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BaFin: Die LVM-Infoverweigerung ist auf aufsichtsrechtliche Vertretbarkeit zu prüfen

Gleich zu Jahresbeginn haben wir eine gute Botschaft der BaFin. Mehrfach haben wir in ‚vt‘ den Umgang des LVM Landwirtschaftlicher Versicherungsverein Münster a.G. mit Versicherungsnehmern, die einen Versicherungsmakler bevollmächtigt haben, unmissverständlich gerügt. Aus gutem Grund bezeichneten wir den LVM daher kürzlich als „notorischen Informationsverweigerer“ (vgl. ‚vt‘ 49/21). Das Verhalten des LVM erschwert nicht nur die Tätigkeit der vom Kunden beauftragten Versicherungsmakler, insbesondere drohen auch Nachteile für die Versicherungsnehmer.

Daher haben wir die u. E. rechtlich zu beanstandende wiederholte Informationsverweigerung, ohne konkrete Namensnennung des dahinterstehenden Versicherers, an BaFin-Exekutivdirektor Versicherungs- und Pensionsfondsaufsicht Dr. Frank Grund adressiert: Wenn von Versicherungsnehmern umfassend bevollmächtigte Versicherungsmakler Versicherer um Informationen zu Verträgen und zu Schäden bitten, lauten Antworten einiger weniger Versicherer bspw. wie folgt:

++ „Bitte haben Sie Verständnis, dass wir Ihnen Vertragsauflistungen, Leistungsübersichten oder Schadenaufstellungen nicht zukommen lassen werden, da wir hierzu nicht verpflichtet sind (BGH-Az. IV ZR 165/12).“  ++ „Bitte haben sie Verständnis, dass es sich bei Schadeninformationen um unternehmensinterne Daten handelt, die wir nicht kommunizieren werden.“ Die umfassende Vollmacht wird anerkannt, vertragsrelevante Informationen werden aber dennoch nicht bereitgestellt.

Dazu baten wir die Aufsicht um Einschätzung: ++ Ist die Ablehnung der Herausgabe von vertragsrelevanten Informationen, Leistungsübersichten und Schadenaufstellungen nach Auffassung der BaFin zulässig? Wenn ja, aus welcher Rechtsgrundlage ergibt sich das? ++ Auf welche Aussage des BGH könnten Versicherer sich bei Ablehnung der Informationsherausgabe beziehen? ++ Stellt die Informationsablehnung nach Auffassung der BaFin einen Verstoß gegen § 1a VVG oder gegen eine andere Rechtsgrundlage dar? Die Aufsicht verweist auf das höchstrichterliche Urteil:

„In seinem Urteil vom 29.05.2013 (IV ZR 165/12) führt der BGH unter Rn. 10 aus: ‚Der Versicherer ist im Rahmen der ihn treffenden vertraglichen Nebenpflichten grundsätzlich gehalten, mit einem vom Versicherungsnehmer eingeschalteten Vertreter zu korrespondieren und diesem auf Verlangen Auskunft zu erteilen, soweit dem nicht berechtigte Interessen des Versicherers entgegenstehen. Die Auskunftspflicht reicht allerdings nicht weiter als diejenige, die den Versicherer unmittelbar gegenüber dem Versicherungsnehmer trifft.‘“

Die BaFin stellt unmissverständlich fest: „Wenn ein Versicherungsnehmer einem Versicherungsmakler eine umfassende Vollmacht erteilt, hat der Versicherer dem Versicherungsmakler grundsätzlich die Informationen zum Vertrag und zu Schäden zu erteilen, die er dem Versicherungsnehmer erteilen müsste, wenn dieser keinen Makler bevollmächtigt hätte. Oder anders ausgedrückt: Der Versicherer darf einem Makler mit entsprechender umfassender Vollmacht nicht weniger an Informationen herausgeben als dem Versicherungsnehmer selbst.“

Wir halten an der Stelle fest: 1. Der LVM bezieht sich in den uns bekannten Fällen bei der Informationsverweigerung nicht auf eine nicht umfassende Vollmacht. Aus gutem Grunde, denn die uns vorliegenden Vollmachten sind als umfassend zu bezeichnen. 2. Die Informationsanforderungen der Versicherungsmakler beziehen sich auf übliche Dokumente wie Vertragsauflistungen, Leistungsübersichten und Schadenaufstellungen. Dazu Informationen zu liefern ist nach BGB und VVG als eine Pflicht des Versicherers zu sehen.

Die Informationsanforderungen der Versicherungsmakler bei der LVM betreffen demnach ausschließlich Infos, die er einem anfragenden VN erteilen müsste. Die BaFin führt einen weiteren BGH-Aspekt an, der bei den konkreten Fällen zu beachten ist: „Unter Rn. 20 weist der BGH darauf hin, dass dem Vertreter (= Versicherungsmakler) kein weitergehender Auskunfts- und Informationsanspruch zusteht als dem Vertretenen (= Versicherungsnehmer) selbst. Habe der Versicherer mithin bereits zu konkreten Fragen Auskunft gegenüber dem Versicherungsnehmer erteilt, so komme ein weitergehender Anspruch auf Informationserteilung gegenüber dem Versicherungsmakler nicht in Betracht. Der Versicherer sei nicht verpflichtet, Auskünfte mehrfach zu erteilen und diese erneut gegenüber dem Versicherungsmakler nachzuholen.“

Da es diesen Aspekt zu beleuchten gilt, zitieren wir ergänzend die Ausführungen des BGH unter Rn. 20 auszugsweise: „… Hat der Beklagte mithin bereits zu konkreten Fragen Auskunft gegenüber dem Kläger als seinem Versicherungsnehmer erteilt, so kam ein weitergehender Anspruch auf erneute Informationserteilung gegenüber dem Vertreter nicht in Betracht …“, daher erstrecke sich eine Korrespondenzpflicht „von vornherein nicht auf die Erteilung von Auskünften etwa über vorhandene Verträge, Leistungsübersichten, Fälligkeiten, Beiträge, Schadensquoten, Schadensaufstellungen etc., die der Beklagte dem Kläger bereits erteilt hatte“.

