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Spielt PATRIZIA Blinde-Kuh mit Anlegergeldern?

 

Können Sie sich vorstellen, satte 10,7 Mio. € bzw. 12,6 % für eine Immobilie mehr zu zahlen, als der Verkäufer selbst als Verkehrswert angibt? Können Sie sich weiterhin vorstellen, dass Sie vor einem Kauf nicht einmal nachschauen, wenn der Verkäufer den Verkehrswert öffentlich darstellen muss, wie hoch dieser ist und sich ein für Sie als Käufer erheblich niedrigeres Verkehrswertgutachten nicht aushändigen lassen, und sei es, um ggf. versteckte Mängel ausfindig zu machen? Nein? Wir können uns das auch nicht vorstellen! Aber PATRIZIA wohl, denn beim PATRIZIA GrundInvest Mainz Rheinufer, dessen Analyse Sie im heute beiliegenden Prospekt-Check finden, ist genau dies Realität geworden: 

Der PATRIZIA-Fonds zahlte 95,369 Mio. € als Kaufpreis für die Malakoff-Passage in Mainz an den UBS (D) EUROINVEST IMMOBLIEN FONDS. Laut Verkaufsprospekt wurden im Rahmen der Ankaufsprüfung im Auftrag der Kapitalverwaltungsgesellschaft zwei Bewertungsgutachten erstellt. Zum Stichtag 21.10.2016 kommen die vereidigten Sachverständigen Dr. Helge Ludwig bzw. Uwe Ditt auf Verkehrswerte von 96,5 Mio. € bzw. 96,55 Mio. €, was knapp oberhalb des Kaufpreises von 95,369 Mio. € liegt. Soweit sieht also alles gut aus. Da die Verkäuferin ein offener Immobilienfonds ist und dieser die Verkehrswerte in seinen Fondsberichten ausweisen muss, checkt unser Analyseteam den vom UBS-Fonds selbst angegeben Verkehrswert und fällt fast vom Glauben ab: Das "Fonds-Update" zum Dezember 2016 weist nach erfolgtem Signing mit PATRIZIA einen Verkehrswert von 84,7 Mio. € aus. Satte 10,7 Mio. € weniger als der Verkaufspreis. Die Gutachter der Verkäuferin ermittelten somit einen Wert, der rd. 11,8 Mio. € niedriger ist, als der Wert, den die von der PATRIZIA beauftragen Gutachter feststellen. Vor dem Vertragsabschluss lag der von UBS im November-Update zum 30.09.2016 angegebene Verkehrswert mit 83,2 Mio. € noch niedriger. 

