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'Bank intern-Beilage 11/2016

Zeichen demokratischen Ungehorsams:

EthikBank legt am 16. März 2016 einen Streiktag ein

Während in der Branche angesichts spürbar einbrechender Zinserträge laut darüber nachgedacht wird, wie man sich der unsäglichen Kombination von Regulierungswut, einhergehend mit einem z. T. drastischen Rückgang der vormals wichtigsten Ertragsquelle, dem Zinsüberschuss, widersetzen kann, macht die EthikBank, Tochtergesellschaft der Volksbank Eisenberg, 'Nägel mit Köpfen'. Sie beabsichtigt, am kommenden Mittwoch, 16. März 2016, den gesamten Bankbetrieb stillzulegen. "An diesem Tag sind wir weder persönlich noch per Telefon oder Mail erreichbar", kündigt Klaus Euler, Vorstandschef der Bank an. Die Bank, so Euler gegenüber 'Bank intern', will mit dieser Aktion eine breite Öffentlichkeit für die überbordende Kontrollbürokratie durch die Europäische Union (EU) und deren dramatische Folgen für Banken und Bankkunden sensibilisieren.

Das vermutlich Einmalige an diesem Streik: Nicht etwa Mitarbeiter oder Gewerkschaft rufen zum Ausstand auf, sondern der Vorstand selbst. Euler und sein Mitvorstand Renate Weber machen damit in höchst ungewöhnlicher Weise auf "die existenzielle Bedrohung für die mittelständischen Banken, wie Volksbanken und Sparkassen, durch die Regulierungswut der Europäischen Union (EU) aufmerksam". Wie kam es dazu? "Die Idee für diese Initiative kam aus den Reihen unserer Mitarbeiter, die mit diesem Wahnsinn täglich konfrontiert werden", erklärt Euler. "Mit ihrer Überregulierung nimmt die EU den mittelständisch verankerten Banken zunehmend die Luft zum Atmen."

Die Kontrollmechanismen, so erläutert Euler seine eigenen Erfahrungen, lassen sich von den Volksbanken, wie von den Sparkassen, kaum noch schultern und schränken ihren Handlungsspielraum erheblich ein. "Sie sind maßlos übertrieben, da nicht unterschieden wird zwischen regional agierenden und der Realwirtschaft dienenden Banken, die Deutschland weitgehend unbeschadet durch die Finanzkrise gebracht haben, und den großen Bankkonzernen, die durch Spekulationswut und teilweise illegale Geschäftspraktiken die Krise erst ausgelöst haben."

Hinzu komme die repressive Negativzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). Sie nehme den mittelständischen Banken ihre Haupteinnahmequelle, das Zinsergebnis, und zwinge sie, Filialen zu schließen und ins Spekulationsgeschäft einzusteigen. Diese gefährliche Gemengelage – Über­regulierung und Negativzins – werde dauerhaft Folgen für mittelständische Banken und ihre Kunden haben, trotz der heute noch guten Ertragslage dieser Institute. Mittelständische Banken werden aussterben, da sie die überbordende Kontrollbürokratie nicht erbringen können. Aus einem derzeit noch gesunden 'Banken-Mischwald' werde, staatlich verordnet, eine Banken-Monokultur der Großbanken. Die durch den zusätzlichen bürokratischen Aufwand hervorgerufenen Kosten führten dazu, dass sich Beratungsleistungen und bestimmte Finanzprodukte nur noch für reiche Kunden mit hohen Kredit- und Anlagebeträgen rechnen würden. Darüber hinaus, so Euler, werden Banken auf Grund der schwierigen Rahmenbedingungen massiv Filialen – vor allem im ländlichen Raum – abbauen.

"Leidtragende dieser von der EU verordneten Entwicklung sind also neben den regional agierenden Banken vor allem die Sparer, da sie keine Zinsen mehr bekommen, und mittelständische Unternehmer, da deren Bankbeziehung von einem hohen Maß an persönlichem Vertrauen sowie der Nähe zwischen Bank und Unternehmen geprägt ist", sagt Euler. Da­her sei es nicht verwunderlich, dass bereits Kunden angekündigt hätten, sich dem Streik anzuschließen.

'Bank intern' besucht momentan eine Vielzahl von Bilanz-PK und spürt förmlich den Druck, der von der von Euler beschriebenen Gemengelage auf die einzelnen Institute und deren Vorstände ausgeht.

Aufruf zur Filialschließung für einen Tag

 Interview mit Klaus Euler, in Personalunion Vorstand der Volksberg Eisenberg und der EthikBank:

 1) Sie planen, sämtliche Filialen für einen Tag zu schließen. Aus welchem Grund ist dies geplant?

"Vor allem die Regulierungswut der EU setzt den regional verankerten Banken zu. Zwar ist es nachvollziehbar, dass Brüssel eine erneute Bankenkrise verhindern möchte. Doch die Kontrollmechanismen lassen sich von den Volksbanken, sowie im Übrigen auch von den Sparkassen, kaum noch schultern und schränken ihren Handlungsspielraum erheblich ein.

