Bi – Aktuelle Themen

Gibt es eine neue Diskussion über Zusammenschluss von RSGV und SVWL?

Der inzwischen abgewählte NRW-Finanzminister Dr. Norbert Walter-Borjans/SPD hatte 2010 zu Beginn seiner Amtszeit die von seinem Vorgänger Dr. Helmut Linssen/CDU 2005 eröffnete Diskussion der Verschmelzung der beiden nordrhein-westfälischen Sparkassenverbände, Rheinisch-Westfälischer Sparkassenverband/RSGV und Sparkassenverband Westfalen-Lippe/SVWL, mit neuem Drive versehen. Insofern war man nicht nur in der S-Finanzgruppe gespannt darauf, wie sich die NRW-Koalitionäre CDU und FDP nach ihrem überraschenden Wahlsieg im Mai dieses Jahres zu dieser Frage stellen. Ein Blick in den Koalitionsvertrag, am 16. Juni 2017 offiziell von Armin Laschet/CDU und Christian Lindner/FDP verkündet, verrät indes, dass die künftige NRW-Landesregierung dieses Thema aktuell nicht auf der Agenda hat. Im Kapitel II. der Koalitionsvereinbarung wird auf Seite 57 ein kurzes Statement 'pro NRW.Bank' abgegeben und im Abschnitt davor, überschrieben mit 'Finanzplatz Nordrhein-Westfalen' geben CDU/FDP ein klares Petitum 'pro Drei-Säulen-Modell' ab. Interessant ist auch ihre Haltung zu einer europäischen Einlagensicherung: CDU und FDP lehnen sie kategorisch ab, "auch in Form einer Rückversicherung".  Zu der Frage der Verbände-Fusion indes findet man keinerlei politische Willensbekundung. Doch, ist das Thema Fusion von RSGV und SVWL damit wirklich vom Tisch?

Zweifel daran schürt Marcel Phillip, Oberbürgermeister in Aachen und relativ frischer Vorsitzender des Verbandsvorstands des RSGV. In einem Brief an den  RSGV wirft Philipp die Frage nach verstärkten Kooperationsmöglichkeiten zwischen den Verbänden auf und bittet, sich bis 2018 konkret mit diesem Thema zu befassen, um gegebenenfalls im Herbst 2020 mit der Umsetzung vorliegender Vorschläge beginnen zu können. Nun könnte man meinen, Phillip wäre inzwischen als oberster Sparkassen-Repräsentant im Rheinland erfahren genug, eine solche Aktion mit seinem Pendant aus Westfalen-Lippe, Landrat im Kreis Gütersloh, Sven-Georg Adenauer abgestimmt zu haben und dann gemeinsam unter die betroffenen Verbände zu bringen. Doch weit gefehlt. Adenauer hat (aus welchem Grund auch immer) seinerseits auf eigene Ausführungen verzichtet und lediglich den Phillip-Brief an 'seine' Gremien weitergeleitet. Wenn man bedenkt, dass beide der CDU angehören, hätte eine gemeinsame Aktion vermutlich ein starkes politisches Gewicht gehabt – auch in Zeiten von Koalitionsvereinbarungen. So aber bleibt sie der einseitige Versuch, der neuen Koalition zu zeigen, dass es keiner politischen Vorgabe bedürfe, da man bereits intern die verbesserte Verbände-Zusammenarbeit angehe. Aber letztlich sind das reine Spekulationen. Viel wichtiger erscheint uns die Frage, wie sinnvoll tatsächlich eine Fusion der beiden NRW-Sparkassenverbände ist. Dazu hilft ein Blick in das 'Bank intern'-Archiv:

Bereits Dr. Rolf Gerlach und Michael Breuer haben seit Jahren verantwortungsbewusst diese Frage miteinander diskutiert und waren dabei auf drei Problemfelder gestoßen:  ++ Stimmenproporz im DSGV: Derzeit umfasst das oberste Entscheidergremium, der Vorstand, im DSGV 23 Stimmen. Wenn in NRW die beiden Verbände fusionierten, würde der 'neue' Regionalverband zukünftig auf eine Stimme reduziert. Wenn man sich vor Augen hält, dass der kleine Sparkassenverband Saar mit gerade mal sechs Sparkassen zwei Stimmen hat, eine gewaltige Proporz-Verschiebung zuungunsten von NRW  ++ Finanzinstitut: Der zweite, vermutlich schwerer wiegende Grund, erst einmal mit der Fusion abzuwarten, ist die Sorge, dass der gemeinsame Verband nach einer Fusion von SVWL und RSGV als Finanzinstitut eingestuft werden könnte. In dieses Dilemma käme der neue Regionalverband vermutlich aufgrund seiner vielen und dominanten Beteiligungen und Eigentümerstellungen in der Sparkassen-Finanzgruppe. Die Rechtsstellung als Finanzinstitut würde wiederrum für die Praxis bedeuten, erhebliche Summen Kapital zu hinterlegen. Geld, das für das operative Geschäft von Sparkassen und Verband verlorenginge  ++ Haftungsverbund: Der dritte Punkt schließlich dürfte ein noch größeres Gewicht haben. Im Sparkassen-Haftungsverbund würde im Fall der Inanspruchnahme durch die Schieflage einer Sparkasse innerhalb des neuen Regionalverbandes aufgrund der Gesamthöhe des gemeinsamen NRW-Fonds jeder Haftungsfall NRW-seitig wohl intern abgewickelt werden müssen, ohne Geld aus dem DSGV-Gesamt-Fonds in Anspruch nehmen zu können. Während andererseits der NRW-Fonds sehr wohl im Fall einer Schieflage an anderer Stelle im Verbund in erheblichem Umfang mithaften würde. Eine den NRW-Sparkassen, die diesen Fonds letztlich füllen, kaum zu vermittelnde Konsequenz. – Nach 'Bi'-Erkenntnis gibt es derzeit keine Hinweise darauf, dass sich diese drei Problemthemen erledigt hätten.

'Bi'-Fazit: Insofern tun Politik und Sparkassen in NRW, vertreten durch SVWL und RSGV, GUT daran, erst einmal diese zentralen Fragen zu klären, bevor allzu voreilig eine Fusion angeschoben wird. Vermutlich hatte selbst SPD-Mann Walter-Borjans dies im Hinterkopf, als er bei der Verabschiedung Gerlachs in Bochum in aller Öffentlichkeit konstatierte, "eine Fusion von SVWL und RSGV ist weder mit den Strukturen noch der Mentalität der Menschen" in Einklang zu bringen – und daher (derzeit) tunlichst zu unterlassen. – Wie der neue NRW-Finanzminister Lutz Lienenkämper/CDU die Sache sieht, hinterfragt 'Bi'.

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