Pressemitteilungen 'k-mi'-Verlag

Großbritannien: Provisionsverbot schadet Gering- und Normalverdienern!

Düsseldorf. Mit einem flächendeckenden Provisionsverbot hat die britische Regierung 2013 einen gigantischen Selbstversuch mit ihren Bürgern und deren Altersvorsorge unternommen. Aktuell konstatiert die Regierung selbst, dass das Provisionsverbot in dieser Form faktisch gescheitert ist und zu äußerst unerwünschten Folgeschäden führt: Am Montag dieser Woche haben das britische Finanzministerium sowie die Aufsichtsbehörde Financial Conduct Authority (FCA) den Abschlussreport der ‚Financial Advice Market Review’ (FAMR) vorgestellt. Hierbei handelt es sich um eine Überprüfung der Finanzmarktreform unter dem Titel ‚Retail Distribution Review’ (RDR). Mit der RDR sollten im Jahr 2013 Missstände im Retail Investment Markt u. a. mittels des Provisionsverbotes bekämpft werden. Das Fazit des FAMR-Reports ist jedoch mehr als ernüchternd, da man seitens Aufsicht und Finanzministeriums dringenden Reformbedarf sieht: Es müsse dringend erschwingliche Beratung für Verbraucher geben und der Zugang zu Beratung verbessert werden.

 Als Gründe für das in England mit dem Provisionsverbot entstandene Beratungsdefizit, das sogenannte ‚Advice Gap’, hat der FAMR-Report u. a. durch umfangreiche Konsultationen folgende Ursachen herausgefunden: Die absolute Zahl der Berater ist zurückgegangen, gleichzeitig ist jedoch der Anteil der Berater explodiert (von 13 Prozent in 2013 auf 32 Prozent in 2014), die als Voraussetzung für eine Beratung ein Mindestportfolio von 100.000 Pfund verlangen. 45 Prozent der Berater würden kaum noch Altersvorsorgeberatungen vornehmen, wenn das Vermögen der Kunden unter 30.000 Pfund liegt. Das bedeutet, dass – unabhängig von den höheren Upfront-Kosten für die Kunden – durch das Provisionsverbot eine ganze Bevölkerungsschicht mit geringerem Einkommen bzw. Vermögen von der Beratung ausgeschlossen wird.

Die höheren Upfront-Kosten durch das Provisionsverbot erledigen dann den Rest, da bis zu 50 Prozent der Verbraucher durch die hohen Kosten abgeschreckt werden: Bestimmte Kunden würden prinzipiell für Beratung (vorab) zahlen, aber laut aktueller Untersuchung der britischen Verbraucherschutz-Einrichtung Citizens Advice würden bei Normalverdienern nur 8 Prozent der Kunden über 500 Pfund für ein Investment zahlen, und lediglich 14 Prozent wären bereit, 200–500 Pfund für einen Anlagevorschlag auszugeben (im Durchschnitt 258 Pfund, d. h. etwa 330 Euro, für einen Anlagebetrag von 60.000 Pfund). Eine Beratung über eine Altersvorsorge dauert in England laut Bericht jedoch durchschnittlich 9 Stunden bei einem Stundensatz von etwa 150 Pfund!

Kommentar des ‚k-mi’-Chefredakteurs Christian Prüßing: „Mit dem britischen FAMR-Report ist es nun auch amtlich: Die Fata Morgana vom Heilsbringer ‚Honorarberatung fördern – Provisionen verbieten ’, verbunden mit naiven und unkritischen Vorstellungen über ein Provisionsverbot und die Segnungen der Honorarberatung sind durch Fakten entlarvt. Dagegen ist der Kollateralschaden für die Altersvorsorge der Bevölkerung in England groß. Die deutsche Politik sollte also gewarnt sein!“

„In England herrscht nur vor allem Ratlosigkeit. Der Bericht verlangt zwar nicht direkt die Aufhebung des Provisionsverbotes. Wohl um der eigenen Regierung einen peinlichen Gesichtsverlust zu ersparen, gibt man sich diplomatischer und verlangt ein umfangreiches Reformpaket, um das Verbot und seine negativen Auswirkungen durch Kostensenkungen zu entschärfen. Automatisierte Beratungsprozesse und ‚Robo-Advice’ sind u. E. jedoch nur Scheinlösungen zur Schadensbegrenzung. Nicht zuletzt durch MiFID II droht ja eine weitere künstlich erzeugte Kostenexplosion bei der Beratung.“

Die Erfahrungen in UK zeigen, dass das in Deutschland geforderte Provisionsverbot negativ für den Verbraucherschutz ist, bestätigt ‚versicherungstip’-Chefredakteur Erwin Hausen: „Während Versicherungsmakler für individuell passenden Versicherungsschutz sorgen müssen, würden zukünftig Verbraucher mit Beratungsverzicht und Billigberatung verstärkt unpassende Versicherungsprodukte abschließen oder gleich gänzlich auf wichtige Absicherungen verzichten.“

Links:

www.fca.org.uk/news/reforms-will-make-financial-advice-and-guidance-work-better-for-consumers

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