Zu groß ist der durch maßlose Kontrollbürokratie verursachte Aufwand. Übertrieben deshalb, da nicht unterschieden wird zwischen den regional agierenden und der Realwirtschaft dienenden Banken, die Deutschland weitgehend unbeschadet durch die Finanzkrise gebracht haben, und den großen Bankkonzernen die durch Spekulationswut und teilweise illegale Geschäftspraktiken die Krise erst ausgelöst haben.

Es handelt es sich hier um mehr als nur eine fehlgeleitete Bankensicherungspolitik, bei der 'aus Versehen' die mittelständischen Banken unter die Räder geraten. Mit dem Schritt der ausnahmslosen Gleichschaltung (im Marketingdeutsch auch Harmonisierung genannt) verfolgt die EU einmal mehr ihre auf Globalisierung ausgerichtete Wirtschaftspolitik, die im konträren Widerspruch zum regionalen Geschäftsmodell der Genossenschaftsbanken und Sparkassen steht."

2) Gleichzeitig fordern Sie bundesweit Ihre Kollegen aus dem Bereich der Volks- und Raiffeisenbanken und sogar des Wettbewerbers Sparkassen auf, es Ihnen gleich zu tun. Haben Sie bereits eine Strategie, wie Sie dies angehen wollen?

"Wir können nur dazu anregen, dass Genossenschaftsbanken und Sparkassen aus Protest gegen die Kontrollbürokratie für einen Tag ihren Geschäftsbetrieb ruhen lassen. Jede Genossenschaftsbank und Sparkasse muss natürlich für sich entscheiden, ob sie die Situation weiter so hinnimmt oder selbst aktiv auf die Situation aufmerksam macht.

Wir haben für uns entschieden, nicht mehr stillschweigend zuschauen. Die EthikBank und Ihre Mitarbeiter werden aus Protest im Frühjahr die Bank für einen Tag schließen und an diesem Tag auf die Situation der überbordenden Kontrollbürokratie aufmerksam machten."

3) Fühlen Sie sich vom BVR noch richtig vertreten, dem Sie vorhalten, sich zu inaktiv zu verhalten? Was genau erwarten Sie von Ihrem Verband? Was sollte er konkret tun, um die von Ihnen aufgeführten Missstände zu beheben?

"Der Bundesverband Deutscher Volksbanken und Raiffeisenbanken ist unser Interessenvertreter. Das schließt allerdings Kritik nicht aus.

Die Regulierungswut der EU setzt den regional verankerten Banken zu, die Kontrollmechanismen lassen sich von den Volksbanken, sowie im Übrigen auch von den Sparkassen, kaum noch schultern und schränken ihren Handlungsspielraum erheblich ein.

Die schwierigen Rahmenbedingungen bringen inzwischen viele mittelständische Kreditinstitute an den Rand ihrer Existenz. Oft bleibt nur noch die Fusionierung mit anderen Häusern, der Einstieg ins Spekulationsgeschäft und der Rückzug aus der Fläche.

Wird diese Politik nicht gebremst, verschwinden die regional verwurzelten Volksbanken und Sparkassen dauerhaft. Der gesunde und resistente Bankenmischwald wird sich in eine krisenanfällige Monokultur verwandeln.

Obwohl den politischen Vertretern der großen Bankenverbände, also dem Bundesverband der Volksbanken und Raiffeisenbanken und dem Deutschen Sparkassen- und Giroverband, diese Entwicklung bewusst ist, vermeiden sie die offene Konfrontation. Sie betrachten das Problem als ein bankentechnisches und verkennen die politische und soziale Tragweite dieser Entwicklung. Ihre Haltung ist fatal, denn ein am Menschen orientiertes genossenschaftliches oder kommunales Wirtschaftsmodell steht im grundsätzlichen Widerspruch zu einer globalisierten EU-Wirtschaft.

Statt es einfach über sich ergehen zu lassen, müssen diese Verbände sich auch politisch als Vertreter der Regionalbanken positionieren und so aktiv gegen ihr eigenes Verschwinden vorgehen. Ein banktechnisches 'Weiter so' als diplomatisches Arrangement scheidet aus. Schließlich sterben hierbei nicht nur ein paar Filialen, sondern vor allem stirbt die genossenschaftliche bzw. kommunale Idee im Bankensektor. Noch ist Zeit, sich politisch zu wehren. Gelingen kann dies allerdings nur gemeinsam nach dem Motto Raiffeisens: 'Was dem Einzelnen nicht möglich ist, das vermögen viele.'"

'Bi'-Fazit: Ob die Idee in der Branche verfängt, mit einem Streiktag auf die missgünstige Lage aufmerksam zu machen, bleibt abzuwarten. – Wir sind davon überzeugt, dass zumindest breit angelegte Kundenaufklärung von Nöten ist. – Dazu entwickeln wir aktuell ein Bündel von Aktivitäten.

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