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Das sagen Rechtsexperten zur ‚Spontanen Anzeigepflicht‘ (Teil 1)

Zum Fall des Versicherungsmaklers Matthias Helberg/Osnabrück (vgl. ‚vt‘ 42/17) haben wir auch verschiedene Rechtsexperten befragt, deren Einschätzungen wir Ihnen ebenso wie diverse Auffassungen von Versicherern präsentieren wollen. RA und Fachanwalt für Versicherungsrecht Tobias Strübing, Partner der Kanzlei Wirth-Rechtsanwälte/Berlin, hält (auf Basis der von uns bereitgestellten Informationen) die eingangs erläuterte Leistungs-Ablehnung „für einen Grenzfall“, würde aber hinsichtlich deren Berechtigung „zu einem ‚Nein‘ tendieren“. Dazu führt er folgende Argumente an: „1. Es ist umstritten, ob § 19 Abs. 1 VVG auch Einfluss auf die Anfechtung nach § 123 BGB hat, also ob auch die Anfechtung nur wegen solcher Umstände erfolgen kann nach denen VV gefragt hat. Die wohl überwiegende Rechtsauffassung hält das wohl nur in besonderen Einzelfällen beim Verschweigen besonders schwerer Erkrankungen, die eine BU nahelegen, für zulässig. Darüber kann man sich hier sicher streiten. Ich meine aber, dass eine Diabetes und auch eine Niereninsuffizienz nicht zwangsläufig so schwerwiegende Erkrankungen sind. Hier käme es aber sicher auch noch auf weitere Einzelheiten an. 2. Das VV hat ja durch seine Fragen selbst zu erkennen gegeben, dass es auch bereit ist ‚Risikopersonen‘ zu versichern. Wie soll dann bei dem VN das Bewusstsein entstehen bzw. warum sollte er damit rechnen, dass Diabetes auch wichtig sein könnte. Da muss man ja auch an der Arglist zweifeln.“  ++ RA und Fachanwalt für Bank und Kapitalmarktrecht Christian Hindahl, Hindahl Sternemann Horn Bock Rechtsanwälte Steuerberater Partnerschaftsgesellschaft mbB/Düsseldorf, hält die Ablehnung des Versicherers „für falsch. Nimmt man die sehr allgemeine Frage nach gefahrerhebliche Umständen, so würde ja eine permanent bestehende spontane Aufklärungspflicht existieren. Das ist aber nur der Fall, wenn eine konkrete Erkrankung vorliegt, wonach es dem VN sich aufdrängen muss, dass das Bestehen dieser Erkrankung von Interesse für die Versicherungsgesellschaft ist.  Die Versicherungsgesellschaft hat nach der Arbeitsfähigkeit gefragt, die hat der Kunde soweit korrekt beantwortet.“  ++ Muss ein Versicherer nach den Krankheiten, die er für annahmerelevant hält, auch konkret fragen? „Ich meine ja, zumindest muss eine Konkretisierung erfolgen. Der allgemeine Hinweis auf alle gefahrenerheblichen Umstände ist zu weit. Bspw. der Genuss von Zucker ist gefahrenerheblich für eine ganze Reihe von Krankheiten. Muss ich dann angeben, dass ich gerne Schokolade esse?“  ++ Worauf sollten VN und Versicherungsmakler achten? Sollten VN/Makler auf den Wortlaut § 19 (1) VVG vertrauen und schlimmstenfalls eine Anfechtung riskieren, oder sollten sie dem Versicherer Umstände mitteilen, die sich für den Kunden nachteilig auswirken können – ohne dass dafür womöglich ein rechtliches Erfordernis vorliegt? „Das würde ja genau darauf hinauslaufen, dass sogar alle Verdachtsmomente benannt werden müssen. Das kann es nicht sein, ich würde vielmehr darauf vertrauen, dass § 19 VVG vom zuständigen Gericht richtig angewendet wird.“ – Weitere Rechtmeinungen folgen.

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