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ECI: Überlas BaFin die Risiken zum verbotenen Einlagengeschäft?

 Blickt man im Wirecard-Skandal auf die Rolle der  BaFin, erinnert die Behörde sehr an den sog. Drei-Affen-Spruch des Konfuzius: "Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen." Doch mit dem nichts sagen ist das jetzt nicht mehr so einfach, denn die Öffentlichkeit erwartet Antworten und keine Ausreden wie von BaFin-Chef Felix Hufeld, wonach seine Behörde als auch die Bundesbank unter Zustimmung der EZB Wirecard als Technologieunternehmen eingestuft haben, womit sich der Einfluss der BaFin als Finanzaufsicht massiv verkleinert haben soll. Pech für Hufeld, dass die Bundesbank als auch die EZB eine solche angeblich getroffene Übereinkunft in Abrede stellen. Man darf also gespannt sein, was bei der BaFin in Bezug auf die fingierten Wirecard-Bilanzen alles kontrollmäßig schief lief.

Eindeutiger lassen sich jedoch die Verfehlungen der BaFin im ECI-/Deutsche Oel & Gas-Skandal benennen, und die summieren sich immer länger zu einem Totalversagen. Wie wir zuletzt in 'k-mi' 23/20 ("ECI: Welche Rolle spielt die BaFin beim Anlage-Skandal?") berichteten, legte die Emittentin Energy Invest Beteiligungsgesellschaft mbH (ECI) im Zeitraum 2013–2015 die US Öl und Gas Namensschuldverschreibungen 1 bis 7 mit einem Anlegerkapital von rund 175 Mio. € auf. Der Münchener Rechtsanwalt Dr. Ingo Schulz-Henning/SHR Rechtsanwälte deckte hier auf, dass ECI unterschiedlich den Begriff Namensschuldverschreibungen oder Anleihen in den Verkaufsprospekten verwendete:

"Die Bezeichnungen sind nicht nur falsch, sondern bewusst irreführend. Schuldverschreibungen  oder synonym Anleihen sind dem Bereich des Wertpapierrechts zuzuordnen. Das Recht auf Zahlung von Zinsen und Rückzahlung des Kapitals erfolgt zwingend aus einer Urkunde (§§ 793 ff. BGB)",  so Dr. Schulz-Henning. Im ECI-Prospekt wird sogar explizit darauf hingewiesen, dass es sich um "nicht verbriefte" Schuldverschreibungen handelt.

Auch obergerichtlich bis hin zum BGH (Urt. vom 16.01.2020, AZ. IX ZR 351/18) ist die Rechtsansicht des Münchener Anwalts inzwischen bestätigt worden: "Erforderlich ist also stets eine vom Verpflichteten ausgestellte Urkunde, in der er dem Inhaber der Urkunde eine Leistung verspricht (§ 793 Abs. 1 Satz 1 BGB). Wie § 2 SchVG zeigt, kommt ohne Verbriefung der Forderung  keine Anwendung des Schuldverschreibungsgesetzes in Betracht. Entscheidend ist daher die Verbriefung (…)", so stellt der BGH in Bezug auf ECI unmissverständlich fest. Wenn es also keine unverbrieften umlauffähigen Namensschuldverschreibungen in dieser Form geben kann, so hätte die BaFin nach unserer Rechtsauffassung im Rahmen ihrer Vollständigkeitsprüfung auf Kohärenz und Verständlichkeit des Prospektinhalts feststellen müssen, dass dieser weder verständlich noch kohärent ist. Doch es kommt noch kurioser:

