k-mi – Aktuelle Themen

'AAA': Bundesverwaltungsgericht versagt Verbandsklagebefugnis

Der im Jahr 2002 gegründete Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e.V. ('AAA')/Berlin gehört mit 4.250 Mitgliedern zu den größten Vereinen, die sich dem Thema Anlegerschutz verschrieben haben und nach eigenen Angaben in über 3.000 verschiedenen Fonds derzeit aktiv sein will. Laut Satzung ist der Zweck des Vereins (§ 2) u. a. auf die Förderung des Verbraucherschutzes durch Verbraucherberatung und -aufklärung gerichtet. Auch soll der Verein selbstlos tätig sein und "nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke" verfolgen. Der 'AAA' fungiert als gemeinnütziger eingetragener Verein, deren hauptamtliche Vorstände laut Studie von Werner Siepe (Anlegerschützer zwischen Dichtung und Wahrheit/Juni 2010) per Mitgliederbeschluss im Dezember 2009 eine leistungsabhängige Vergütung von jeweils 3 €/Mitglied genehmigt bekamen. Unter Abs. 3 sieht die Zweckbestimmung des Vereins des Weiteren vor, dass der Verein die Berechtigung zu verbraucherschützenden Verbandsklagen anstrebt. An diesem Punkt arbeitet sich der durch die drei Vorstandsmitglieder Thomas Lippert (Vorsitzender), Kerstin Kondert und Tibet Neusel, der zugleich Sozius-Partner von Rechtsanwalt Dr. Wolfgang Schirp in der Kanzlei Schirp & Partner/Berlin ist, vertretene Verein seit 2010 vergeblich mit seinem Antrag auf Eintragung in die Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 Abs. 1 und 2 UKlaG ab. Vereine, die in diese Liste eingetragen sind, dürfen Ansprüche bei Verstößen gegen die dort benannten Verbraucherrechte auch klageweise verfolgen. Mit der Möglichkeit derartige Verbandsklagen zu führen, geht eine immense Machtfülle einher, wie man am Beispiel des ADAC oder aktuell der 'Deutschen Umwelthilfe' sieht, die das Verbandsklagerecht im Bereich Umweltrecht ausreizt, um bspw. Fahrverbote für Diesel-Fahrzeuge wegen Emissionsüberschreitungen in bundesdeutschen Städten gerichtlich durchzusetzen. Vom Bundesamt für Justiz (BfJ) werden derzeit rund 80 Institute mit einem Verbandsklagerecht anerkannt, um Ansprüche u. a. gegen unzulässige AGB oder verbraucherschutzwürdige Verstöße zu verfolgen. Doch dem 'AAA' verwehrte bis heute das BfJ die Berechtigung, Verbandsklagen zu führen, indem dessen Antrag abgelehnt wurde. Dagegen klagte der Verein erfolglos vor dem Verwaltungsgericht Köln (AZ: VG 1 K 3291/12) und in der Berufung vor dem Oberverwaltungsgericht Münster (AZ: OVG 4 A 1621/14). Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) wies per Urteil vom 03.04.2019 (AZ: 8 C 4.18) die Revision des 'AAA' gegen die ergangenen Entscheidungen zurück, weil der 'AAA' keine nicht gewerbsmäßige Verbraucheraufklärung und -beratung betreibe:

Das BVerwG ist der Auffassung, dass der Verein die Aufklärung und Beratung nicht im ausschließlichen Interesse der Verbraucher, sondern auch im wirtschaftlichen Interesse der Rechtsanwaltskanzlei Schirp & Partner leiste, was sich aus den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsurteils ergebe. Demnach übe der Verein seine Aufklärungs- und Beratungstätigkeit in einer Zweckgemeinschaft mit der Kanzlei Schirp & Partner so aus, dass die Tätigkeit in nennenswertem Umfang den wirtschaftlichen Interessen der Kanzlei diene: "Sie zielt darauf ab, Mandanten für die Kanzlei zu gewinnen, die mit dem Kläger im wechselseitigen Interesse intensiv verflochten ist", stellt das BVerwG in seiner Begründung heraus. Deshalb richte sich die Tätigkeit des 'AAA', der von seinen Mitgliedern jährlich einen Betrag von 240 € und als Aufnahmegebühr einmalig 60 € fordert, auf eine sich typischerweise anschließende anwaltliche Beratung und Vertretung seiner Mitglieder durch die Berliner Anwaltskanzlei, deren Chef Dr. Schirp den Verein 2002 mit vier weiteren Rechtsanwälten gründete. Der 'AAA' leiste keine Anlageberatung und stelle auch nicht die allgemeine Verbraucheraufklärung und -beratung in den Vordergrund seiner Tätigkeit. Vielmehr konzentriere er sich auf die Aufklärung und Beratung von Anlegern geschlossener Fonds. Dabei beobachte er zunächst die Fondsentwicklung und intensivierte seine Recherchen erst, wenn sich eine Notlage eines Fonds abzeichnet, die regelmäßig einen Bedarf der betroffenen Anleger nach rechtlicher Beratung auslöst. Für diese Rechtsberatung empfehle der Verein ausschließlich die Kanzlei Schirp & Partner, so die Bundesrichter in ihrer Entscheidungsbegründung.

