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Missmanagement bei der Nürnberger Pensionsfonds AG (Teil 2)

Die Nürnberger Versicherungsgruppe zählt sich zu den Qualitätsversicherern und strebt gar „die Qualitätsführerschaft über die gesamte Wertschöpfungskette an“. Doch bei der Nürnberger Pensionsfonds AG (NPF AG) wird Missmanagement zu Lasten der Kunden betrieben. Während in einer Kundeninformation zum ‚Spezialfonds: Strategie Wachstum’ geschwärmt wird, damit würden „einerseits die Möglichkeiten in Wachstumsmärkten“ genutzt und „gleichzeitig aber die Risiken so weit wie möglich“ gestreut, entpuppt sich das mit Blick in eine jährliche Standmitteilung von Mai 2016 als bedenkliche Augenwischerei (vgl. Teil 1 in ‚vt’ 32/16). Die Anlagestrategie haben die Kollegen unserer Schwesterredaktion ‚kapital-markt intern’ auf den Prüfstand gestellt. Denn in der Standmitteilung ist, im Gegensatz zu den vorvertraglichen Kundeninformationen, aufgeführt, in welche Fonds die NPF AG die Pensionsgelder anlegt. Und zwar in dem uns vorliegenden Fall des ‚Spezialfonds: Strategie Wachstum’ in gerade einmal zwei Anlagen!!! Zum einen zu 30 % in den WKN: AOMMTV/HSBC INKA Nue. Pen. St. Ert. Zum anderen zu 70 % in den WKN: 941034/Templeton Growth (Euro) Fund. Wieso verlässt sich ein Pensionsfonds trotz notwendiger und den Kunden versprochener Risikostreuung derart einseitig auf nur zwei Investmentfonds-Partner? Beim Templeton Growth sogar auf einen Investmentfonds, der jedem Privatanleger mit einem Ausgabeaufschlag von 5,75 % bei laufenden Kosten im Jahr 2015 in Höhe von 1,83 % offen steht. An einer besonders erfolgreichen Performance-Vergangenheit kann es jedenfalls nicht liegen. Dem Morningstar-Report vom 25.04.2016 entnehmen wir zu dieser Anlage: „In den letzten fünf Jahren lag die Rendite des Fonds nahe am Durchschnitt der Kategorie, jedoch mehr als zwei Prozentpunkte p. a. hinter der Benchmark zurück. Der Fonds, der seit Auflegung die gleiche Strategie verwendet, hat auch in anderen Zeiträumen durchwachsene Ergebnisse erzielt. In den letzten zehn Jahren schnitt er unterdurchschnittlich ab (…).“ Ein Publikumsfonds mit mittelmäßiger Leistung ist dem ‚Qualitätsversicherer’ Nürnberger gut genug, um in diesen völlig einseitig Pensionssummen der Kunden zu lenken?

Der Templeton Growth-Fonds trug dazu bei, dass im 2. Halbjahr 2015 dieser Spezialfonds der Nürnberger ins Minus rutschte. Doch was machen in dieser Situation die Kontrolleure der Nürnberger? Die Antwort ist schnell gesagt. Sie machen nichts! Verlustbegrenzung oder vielleicht neue Risikostreuung – davon ist weit und breit nichts zu sehen! Soweit so schlecht. Es kommt aber noch schlimmer. Während die NPF AG beim Templeton Growth in den Teilfonds Klasse A für Privatanleger investierte, hält der gleiche Investmentfonds auch mit einem Teilfonds der Klasse I eine Tranche (WKN 941035) für institutionelle Investoren bereit, die ab 5 Mio. € Mindestanlage dort einsteigen können!

Ein Lapsus der Manager oder hält sich die Nürnberger nicht für kompetent genug, um als großer Investor im Markt aufzutreten? Kaum anzunehmen. Die Antwort dürfte aus unserer Sicht eher in den Gebühren zu finden sein: Die institutionelle Tranche kennt keinen Ausgabenaufschlag und berechnet deutlich weniger an laufenden Kosten. In 2015 waren es 0,97 %, gegenüber den bereits genannten 1,83 % der Schwestertranche. Was sich zugleich auch an der Jahresperformance zeigt. Der Publikumsfonds weist 2,9 % aus, der institutionelle mit 3,8 % fast einen ganzen Prozentpunkt mehr. Betroffene Berater und Anleger stehen vor einem Berg Fragen:  ++ Wie kann es sein, dass der NPF AG ‚Spezialfonds: Strategie Wachstum’ sein Investment mit HSBC INKA Nue. Pen. St. Ert. und Templeton Growth (Euro) Fund gerade einmal auf zwei externe Investmentfondsstandbeine stützt?  ++ Nach welchen Auswahlkriterien ist die NPF AG auf diese beiden Investments gestoßen?  ++ Inwiefern stellt ein Publikumsfonds das richtige Anlagevehikel für einen Pensionsfonds dar?  ++ Erhält die Nürnberger Kick-Backs seitens ihrer Zielinvestments, und falls ja, wie hoch belaufen sich diese im Allgemeinen und im Speziellen beim Templeton  Growth (Euro) Fund?  ++ Falls Kick-Backs fließen, welcher Kunde ist darüber informiert worden?  ++ Richtet die NPF AG ihre Anlageentscheidung mehr nach eigenem Verdienst als nach Erfolgsaussichten für ihre Kunden aus? Diese Fragen haben wir Nürnberger-Boss Dr. Armin Zitzmann vorgelegt. Dessen Antwort hierauf: Schweigen! Seltsam, wo doch diesem selbsternannten Qualitätsversicherer die Kundenzufriedenheit und sein Image angeblich so sehr am Herzen liegen. Der eigene Innen- und Außendienst wie auch die Makler bluten statt dessen unter den konzernweit auferlegten Kosteneinsparungen (vgl. ‚vt’ 14/15). Nicht betroffen vom Spardiktat scheinen die Holding-Vorstandsgehälter zu sein. Den Erfolgsprämien, wo auch immer dieser Erfolg zu sehen ist, sei Dank. Hier ging es zuletzt im Millionen-Bereich bergauf (vgl. ‚vt’ 18/16)!

‚vt’-Fazit:  ++ Der Publikumsfonds des Templeton Growth arbeitet mit einem maximalen Ausgabeaufschlag von 5,75 % bei laufenden Kosten in Höhe von 1,83 % (2015). Die institutionelle Tranche sieht keine Ausgabeaufschläge vor und kommt mit laufenden Kosten in Höhe von 0,97 % aus. Alle Kosten beschränken das potenzielle Wachstum der Anlage, bereits durch die laufenden Kosten weist  die von der Nürnberger gewählte Publikums-Variante eine deutlich geringere Wertentwicklung (2015) von 2,9 % gegenüber der institutionellen Variante mit 3,8 % auf. Warum hat die Nürnberger keine Lösung gefunden, für die Kunden kostengünstig zu investieren? Insbesondere: Die Anlagestrategie der Nürnberger in nur zwei Fonds würde wohl jedem Finanzberater als Fehlberatung angelastet. Über erhebliche Zweifel, ob die Nürnberger dabei überhaupt die regulatorischen Vorgaben einhält, informieren wir Sie in der ‚vt’-Ausgabe der kommenden Woche.

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