnisse Blitzumfrage vom 27.05.2016)

NÜRNBERGER: Maklerversicherer adé - Neugeschäft unerwünscht (kmi-20-16 vom 20.05.2016)

NÜRNBERGER: Kostenkarussell dreht sich - zu wessen Vorteil? (kmi-14-16 vom 08.04.2016)

NÜRNBERGER Versicherung: Zitzwie, Zitzwo, Zitzmann (kmi-13-16 vom 01.04.2016)

NÜRNBERGER: Heftige Kritik wegen dekadenter Zustände beim Versicherer
(kmi-21-15 Special vom 22.05.2015)

NÜRNBERGER Versicherung: Wer übernimmt die Macht? (kmi-16-15 vom 17.04.2015)

Umfrage – Wie hält es die NÜRNBERGER VERSICHERUNGS-Gruppe mit dem Thema 'Korruption' 
(kmi-13-15 Special vom 27.03.2015)

 

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