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Fonds Finanz-Mehrheitsverkauf zertrümmert das Werteleitbild

++ "Die Fonds Finanz ist zu 100 % inhabergeführt und vollständig im Besitz der geschäftsführenden Gesellschafter Norbert Porazik und Markus Kiener."  ++ "(...) Eine Abkehr ist (...) auch für die kommenden Jahre nicht geplant." ++ "Unabhängigkeit ist als einer der Hauptwerte im Werteleitbild der Fonds Finanz hinterlegt. Kein anderer Interessensvertreter soll an der Fonds Finanz beteiligt sein. Die Fonds Finanz ist inhabergeführt und gehört damit einzig und allein den geschäftsführenden Gesellschaftern Norbert Porazik und Markus Kiener.“ – Die manifestierten Zitate stammen aus dem Jahresabschluss 2019 der Fonds Finanz, festgestellt am 16.06.2020. Mal angenommen, diese Erklärungen wären ernst, aufrichtig und in bestem Wissen erfolgt, was hat dann die beiden Gesellschafter dazu gebracht, jetzt unverhofft (?) umzufallen, Wortbruch gegenüber sich selbst und insbesondere gegenüber den lang-jährigen Vertriebspartnern zu begehen, indem nun die Mehrheitsanteile am Pool an die britische Heuschrecke HgCapital laut 'SZ' für knapp 200 Mio. € verkauft werden? Ein solcher Deal fällt wohl kaum über Nacht über einen her, weshalb anzunehmen ist, dass die Strategen bereits länger an dem Verkauf gearbeitet haben und die eigene Vermittlerschaft auflaufen ließen. Wie viel Vertrauen hat die Fonds Finanz aus finanziellem Eigennutz mit einem Schlag  gegenüber den Partnern und dem Markt zertrümmert?  

Fakt ist: Der Private-Equity-Investor HgCapital mit Standorten in London, München und New York (verwaltetes Vermögen von rund 35,4 Mrd. € und Anteilen an 35 Unternehmen) übernimmt Anfang des kommenden Jahres als künftiger Mehrheitsaktionär beim Münchner Pool 60 % der Gesellschaftsanteile von den beiden bisherigen Alleineigentümern Porazik und Kiener, denen somit zukünftig 40 % verbleiben. Im Portfolio der Briten befinden sich bereits mit Bezug zum Markt u. a.  ++ GGW (Ge-werbemakler)  ++ ConceptIF (Deckungskonzepte) und  ++ Howden (Spezialmakler).

Den Erfolg muss man nicht neiden, er darf aber auch nicht blind machen vor berechtigter Kritik. Daher haben wir bei dem Geschäftsmodell immer wieder anlassbezogen genau hingeschaut, bspw. bei der dubiosen Intransparenz. Einige Pools haben, oftmals schon nach Umsetzung des IDD-Vorläufers IMD und Start des Vermittlerregisters, einen weiteren Pool gegründet, der als Versicherungsvertreter mit Erlaubnis registriert ist, damit sie völlig legal mit 'Mehrfachagenten' zusammenarbeiten können. Fonds Finanz hat 'nur' eine Registrierung als Versicherungsmakler, aber spricht "alle Versicherungsvermittler" an, und in der Branche gibt es immer wieder zu hörende Gerüchte, dass der Maklerpool von Mehrfachvertretern, sogar von Ausschließlichkeitsvertretern, Anträge annimmt und durchreicht, worüber 'k-mi' auch eigene Erkenntnisse vorliegen. Da Fonds Finanz immer noch im Blindpooling arbeitet, kann der annehmende Versicherer jedenfalls nicht erkennen, wer der Vermittler ist. Allerdings auch nicht, dass damit die 'Maklerausnahme' nach § 6 Abs. 6 VVG nicht gegeben ist und eine Beratungspflicht nach Vertragsschluss greift. Ein brisantes Thema, zu dem Porazik auf Anfragen unserer Kollegen vom 'versicherungstip' beharrlich schwieg und somit bisher jegliche Aufklärung schuldig blieb. Vielleicht aus nachvollziehbarem Grund, denn wenn der Pool seit jeher auch mit Vertretern zusammenarbeitet und die notwendige Umstellung – Beendigung der Zusammenarbeit mit Vertretern oder Gründung einer Versicherungsvertreter-Tochtergesellschaft – im Zuge der schärferen Regulierung 'verpasst' hat, würde die neue Umsatzverteilung nach Gründung eines Vertreter-Pools entlarven, wie viel Geschäft Versicherern als Maklerpool angedient wurde, das aber von Vertretern stammt. Das könnte ein gewaltiges haftungs- und aufsichtsrechtliches Problem zu Tage fördern.