Genau diese seltene Ausnahme, dass bspw. der VN drei Monate zuvor dieselben Informationen abgefordert und erhalten hat, führt der LVM in den uns vorliegenden Fällen aber nicht an. Wir schließen daraus, dass diese seltene Ausnahme nicht gegeben ist, sonst hätte der LVM diese sicher als Begründung der Ablehnung der (erneuten) Informationslieferung angeführt. Zudem wird der BGH keine frühere Informationslieferung im Sinn gehabt haben können, die lange zurückliegt oder insbesondere in der Aktualität schon überholt ist. Hierzu unterstreicht die BaFin:

„Mit Blick auf den von Ihnen geschilderten Sachverhalt bedeutet dies, dass der Versicherer nicht verpflichtet ist, dem bevollmächtigten Versicherungsmakler Vertragsauflistungen, Leistungsübersichten oder Schadenaufstellungen zur Verfügung zu stellen, wenn er bereits zu einem früheren Zeitpunkt dem Versicherungsnehmer entsprechende Vertragsauflistungen, Leistungsübersichten oder Schadenaufstellungen übermittelt hat und diese weiterhin aktuell sind.“ Fest steht jedenfalls, dass der LVM in den uns vorliegenden Fällen nicht geschrieben hat, „die dem Versicherungsnehmer am tt.mm.jjjj übermittelte Schadenaufstellung ist weiterhin aktuell“.

Es stellt sich die Frage, warum ein Versicherer, der zunächst einmal prüfen muss, ob und wann eine Schadenaufstellung geliefert wurde und ob diese weiterhin noch aktuell ist, nicht mit weniger Aufwand auf Knopfdruck eine aktuelle Schadenübersicht zieht und diese dann dem Versicherungsmakler übermittelt anstatt dem Makler einen Brief zu schreiben, man sei laut BGH zur Informationsübermittlung nicht verpflichtet oder es handele sich bei Schadeninformationen um unternehmensinterne Daten, die man nicht kommunizieren werde.

Mit letzterer hanebüchener Begründung verweigerte die LVM vor wenigen Monaten Informationen gegenüber Versicherungsmakler Christian Gusek/Schwetzingen, der sich bezüglich eines Gebäudevertrages für seinen Mandanten einsetzte (vgl. ‚vt‘ 49/21).

Kommen wir noch einmal zurück zur Aufsicht, die einen sinnvollen Weg aufzeigt, wie man dem notorischen Informationsverweigerer LVM beikommen kann: Die BaFin will sich nicht weiter konkret zu unserer Anfrage äußern, da diese die genauen Sachverhalte nicht kenne. Die Aufsicht macht jedoch ausdrücklich „darauf aufmerksam, dass sich die betroffenen Versicherungsnehmer bzw. Versicherungsmakler mit ihrem Anliegen direkt an die BaFin wenden können. Die BaFin würde dann prüfen, ob das Vorgehen des Versicherers aus aufsichtsrechtlicher Sicht vertretbar ist.“ 

Genau dazu hatten wir Sie bereits ermutigt und Ihnen eine arbeitserleichternde Musterformulierung zur Verfügung gestellt, die Sie an den konkreten Fall anpassen können und sollten. Es ist ärgerlich und bedauerlich, dass sich die LVM seit längerer Zeit auch gegenüber der ‚vt‘-Redaktion als notorischer Antwortverweigerer zeigt („Ich bitte um Verständnis, dass wir Ihre Anfrage vom 25.11. inhaltlich nicht beantworten“, lautete vor wenigen Wochen die Antwort auf unsere Anfrage an LVM-Chef Dr. Mathias Kleuker). Aber eine unberechtigte Informationsverweigerung gegenüber Versicherungsnehmern bzw. deren bevollmächtigten Versicherungsmaklern ist ein Missstand, dem die BaFin das Handwerk legen sollte. Dazu können betroffene Kunden und Makler nun beitragen.

‚vt‘-Fazit: Die LVM ist hinsichtlich der Blockierung der Versicherungsmaklertätigkeit ein ausdauernder und regelmäßiger Wiederholungstäter. Doch es geht nicht nur um zusätzliche Arbeit für Versicherungsmakler, sondern um die Gefahr, dass Versicherungsnehmer einen gravierenden Nachteil erleiden. Diese LVM-Praxis ist höchst verbraucherunfreundlich. Es sagt viel über das Kundenverständnis des LVM aus, wenn man auch langjährigen Versicherungsnehmern, die immer treu und brav ihre Prämien gezahlt haben, so übel mitspielt.

Die BaFin ermuntert betroffene VN bzw. deren Makler zu einer Eingabe, damit das Vorgehen des Versicherers aufsichtsrechtlich geprüft werden kann. VN sollten sich daher bei der BaFin über die LVM beschweren. Damit Sie Ihre Kunden dabei unterstützen können und diese Unterstützung Ihnen möglichst wenig Arbeit bereitet, haben wir eine Muster-Beschwerde entworfen. Das Musterschreiben können Sie in der ‚vt‘-Redaktion abfordern, auf den konkreten Fall anpassen und Ihrem Kunden zur Verfügung stellen oder, wenn Sie vom VN zu BaFin-Eingaben bevollmächtigt sind, auch direkt an die Aufsicht adressieren.

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