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BVR geht mit Regulierungsthemen konstruktiv ins Gericht

Konnte BVR-Präsidentin Marija Kolak soeben noch ein Rekordergebnis mit 10,7 Mrd. € Gewinn vor Steuern verkünden (vgl. 'Bi' 11/24), wurden sie und die BVR-Vorstandsmitglieder auf der Jahrespressekonferenz bei den konjunkturellen und politischen Themen schnell sehr ernst. "Also alles gut, könnte man meinen. Leider nein. Auch wenn der meteorologische Frühling begonnen hat, gibt es noch keine klaren Zeichen dafür, dass sich die Wirtschaft aus ihrer Winterstarre befreit hat. Tatsächlich befindet sich die deutsche Wirtschaft derzeit in einer technischen Rezession. Die Stimmung bleibt gedrückt, insbesondere im Mittelstand. Im Jahresdurchschnitt rechnen wir preisbereinigt nur mit einer Stagnation des Bruttoinlandsprodukts (plus 0,0)", schätzen Kolak und ihr Team die wirtschaftliche Entwicklung noch etwas schlechter ein als die ohnehin schon abgesenkte Prognose der Bundesregierung. Aus den Mitgliedsbanken erhält Kolak auch eher ernüchternde Signale: "Der breite Mittelstand ist das Rückgrat unserer deutschen Volkswirtschaft. Der kleine und der breite Mittelstand kann nicht eben mal global expandieren, kann nicht seine Produktion ins Ausland verlagern (…) und deswegen macht es die Lage sehr fragil. Was uns zunehmend besorgt: Die Mittelständler, die über Jahrzehnte Wertschöpfung betrieben haben, rücken in die ältere Generation und sagen uns, sie hören in zunehmendem Maße auf (…) Dabei haben wir den 'Doppel-weniger-Effekt': Wir werden weniger Menschen haben, die weniger arbeiten wollen. (…) Und jetzt ist es an uns, mit dafür Sorge zu tragen, dass die nächste Generation nicht nur in ökologischer, sondern auch in ökonomischer Hinsicht die notwendigen Grundlagen hat. Das wird nicht ohne Entbehrungen gehen." Dabei hatte die BVR-Präsidentin zuvor bereits die erforder­lichen Bausteine für eine bessere Zukunft aufgezählt:  ++ Fachkräftemangel beheben  ++ Bürokratie abbauen und  ++ Unternehmenssteuern reformieren und in Richtung auf den OECD-Durchschnitt absenken.

Bei der von der EU-Kommission verfolgten CMDI-Review, der Reform des Krisenmanagements für Banken, erneuerte Kolak vor der versammelten Journalistenrunde ihre Kritik: "Der dortige Antritt, die Abwicklung von Banken zum Standard zu machen oder zumindest erheblich auszuweiten und dabei eine Schwächung der Einlagensicherungssysteme in Kauf zu nehmen, sorgt aus gutem Grund seit zehn Monaten für intensive Diskussionen. Denn um die Abwicklung auch für kleine und mittlere Banken durchführen zu können, sollen die nationalen Finanzmittel der Einlagensicherungssysteme, die eigentlich zum Schutz der Einlagen gedacht sind, herangezogen werden. Und das in unbegrenzter Höhe. Das halten wir für den falschen Weg. Wenn es Verbesserungsbedarf gibt, dann ganz klar bei der Abwicklung von großen und systemrelevanten Banken. Genau hier hat sich das Verfahren als in der Praxis kaum anwendbar erwiesen und die Vorschläge bieten keine Lösung an.“

Und auch bei den Vorschlägen des Berichterstatters des EU-Parlaments, Othmar Karas, zu dem mit der Vergemeinschaftung der Institutssicherung verbundenen Thema EDIS (vgl. 'Bi' 11/24), bleibt Kolak wachsam: "Der Vorschlag des Berichterstatters stellt zwar eine teilweise Verbesserung gegenüber dem ursprünglichen Kommissionsvorschlag dar, weil er sich auf Liquiditätshilfe konzentriert. Trotzdem ändert das nichts daran, dass nicht nachvollziehbar ist, weshalb die gut gefüllten Töpfe der Einlagensicherungssysteme einerseits mit dem CMDI-Antritt der Europäischen Kommission bewusst geschwächt werden sollen, um dann andererseits zu behaupten, die Einlagensicherung benötige einen vergemeinschafteten Backstop. Das passt nicht zusammen und wir lehnen das ausdrücklich ab." Im Übrigen feiert die Sicherungseinrichtung der Volks- und Raiffeisenbanken in diesem Jahr ihren 90. Geburtstag. Da wünscht 'Bank intern' der erfolgreichen Jubilarin noch viele weitere Jahrzehnte für ihre vertrauensbildende Arbeit.

Neben vielen erfolgreichen Zahlen der Volks- und Raiffeisenbanken präsentierte BVR-Vorständin Tanja Müller-Ziegler auch den Stand zum Digitalen Euro. Der Berichterstatter des Europäischen Parlaments, Stefan Berger, hat am 12.02.2024 seinen aktuellen Entwurf zum Thema vorgelegt, der viele Kritikpunkte der Kreditwirtschaft bereits aufgegriffen hat. Aber gleichzeitig treibt die EZB davon unabhängig die von ihr verfolgte Ausgestaltung des Digitalen Euro als ein zusätzliches, staatlich finanziertes Bezahlsystem in Europa voran. "Allein für die erste Ausschreibung der EZB spricht diese von Kosten bis 1,16 Mrd. €. Bis zur möglichen Einführung wird hier ein zweistelliger Milliardenbetrag erwartet, um eine Infrastruktur zu schaffen, die eine bereits bestehende, privatwirtschaftliche Infrastruktur kopiert und derer es nicht bedarf", bringt Müller-Ziegler es auf den Punkt. Es gibt bereits funktionierende Zahlsysteme, auf die man aufsatteln könnte. "Wir Banken stehen bereit, den Digitalen Euro auszugeben und können ihm mit der European Payments Initiative (EPI) eine Heimat bieten. Der EPI-Prototyp kommt mit dem Namen Wero dieses Jahr auf den Markt. Wero nutzt und stärkt zudem etablierte europäische Standards wie SEPA Instant Payment, nutzt Datenserver in Europa, ist also Made in Europe: Mehr Souveränität geht nicht", erläutert Müller Ziegler.

