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Hat Schwäbisch Hall den Bausparer-Notfall-Fonds geplündert?

Aufgrund der anhaltenden Niedrigzinsphase klagt systembedingt der gesamte Finanzmarkt – mit Geld Geld zu verdienen, ist heute nahezu unmöglich. Das Dilemma hat längst neben den Banken und Versicherungen auch die Bausparkassen erreicht – von den Sparern ganz abgesehen. Sich jedoch vor diesem Hintergrund seitens der Süddeutschen Zeitung (Ausg. v. 17.8.2017) neben BHW vor allem Schwäbisch Hall/ BSH, den Partner der Volks- und Raiffeisenbanken, herauszupicken und öffentlich an den Pranger zu stellen, hat schon eine gewisse Pikanterie. Doch der Reihe nach:

Die vor allem wegen ihres investigativen Journalismus bekannten SZ-Kollegen nehmen sich Schwäbisch Hall vor und suggerieren nicht nur für den flüchtigen Leser, die genossenschaftliche Bausparkasse hätte sich auf zweifelhafte Weise Mittel aus dem Fonds zur bauspartechnischen Absicherung, kurz FbtA, einverleibt, die in zinsträchtigeren Zeiten ihrem Sinne nach aus versteuertem Geld angespart wurden, um spätere Ansprüche von Bausparern zu sichern. Das erweckt den Eindruck, hier sei das Sicherungspolster ausgehöhlt worden. Behauptet wird, dass dieser Fonds Ende 2014 noch mit rd. 2,2 Mrd. € gefüllt gewesen sei. Zumindest diese Zahl ist nach 'Bi'-Recherchen zutreffend. Zutreffend ist auch, dass BSH im Laufe des Jahres 2016 rd. 350 Mio. € aus dem Fonds entnommen hat.

Die volle Wahrheit allerdings ist, dass der Anfang der 90er Jahre ins Leben gerufene FbtA den Bausparkassen in Hochzinsphasen helfen sollte, mit den dort geparkten Geldern Kunden-Ansprüche zu befriedigen, wenn gleichzeitig außerplanmäßig viele Kunden  ihre Bauspardarlehen abrufen. Auf die veränderte Zinslandschaft hat der Gesetzgeber 2015 allerdings reagiert und das Bausparkassengesetz in § 6 Abs. 2 mit Wirkung zum 29.12.2015 entsprechend novelliert. Seither können Bausparkassen nicht nur im ursprünglichen Fall einer  Hochzinsphase sondern auch im Fall von Niedrigzinsen Gelder aus dem Fonds abrufen. § 8 BausparkassenVO regelt Einzelheiten. Dass u. a. Schwäbisch Hall sich diese Gesetzeslage zu Nutze macht, ist auch nach Auskunft der BaFin völlig legitim, zumal das Gesetz "je nach Sachverhalt auch ein Genehmigungserfordernis umfasse".

Der negative bis geschäftsschädigende Beigeschmack, den der SZ-Beitrag auslöst, wird u. E. verstärkt, wenn es im Text heißt, Schwäbisch Hall hätte neben BHW mit dem Griff in die Fondskasse "ihre eigenen Ertragszahlen aufgehübscht" und wäre somit in der Lage gewesen, "18 Mio. € an den Mutterkonzern DZ BANK auszuschütten". Klar, dass insbesondere die Vertriebspartner von BSH eine derartige Nuancierung kritisch sehen, wissen sie doch, dass BSH die Bestandspflegeprovision gegenüber der Primärstufe wegen des Kostendrucks 'auf Eis gelegt' hat (vgl. 'Bi' 23/ 2016). Halten wir fest:

BSH hat 2016 von ihr angesparten rd. 1,1 Mrd. € exakt 350 Mio. € entnommen. Aber gleichzeitig hat BSH bilanziell 290 Mio. € dem Fonds für Allgemeine Bankrisiken zugeführt. Was zunächst einmal besagt, dass eine Differenz i. H. v. 60 Mio. € besteht. Doch auch diese Differenz klärt sich auf, denn BSH hat zusätzlich als Reaktion auf die Niedrigzinsphase 164 Mio. € in die sogenannten bauspartechnischen Rückstellungen geleitet. Das wiederum heißt, dass BSH unterm Strich rd. 100 Mio. € höhere Rücklagen/Rückstellungen gebildet hat, wobei folgender Aspekt u. E. eher positiv bewertet werden muss: Denn die Umwidmung in den Fonds für Allgemeine Bankrisiken hat den Hintergrund, dass damit das Eigenkapital gestärkt wurde, weil dieser Fonds im Gegensatz zum FbtA dem Eigenkapital hinzugerechnet wird. Insofern geht der Vorwurf der SZ fehl, denn faktisch hat BSH mit dieser 'kreativen Idee' in Wahrheit Zukunftssicherung betrieben, das Gegenteil dessen, was ihr seitens der SZ unterstellt wird. Und noch einen Punkt müssen wir gegenüber den SZ-Kollegen kritisieren: Der FbtA steht de facto weder vor noch nach der Gesetzesnovellierung den Bausparern zu. Er stellt Rücklagen der Bausparkassen dar und keine Sparguthaben der Kunden.

'Bi'-Fazit: BSH-Chef Reinhard Klein kann bei genauerer Betrachtung nicht vorgehalten werden, 'seine' Bilanz auf Kosten der Bausparer "aufgehübscht" zu haben. Und so lange noch nicht abschließend darüber entschieden wurde, ob zukünftig sowohl wieder Gewinne an die Mutter DZ BANK wie auch unmittelbar an die treuen Vertriebspartner vor Ort im Wege einer anteiligen Bestandspflegeprovision ausgezahlt werden, kann ihm auch nicht der Vorwurf gemacht werden, beim Verteilen diejenigen zu vergessen, denen man gerade in schwierigen Zeiten Dank und Anerkennung schuldet.     

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