In den Risikohinweisen der ECI Namensschuldverschreibungen weist der Anbieter explizit unter "Einlagengeschäft" darauf hin: "Die BaFin ist grundsätzlich berechtigt, u. a. auf dem deutschen Kapitalmarkt öffentlich angebotenen Namensschuldverschreibungen darauf hin zu prüfen, ob diese als unbedingt rückzahlbare Gelder des Publikums im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 des KWG zu qualifizieren sind.“ Dabei handelt es sich um erlaubnispflichtiges Bankgeschäft. Entsprechend heißt es warnend im Verkaufsprospekt weiter: "Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die BaFin auch die hier angebotenen Namensschuldverschreibungen überprüft. Sollte die BaFin die Ausgabe der Namensschuldverschreibungen als Einlagengeschäft qualifizieren, könnte die BaFin die Rückabwicklung anordnen, weil die Emittentin nicht über die Erlaubnis zum Betreiben von Bankgeschäften verfügt. Im Falle der Rückabwicklung müsste die Emittentin die von Anlegern zum Erwerb von Namensschuldverschreibungen aufgewendeten Beträge zurückerstatten (…)“ Einfacher kann man es der BaFin eigentlich nicht machen.

ECI schreibt (der BaFin) im eigenen Verkaufsprospekt bereits die Handlungsweise hinein, wie diese rechtlich bei einem unerlaubten Einlagengeschäft zu verfahren hat. Dass es sich um ein solches Einlagengeschäft handeln könnte, sagt ECI zwar ausdrücklich nicht im Prospekt, macht dort aber auch keinen Hehl daraus, dass die Schuldverschreibung eben nicht verbrieft sei. Man vertreibt öffentlich ein Produktvehikel, welches es rechtlich gar nicht in dieser Form gibt und erwähnt zugleich die sich daraus ergebende Konsequenz der Rückabwicklung. Warum die BaFin diese Prospekte dennoch gestattete, kann Dr. Schulz-Henning nicht nachvollziehen:

"Gem. § 1 Abs. 1 Ziffer 1 KWG bedarf die Annahme fremder Gelder als Einlagen oder anderer unbedingt zurückzahlbarer Gelder des Publikums der Erlaubnis nach KWG. Die Ausnahmeregelung für Inhaber- oder Orderschuldverschreibungen greift nicht, da es sich um Schuldverschreibungen handelt. Die Kapitalanlage wurde ausschließlich durch den Treuhänder TB Treuhand GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Geschäftsführer WB und Stb Timo Bibert, verwaltet", erklärt der Münchener Rechtsexperte. Die TB Treuhand  ++ hatte als Adressat des Zeichnungsscheins über die Zeichnung der Kapitalanlage zu entscheiden bzw. diese zu bestätigen  ++ vereinnahmte über das Treuhandkonto die Anlegergelder  ++ verfügte über diese im Rahmen der beschränkten Mittelverwendungskontrolle  ++ führte die einzelnen Anlegerkonten im Rahmen des sogenannten Anlegerverzeichnisses  ++ hatte mit der Deutsche Öl und Gas die Sicherungsverträge für 50 % der Kapitalanlagen abzuschließen und fungierte als Sicherungsnehmer  ++ hatte unter Berufung auf die im 'Treuhand- und Mittelverwendungskontrollvertrag' in § 5 Ziffer 3 enthaltene AGB-Vollmacht im Namen der Kapitalanleger über die Nichterfüllung der Zahlungsverpflichtungen auf Zinsen und Kapitalrückzahlung allein mehrheitlich zu entscheiden. So listet Dr. Schulz-Henning im Detail die Befugnisse des ECI-Treuhänders auf, womit ein Einlagengeschäft hier kaum mehr wegdiskutiert werden kann. Auf mehrmalige Nachfrage bei der BaFin äußert diese sich in der Sache und in Bezug auf die rechtlichen Vorhaltungen nicht gegenüber dem Münchener Anwalt.

'k-mi'-Fazit: "Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen", das kann und darf weder bei Wirecard noch bei ECI oder sonstigen Kapitalanlagefällen die Strategie der BaFin sein. Ansonsten macht sich die Bundesbehörde überflüssig, weil ihr kein Vertrauen mehr geschenkt werden kann. Dem Gesetzgeber sollte spätestens jetzt klar sein, dass die BaFin sich dringend besser um ihre Kernaufgaben kümmern muss, statt zusätzlich noch die bislang reibungslos funktionierende Aufsicht über die Finanzanlagenvermittler zu übernehmen.

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