Die nach wie vor fehlende Regelung zum AGB-Änderungsmechanismus bemängelt BVR-Vorstand Daniel Quentin: "Der fehlende Änderungsmechanismus ist ein bürokratischer Koloss für Verbraucher und für Firmen. Die Lösung liegt auf der Hand: Die Kreditwirtschaft hat eine europarechtskonforme und kundenfreundliche Lösung auf Bitten des Bundesministeriums der Justiz ausgearbeitet und bereits Anfang 2022 eingebracht.“ Doch geschehen ist nichts. "Uns sind auch keine Pläne bekannt, wie es hier weitergehen soll“, so Quentin. Das macht nicht nur den Banken das Leben schwer, sondern benachteiligt auch Verbraucher, die bspw. so nur schwerlich in den Genuss von Vergünstigungen beim Instant Payment kommen können. Und auch die Folgen einer überbordenden Bürokratie- und Regulierungsdichte nimmt Quentin in der Pressekonferenz aufs Korn: "Allein seit dem Jahr 2000 hat sich die Gesamtzahl der Genossenschaftsbanken um gut 60 % verringert und jedes Jahr werden 30 bis 40 kleinere Banken 'wegreguliert'. (…) Dieses Ergebnis kann nicht befriedigen. Erstens sind in allen Krisen gerade die kleinen und mittleren Banken ein Garant für Stabilität; zu starke Konzentrationsprozesse im Bankensektor sollten eigentlich vermieden und nicht befördert werden. Zweitens und insbesondere in Deutschland ist eine Zentralisierung aber auch wirtschaftlich verhängnisvoll. Die dezentrale Wirtschaft in unserem Land, in der rund 99 % aller Firmen zur Gruppe der kleinen und mittleren Unternehmen gehören, lebt von einer ebenfalls dezentralen und in der Region verwurzelten Kreditwirtschaft.“

Was der in der EU praktizierte Ansatz des Single Rulebook für jede einzelne Bank bedeutet, macht Quentin den Journalisten an einem Beispiel klar: "Dazu gehören nicht nur die eigentlichen Gesetze, also zum Beispiel CRR und CRD, sondern eine Unzahl untergesetzlicher, gleichwohl zu beachtender und sehr umfangreicher Regeln; zum Beispiel die über 250 Leitlinien der EBA und die über 8.000 FAQs. Andererseits gilt auch in Europa die Pflicht zur Proportionalität. Beides ist nicht, zumindest heute nicht mehr, zusammenzubringen. Ich bin überzeugt, was wir stattdessen brauchen, ist eine Small Banking Box, also einen eigenen regulatorischen Ordnungsrahmen für kleine und mittlere Institute; nicht laxer, nicht weniger streng, sondern solvenzfördernd und zugleich unbürokratisch sowie aufwandsminimal."

"Einen Ansatzpunkt, um diese Überlegungen erneut einzubringen, bieten die gerade überarbeiteten Vorschriften der CRR. (…) Das Thema gehört natürlich in erster Linie nach Brüssel. Daher werde ich den Schwerpunkt meiner Präsidentschaft bei der Europäischen Vereinigung der  Genossenschaftsbanken – kurz EACB – dazu nutzen, die Idee eines regulatorischen Ordnungsrahmens für kleinere Banken weiter voranzutreiben", zeigt sich Quentin hier kämpferisch. Außerhalb der EU gibt es praktisch überall einen Regulierungsrahmen für große und einen Regulierungsrahmen für kleinere Banken. "In Artikel 519 und 520 der CRR gibt es den Auftrag, dass die EBA und auch der Gesetzgeber Europäische Kommission mal anschauen, ob der seit der Finanzkrise geschaffene Regulierungsrahmen in der Bankenaufsicht noch angemessen ist", sieht Quentin auf Nachfrage zum Ende der Journalistenfragerunde den Zeitpunkt für eine (künftige) Small Banking Box in der EU nun endlich für gekommen.

'Bi'-Fazit: BVR-Präsidentin Kolak und die BVR-Vorstände Müller-Ziegler und Quentin nutzen die Aufmerksamkeit der Jahrespressekonferenz, um auch die wichtigsten politischen und regulatorischen Themen vor den Medienvertretern zu platzieren. Leider interessierten sich die Kollegen der Tagespresse eher für Skandale wie bei der VR-Bank Bad Salzungen-Schmalkalden, statt der existentiell wichtigen Regulierungsthemen. Aber bei 'Bi' räumen wir diesen Zukunftsthemen der Branche den gleichen Raum ein, wie den guten Zahlen der Volks- und Raiffeisenbanken. Denn nur bei einer erfolgreichen Ausgestaltung der Regulierung können Sie in Zukunft auch weiterhin gute Zahlen mit guter Beratung und gutem Service erwirtschaften.

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