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VKB lässt bayerischen Markenrechtsstreit teuer eskalieren

 

Bereits auf der DKM 2012 haben die Bayerische Beamten Versicherungen (BBV) ihren neuen Markennamen ‚die Bayerische‘, ebenso wie das neue Logo mit dem Löwen in den bayerischen Farben und den Claim „Versichert nach dem Reinheitsgebot“ vorgestellt (vgl. ‚vt‘ 47/12). Fast vier Jahre später ist nun ein teurer Markenrechtsstreit in Gang. Die monierende Versicherungskammer Bayern (VKB) will den Streit (vgl. ‚vt‘ 34/16) vor Gericht geklärt wissen, wie ‚versicherungstip‘ recherchiert hat: Im August informierten wir Sie über die Bedenken der VKB gegen den Namen ‚die Bayerische‘. Vier Jahre nach dem neuen Markenauftritt befürchtete die VKB plötzlich eine Verwechslungsgefahr: „Da die Versicherungskammer Bayern zunehmend Verwechslungen bei ihren Kunden mit der Marke ‚die Bayerische‘ feststellt, haben wir eine markenrechtliche Prüfung angestoßen. Dies erfolgt im Interesse unserer Kunden, um eine Verwechslungsgefahr auszuschließen“, teilte der Versicherer auf Anfrage der ‚vt‘-Redaktion im August mit. Seit dem sind die Markenrechtsdifferenzen von der medialen Bildfläche verschwunden. Hat der u. E. überflüssige Streit seine Erledigung gefunden? ‚vt‘ hat die beiden Versicherer befragt, ob eine außergerichtliche Einigung erzielt werden konnte, andernfalls, woran diese aus Sicht des Versicherers (bisher) scheiterte. Auf unsere Anfrage an VKB-Chef Dr. Frank Walthes wurde mitgeteilt, man werde uns im Laufe der kommenden Woche eine Antwort zukommen lassen. Aber bis Montag, wie erbeten, sei das nicht möglich. Die Bayerische dagegen, die zeitgleich die Anfrage erhielt, bezog Stellung. „Im Klageantrag fordert die VKB von der Bayerischen, den Wortbestandteil ‚die Bayerische‘ nicht mehr zu verwenden“, teilt ein Sprecher der Bayerischen mit. Man habe mehrere Gespräche geführt um eine außergerichtliche Einigung zu erzielen. Beide Seiten hätten sich bemüht, den Rechtsstreit einvernehmlich beizulegen. Es habe Ansatzpunke für eine Lösung gegeben – aber eben keine Einigung. Zu einem Rückzug der Klage auf dieser Basis sei die VKB nicht bereit gewesen, daher habe ‚die Bayerische’ die Klageerwiderung einreichen müssen. 

Bei einem Rechtsstreit zu einer behaupteten Verwechslungsgefahr dürfte es darauf ankommen, diese  auch zu belegen. Das könnte womöglich durch eine repräsentative Befragung untermauert (oder in Abrede gestellt) werden. Auf unsere diesbezügliche Frage an beide Versicherer erfahren wir von der  Bayerischen, dass im Auftrag der VKB eine Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach durchgeführt wurde, die eine mögliche Verwechslungsgefahr, z. B. für Verbraucher bei einem Vertragsabschluss, konstatiert. Doch zur Überprüfung dieser Ergebnisse habe ‚die Bayerische‘ eine gutachterliche Stellungnahme der GfK SE eingeholt, die zu folgendem Fazit komme: „Die zu beurteilende Befragung entspricht nicht einer gerechten rechtsdemoskopischen Umfrage. Sie basiert auf eine Stichprobe von weniger als 500 Personen. Sie weist vor allem hinsichtlich der Fragestellungen schwerwiegende Mängel auf. Bei allen Fragen wird die Bezeichnung ‚die Bayerische‘ vorgelegt und nicht die Wort-/Bildmarke.“ Unser Vertrauen in die Treffsicherheit von Demoskopen ist nach Brexit-Abstimmung und US-Wahl erheblich geringer. Zur GfK ist zu sagen, dass die als Experte für Umfragen im Bereich der empirischen Rechtsforschung (z.B. Verwechslungsgefahr von Produkten) gilt. Demnach steht der Verwechslungsgefahr-Beweis der VKB auf dünnem Eis.

Die Bayerische vertritt ohnehin die Auffassung, dass „die Klage auch wegen fehlender und falscher Voraussetzungen abzuweisen“ sei. So habe formell die VKB(-Mutter) als Anstalt des öffentlichen Rechts geklagt. Die mache in der Klage unzutreffende Angaben zu Größe und Bedeutung. Zudem sei die Klägerin auf Geschäftsfeldern tätig, auf denen ‚die Bayerische‘ nicht tätig ist, mithin mangele es auch an der Klagevoraussetzung des Wettbewerbsverhältnisses. Das sind diverse Rechtsauffassungen, über die das Gericht befinden müssen wird. Bei der Namensstreitigkeit könnte es u. E. auch darauf ankommen, wer denn zuerst das ‚Bayerische‘ im Namen trug. Nach unserer Recherche blickt die VKB zwar auf ältere Unternehmenswurzeln zurück, aber das ‚Bayerische‘ ist bei der ‚Bayerischen‘ früher in der Firmierung verwendet worden. Bevor man Millionen in einen neuen Markennamen steckt, klärt man die markenrechtlichen Seiten ab. „Die Wort-Bildmarke wurde am 07.05.2012 beim Deutschen Patent- und Markenamt angemeldet und am 01.06.2012 für die Dienstleistungen ‚Versicherungswesen, Finanzwesen‘ eingetragen“, informiert ‚die Bayerische‘. Gab es vorab Gespräche mit der VKB und wann hat diese erstmals Bedenken geäußert? Erste Informationsgespräche mit dem VKB-Vorstand habe es bereits im Januar 2012 gegeben, aber Bedenken zum Markenauftritt seien von Seiten VKB erst 2016 geäußert worden. Das ist umso erstaunlicher wenn man weiß, dass Vorstandsmitglieder und Führungskräfte der VKB u. a. auf gemeinsamen Veranstaltungen mit der neuen Marke auftraten – so z. B. bei einer Jahreseröffnungstagung 2013.

‚vt‘-Fazit: ++ Die von der VKB behauptete Verwechslungsgefahr ist für uns nicht nachvollziehbar. Der Name des Versicherers ist bei einem Neuabschluss transparent. Historische Rechte scheint die VKB auch keine zu haben. Über Jahre die Umfirmierung, Logo und Markenname zu tolerieren, übersetzen wir mit ‚akzeptieren‘. Juristen sprechen da von ‚Verwirkung‘ ++ Mit Blick auf den Gesamtkonzern VKB (bspw. fast 6.700 Mitarbeiter gegenüber ‚die Bayerische‘ mit rund 450) ist das ein Kampf David gegen Goliath. Mit Blick auf Produktinnovationskraft, Kunden- und Maklerservice aber auch – nur unter umgedrehten Vorzeichen. Statt Zeit und Geld in einen überflüssigen Markenrechtsstreit zu stecken, sollte die VKB sich an dem kleineren Kontrahenten ein Vorbild nehmen. Leistungsfähige Produkte, Kundenorientierung, faire Schadenregulierung und Service für die beratenden Geschäftspartner sind gefragt. Markenrechtliche Scharmützel dagegen helfen weder den Verbrauchern noch Beratern.

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