Aber kommen wir zurück zu dem erfolgreichen Verkauf, der sicher Balsam für die Seele der beiden Geschäftsführer nach dem geplatzten softfair-Millionen-Traum ist. Da fanden sich nicht ausreichend Bieter, die bereit waren, einen Anteilspreis auf den Tisch zu legen, die in der Summe wohl ein Mehrfaches einer seriösen Unternehmensbewertung dargestellt hätte. Deutschlands Versicherer winkten damals mangels Interesse ab, HgCapital greift nun mit voller Kasse an. Interessant sind die Hg-Investitionskriterien. Laut 'Investorenguide.de' von Zerbach & Company | Corporate Finance GmbH bzgl.  ++ Beteiligungshorizont "befristet"  ++ Beteiligungsart "Mehrheit" und  ++ Finanzierungsanlässe: "Wachstumskapital/Growth Capital" sowie "Unternehmensnachfolge/Buy-out".

An die Vorbereitung einer Unternehmensnachfolge ist aber nach den Worten von  Norbert Porazik nicht gedacht: "Markus Kiener und ich haben für die nächsten 25 Jahre große Pläne mit der Fonds Finanz. Gemeinsam mit Hg werden wir mit gezielten Firmenübernahmen den Maklerpool der Zukunft aufbauen: Mit der innovativsten Technologie und dem besten Service machen wir die Makler langfristig fit für alle Herausforderungen. Unser klares Ziel ist weiteres Wachstum." Ob bei der weiteren Geschäftspolitik der Schwanz (40 % Anteile) mit dem Hund (60 % Anteile) wedelt, bleibt indes noch abzuwarten. Die erste Reaktion zum Verkauf aus dem Markt erreichte uns von einem fränkischen Versicherungsmakler: "Ich habe noch immer im Ohr, dass die beiden Geschäftsführer immer wieder betonten, dass die Fonds Finanz nicht verkauft wird. Was passiert nun mit den 'Blindpool Verträgen'? Nirgendwo ist in den Policen und Anschreiben der Vermittler genannt. Was halten Sie davon? Kann man noch Bestände dort aufbauen?“ Berechtigte Fragen, die sich jetzt viele Versicherungsmakler stellen und auf Antworten aus München warten.

Auf Facebook meldet sich zwischenzeitlich Oliver Pradetto, Geschäftsführer von blau direkt, zu Wort: "Wenn Du zwei Jahre lang Marktanteile verlierst, verkaufst Du nicht, weil Du stark bist, sondern weil es bald alle wissen. Wenn Du immer wieder erzählst, Du würdest niemals verkaufen, während du bereits monatelang verhandelst, führst Du Deine Unterstützer in die Irre. Wenn Du behauptest, du hättest Deinen Käufer sorgsam ausgewählt, obwohl eine amerikanische Bank den Auftrag hatte, den Meistbietenden zu finden, ist das kreativ. Rechtzeitig zu verkaufen war clever. Schmälere Deinen Erfolg nicht, indem Du behauptest, es würde Dich oder Deine Partner stärker machen.“

'k-mi'-Fazit: Mit dem Anteilsverkauf verknüpft Fonds Finanz die Ankündigung, Poolkonkurrenten zu übernehmen und technisch mit der Power und Kompetenz von HgCapital im Rücken aufzurüsten. Dennoch wird die Kritik am fragwürdigen Geschäftsgebaren des Blindpooling nicht verstummen. Transparenz und höhere Sicherheit für den eigenen Bestand ist dann gegeben, wenn der Vermittler vom Versicherer erkannt und als Vermittler geführt wird. Dass der vermeintlich so fortschrittliche 'Makler'-Pool technisch rückständig ist, muss verwundern. Es klemmt ausgerechnet da, wo Transparenz für Versicherungsmakler und Versicherer notwendig ist, wie auch anhand des Ergebnisses von Fonds Finanz in der diesjährigen Maklerpoolumfrage anschaulich der heutigen Beilage zu entnehmen ist. 

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