Das BVerwG bemängelt auch, dass Rechercheergebnisse des 'AAA' zu den betroffenen Fonds ausschließlich an Anwälte der Kanzlei weitergegeben würden und stellt dabei eine Interessenskollision fest: "Außerdem wirbt die Kanzlei mit der regelmäßigen Beratung des Klägers und weist in Vollmachtsformularen auf die Möglichkeit eines Beitritts zu diesem Verein hin. So fördert sie die Gewinnung neuer Vereinsmitglieder. Damit steht dem wirtschaftlichen Interesse der Kanzlei an der Mandatsakquisition durch den Verein ein Interesse des Vereins an einer Mitgliederakquisition durch die Kanzlei gegenüber." Eine Verquickung wechselseitiger Interessen in der exklusiven Kooperation des 'AAA' mit den Schirp-Anwälten erblicken die Richter auch im Sonderrecht der Gründungsmitglieder des Vereins, wonach diese alleine den Vereinsvorstand bestimmen: "Solange im Verein verbliebene Gründungsmitglieder der Kanzlei angehören, besteht die Gefahr eines bestimmenden personellen Einflusses der Kanzlei auf die Vereinstätigkeit. Deshalb, aber auch schon wegen der dargestellten Interessenverquickung kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Tätigkeit des Klägers den Interessen der Kanzlei auch dann Rechnung trüge, wenn dies die effektive Wahrnehmung der Verbraucherinteressen beeinträchtigen würde." Mögliche Interessenkonflikte können laut BVerwG bspw. dann entstehen, wenn ein vom 'AAA' beratener Anleger einen nicht der Kanzlei Schirp angehörenden Anwalt beauftragen möchte. Diesem Anwalt würde der 'AAA' nach bisheriger Praxis die einschlägigen Rechercheergebnisse nicht zur Verfügung stellen, obwohl dies zur effektiven Durchsetzung der Verbraucherrechte des betroffenen Anlegers geboten wäre. Interessenkonflikte seien auch dann denkbar, wenn ein vom Verein an die Kanzlei vermittelter Anleger eine Zweitmeinung einholen oder Regressansprüche gegen Anwälte dieser Kanzlei geltend machen möchte. In einem solchen Fall könnte die Weigerung, die Rechercheergebnisse weiterzugeben, den Nachweis eventueller Beratungsmängel zulasten des Verbrauchers erschweren.

'k-mi'-Fazit: Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, dem Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e.V. die Verbandsklagebefugnis zu verwehren, ist nachvollziehbar. Ein gemeinnütziger Verein, der gegenüber den Vereinsmitgliedern wenig Transparenz hinsichtlich seiner Ziele und wirtschaftlichen Gewinnerzielungsabsicht zeigt sowie ihnen unerlässliche Mitgliedsrechte bei der Wahl des Vorstandes vorenthält, kann schneller als erwünscht ein Gemeinnützigkeitsproblem bekommen. Besonders dann, wenn wirtschaftliche Eigeninteressen das Lenken des Vereins massiv bestimmen. Andererseits muss jedoch auch erwähnt werden, dass die Kanzlei Schirp & Partner wichtige Aufklärungsarbeit in Anlegerskandalfällen wie bspw. im Paramount-Mrd.-Skandal (Hamburg Trust) leistet (vgl. zuletzt 'k-mi' 50/18), womit die fachliche Kompetenz der Berliner Anwälte als auch des Vereins 'AAA' nicht durch das Urteil des BVerwG pauschal in Frage gestellt werden darf.

 

Das Urteil des BVerwG erhalten Sie hier als Service.

Teilen Sie diese Neuigkeit in Ihrem Netzwerk