Bi – Aktuelle Themen

Verletzen Commerzbank und Tchibo geltendes (Wettbewerbs-)Recht?

Cross-over-Werbung ist heutzutage gängige Praxis und im Grunde genommen ist dagegen auch nichts einzuwenden. Es sei denn, die beiden "Partner" verletzten geltendes Recht. Das können wir im Fall der Commerzbank und Tchibo zwar nicht behaupten, haben aber dennoch gehörige Zweifel an der Statthaftigkeit der bis heute laufenden Akquisitions-Kampagne beider Dreampartner. Doch urteilen Sie selbst:

Online, u.a. über die GMX-Plattform, aber auch auf den jeweiligen eigenen Homepage-Seiten  ködern der Kaffeeröster Tchibo und das immer noch mit Milliarden Euro von Steuermitteln gestützte Bankhaus Commerzbank Neu-Kunden und loben eine 'Fangprämie' i. H. v. 160 € aus, die unter bestimmten, weitestgehend umsatzunabhängigen Parametern an Neukunden ausgelobt werden, die ein "kostenloses Girokonto" eröffnen. Hier zunächst die Eckdaten:

Geworben wird mit  ++ Kostenloser Kontoführung  ++ Ohne Mindestgeldeingang  ++ Online-Eröffnung in nur 7 Minuten  ++ Kostenlosem Bargeld an rund 9.000 Geldautomaten der Cash Group, sowie  ++  innovativen Mobile Banking Apps, digitalem Haushaltsbuch und paydirekt. Einzige Bedingung: "3-monatige Kontonutzung bei mindestens fünf monatlichen Buchungen über je 25 € (oder mehr) und wenn seit 12 Monaten kein Konto bei der Commerzbank". – Insofern entspricht die Masche der Neu-Kunden-Kampagne, die bereits zu Zeiten von Martin Blessing 'koste sie, was sie wolle' gepusht wurde. Mit Billigung des Finanzministers!

Neu ist allerdings bei diesem aktuellen 'Beutezug' neben der Koexistenz von Tchibo eine besonders feinsinnige Erklärung der Begrifflichkeit von "kostenlosem Girokonto" (im Kleingedruckten). Zunächst einmal wird gesagt, dass diese Zusage "ohne zeitliche Begrenzung" gelte, um im Nachsatz den juristischen Hinweis zu geben: "Bis auf Widerruf". Ohne den Gelben hier schon eine bewusste Irreführung im Rechtsverkehr unterstellen zu wollen, muss uns diese Art der Logik erst einmal erläutert werden.

Aufgefallen ist uns ferner, dass Tchibo damit wirbt, das Startguthaben sei "exklusiv für Tchibo-Kunden" verfügbar (http://www.tchibo.de/exklusiv-bei-tchibo-kostenloses-girokonto-inkl-160-startguth-c400082985.html). Das ist, wie wir auf telefonische Nachfrage erfahren, allerdings in Wahrheit nicht der Fall, vielmehr besage das Tchibo-Logo auf der Commerzbank-Seite (www.commerzbank.de/portal/de/privatkunden/produkte/bezahlen/girokonten/kostenloses-girokonto/kostenlosesgirokonto.html) lediglich, dass es eine Kooperation zwischen der CoBa und Tchibo gebe. Mehr nicht. Insbesondere würden die eingegebenen Daten ausschließlich zur CoBa gehen und nicht zu Tchibo. Ob der Exklusivitätshinweis damit abmahnbar ist, mögen Juristen entscheiden.

Aber fragen wir mal danach, welches Interesse Tchibo an dieser Aktion hat. Nach unserem Verständnis tut Tchibo so, als habe man ein eigenes Interesse – das wäre jedoch nur der Fall, wenn die Aktion tatsächlich ausschließlich Tchibo-Kunden zu Gute käme. Dann wäre es eine Kooperation, die man ernsthaft "Partner-Aktion" nennen könnte. Da dies aber gerade nicht stimmt, ist die angebliche Kooperation ein Feigenblatt. Und faktisch vielmehr eine reine PR-Aktion für die CoBank – ob bezahlt (höchstwahrscheinlich) oder nicht, spielt dabei keine Rolle. Ganz deutlich wird dies im Kleingedruckten, beim Text zur Fußnote 1. Dort heißt es wörtlich: "Die Kombination mit unserem Kunden-werben-Kunden Angebot ist möglich." Das haben wir zunächst für ein Tchibo-Angebot gehalten, weil es ja so auf der Tchibo-Seite steht. Tatsächlich aber steht haargenau der gleiche Passus auch auf der Commerzbank-Seite, was den Schluss zulässt, dass es sich um ein Angebot der Gelben handelt.

Das wiederum bedeutet: Tchibo räumt auf der eigenen Webseite einem Dritten, der Commerzbank, Platz dafür ein, dass dieser im eigenen Namen für seine Angebote wirbt. Das ist die Überlassung einer Anzeigenfläche an einen Dritten zu Werbezwecken, allerdings fälschlich deklariert als "Partner-Aktion", von der angeblich nur Tchibo-Kunden profitieren würden. Dieser Etikettenschwindel ist aus unserer Sicht ein Verstoß gegen geltendes Wettbewerbsrecht, da Verbraucher hierdurch (gezielt?) in die Irre geführt werden. Dieser Verstoß ist zunächst einmal Tchibo anzurechnen. Allerdings könnte u. E. in dieser Konstellation die CoBank als Mitstörer (Anstifter, Teilnehmer o. ä.) lauterkeitsrechtlich mithaften. Da es sich um eine unwahre Angabe über ein angeblich (für Tchibo-Kunden) besonders günstiges Angebot handelt, könnte man möglicherweise sogar an strafbare Werbung i. S. d. § 16 Abs.1 UWG denken. Auch wenn wir eine Strafbarkeit nicht für überwiegend wahrscheinlich halten (weil nur über den Umfang des begünstigten Adressatenkreises getäuscht wird, nicht über die Günstigkeit des Angebots als solchem), zeigt das, wie hart die beiden 'Kooperations'-Partner am Wind segeln.

Und die Commerzbank findet aus unserer Sicht schlecht einen Grund, sich rauszureden. Denn sie selbst schreibt auf ihrer Webseite von der 'Kooperation' mit Tchibo und nutzt dabei das Tchibo-Logo. Mithin hat sie Kenntnis von der Tchibo-Aktion, wenn man nicht unterstellen wollte, dass sie den Tchibo-Webseiten-Auftritt nicht freigegeben hätte. In diesem Fall aber hat sich die Commerzbank auch explizit, zumindest  implizit damit einverstanden erklärt, dass Tchibo die Verbraucher täuscht.

Bleibt die Frage, wie lange unser Ober-Steuer-Aufseher und Verwalter Dr. Wolfgang Schäuble auch dieses Verhalten 'seiner' Commerzbank noch tolerieren will. Die entsprechende Anfrage von 'Bi' ist unterwegs.

Düsseldorf, 31. Mai 2017, 10:00 Uhr

Teilen Sie diese Neuigkeit in Ihrem Netzwerk