Bislang erachteten wir PATRIZIA als einen gleichermaßen seriösen wie auch sachkundigen Anbieter. Schließlich gehört der Mutterkonzern, die börsennotierte PATRIZIA Immobilien AG, mit 3 Mio. € Stammkapital und einem verwalteten Immobilienvermögen von 19 Mrd. € zu den größten Immobilieninvestmenthäusern Europas. Der Geschäftsführer der Fondstochter PATRIZIA GrundInvest Kapitalverwaltungsgesellschaft mbH, Andreas Heibrock, zählt mit über 20 Jahren Berufserfahrung zu den Urgesteinen der Branche und lenkte vor seiner Tätigkeit bei PATRIZIA die Geschicke der Fonds bei der Real I.S. Aber eine solche massive Abweichung wirft Fragen auf, die wir Andreas Heibrock und Klaus Schmitt, Aufsichtsrat der KVG und COO im Mutterkonzern, vorlegten. Für diese antwortete Andreas Menke, bei der Patrizia Group Head of Corporate Communications. U. a. wollten wir von der PATRIZIA wissen:  ++ Wie sie die erhebliche Diskrepanz zwischen dem von der Verkäuferin angegebenen Verkehrswert und dem vom PATRIZIA-Fonds bezahlten Kaufpreis erklärt  ++ Ob der erheblich niedrigere Verkehrswert bekannt war  ++ Wie die deutlich höheren Werte der von PATRIZIA beauftragten Gutachter zu erklären sind  ++ Wer die Gutachter nach welchen Kriterien auswählt? Statt die erhebliche wirtschaftliche Diskrepanz zu erklären zieht sich Menke im wesentlichen darauf zurück, dass "der von den Sachverständigen ermittelte Wert und der Kaufpreis im Einklang mit den Gesetzesvorschriften sind. Darüber hinaus liegen der Kapitalverwaltungsgesellschaft keine weiteren Bewertungsgutachten für die Vermögensgegenstände vor. Daher können wir zu der Bewertung durch den Verkäufer auch keine Stellung nehmen. Besonders wichtig ist uns in diesem Zusammenhang aber auch auf den aus unserer Sicht eher günstigen Kaufpreis der Immobilie hinzuweisen (...)" Zur Untermauerung werden die Ankaufsrenditen und Faktoren des Mainzer Immobilienmarktes gleich mitgeliefert. Aber dabei dürfte es sich wohl kaum um Objekte gehandelt haben, bei denen die Mietverträge von rund 40 % der Mieteinnahmen mit kurzfristigen Restlaufzeiten oder Sonderkündigungsrechten belastet sind. Es dürfte Gründe dafür geben, dass die Verkäuferin den Verkehrswert gut 10 Mio. € unter dem Kaufpreis angab. Doch dafür hätte man aber in deren Bewertung schauen müssen. Wie gesagt, ist es für uns kaum vorstellbar, dass ein Immobilienprofi, der eine Immobilie für über 95 Mio. € kauft, nicht in die auf der UBS-Seite verfügbaren Fondsberichte schaut, um den von der Verkäuferin selbst angegebenen Verkehrswert in Erfahrung zu bringen. Das wäre u. E. Dilettantismus pur! 

Aber vielleicht wollte man ja nicht, denn ein abweichender Verkehrswert birgt seit der Einführung des KAGB erheblichen Sprengstoff, denn nach § 261 Abs. 5 Nr. 3 KAGB darf ein AIF "in einen Vermögensgegenstand im Sinne des Absatzes 1 Nummer" nur investieren, wenn "die aus dem geschlossenen inländischen Publikums-AIF zu erbringende Gegenleistung den ermittelten Wert nicht oder nur unwesentlich übersteigt." Kaufpreis und Wertgutachten müssen also nahe beieinander liegen. Da stört ein Gutachten mit erheblich niedrigerem Verkehrswert nur. Und den Kaufpreis bezahlt am Ende ohnehin nur der Anleger. Da könnte es sein, dass in deren Ohren einige Passagen im PATRIZIA-Prospekt zum Thema "Faire Behandlung der Anleger" wie Hohn klingen:  ++ Die KVG stellt sicher, dass "die Gesellschafter (Anleger) der Fondsgesellschaft fair behandelt werden"  ++ Die KVG "handelt bei der Ausübung ihrer Tätigkeit im ausschließlichen Interesse der Anleger und der Integrität des Marktes"  ++ Die KVG "stellt weiterhin eine faire, unabhängige und sachgerechte Bewertung der von ihr verwalteten Vermögensgegenstände sicher (...)"

'k-mi'-Fazit: Dilettantismus oder Gleichgültigkeit gegenüber den Anlegergeldern? Anders können wir die Vorgänge wohl kaum werten, wenn man vor dem Deal nicht die vom Verkäufer öffentlich und per Internet in kaum fünf Minuten zugängigen Verkehrswerte ermittelt und denn hier doch erheblichen Diskrepanzen nachgeht. In dem Kontext stellt sich natürlich die Frage nach der echten Werthaltigkeit anderer bereits bezahlter Kaufpreise in den PATRIZIA-Fonds, denn die Gutachter waren teilweise nicht zum ersten Mal für PATRIZIA tätig. Übrigens, die im Prospekt angegeben Gutachten hat PATRIZIA uns trotz Anforderung nicht übermittelt. 

Lesen Sie hierzu auch die Presseanfrage sowie die Antwort von PATRIZIA.

 

 

 

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