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'k-mi'-Special 42/17: Die aktuelle Rechtslage bei gewinnunabhängigen Ausschüttungen in Publikumspersonengesellschaften (Teil I)

Die aktuelle Rechtslage bei gewinnunabhängigen Ausschüttungen in Publikumspersonengesellschaften (Teil I)

Ralph Veil, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Kanzlei Mattil & Kollegen/München –

1. Innenhaftung

Viele Anleger, die sich an einem Fonds beteiligt haben, taten dies in der Erwartung einer rentablen Beteiligung. Manche Initiatoren haben ausdrücklich mit einem Renditeversprechen geworben ("Renditefonds"). Nach Jahren erfolgt dann oft das böse Erwachen, wenn sich die Fondsgesellschaft in der Krise befindet und der Anleger sich von verschiedener Seite und mit unterschiedlicher Begründung einem Rückzahlungsverlangen seiner Ausschüttungen ausgesetzt sieht. Viele haben ungeprüft zurückbezahlt. Der folgende Beitrag will die Möglichkeit der Rückforderung von Ausschüttungen und deren Rechtsgrundlagen darstellen. Die Darstellung betrifft Anleger, die sich an einer Publikumsgesellschaft in der Rechtsform der GmbH & Co. KG beteiligt und ihre im Beitrittsschein versprochene (Pflicht-) Einlage voll geleistet haben. Die im Handelsregister eingetragene Hafteinlage ist dabei identisch mit der Pflichteinlage.

Hintergrund des Rückzahlungsverlangens von Seiten des Fonds oder Dritten ist in der Regel eine Krisensituation, in der sich in den letzten Jahren überwiegend (Schiffs-)Fondsgesellschaften befinden. Die Initiatoren waren bemüht, teils auch aus eigenem Interesse heraus, die Sanierung über eine Ausschüttungsrückholung zu gestalten. Dargestellt wird zunächst das Gesellschaftsinnenverhältnis des Anlegers zur Fondsgesellschaft (Teil I Innenhaftung). Im Falle des Scheiterns des Sanierungskonzeptes traten Gläubiger des Fonds an die Gesellschafter heran, entweder direkt oder über den Insol-venzverwalter. Diese Fallkonstellation bezeichnet die (Teil II Außenhaftung) des Anlegers.

Zahlreiche Initiatoren waren zunächst bemüht, von Anlegern freiwillige Ausschüttungsrückzahlungen zu erlangen. Dies konnte beispielsweise auf Basis der bekannten Rechtsprechung des BGH, die unter dem Schlagwort SoA – Sanieren oder Ausscheiden (1) firmiert, erfolgen. Eine solche freiwillige Sanierung gemäß SoA, zu der die Gesellschafter mangels Nachschussregelung nicht verpflichtet sind, kann in aller Regel nur gelingen, wenn ein Anreiz zur Teilnahme besteht. An einem solchen Anreiz fehlt es, wenn der Sanierungsvorteil allen Gesellschaftern zugute kommt, also auch solchen, die keinen Sanierungsbeitrag geleistet haben. In einer solchen Situation ist es eine rationale, weil kostenmindernde Strategie, den Sanierungsbeitrag nach Möglichkeit zurückzuhalten, um den Sanierungsvorteil als Trittbrettfahrer allein aufgrund der Beiträge der anderen Gesellschafter zu erlangen. Um dies zu vermeiden ist es grundsätzlich zulässig, dass die sanierungswilligen Gesellschafter – sog. willige Gesellschafter – die Sanierung der Gesellschaft in der Form beschließen, dass unwillige, die keinen Beitrag zur Sanierung leisten, aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden (BGH, Urteil vom 19.10.2009, Az.: II ZR 240/08; Urteil vom 25.01.2011, Az.: II ZR 122/09; Urteil vom 09.06.2015, Az.: II ZR 420/13). Auf diese Weise wird sichergestellt, dass die Sanierungsvorteile, die nun den Gesellschaftern zugute kommen, nur den Willigen zuteil werden. Auch bei SoA bleibt es also dabei, dass die Gesell-schafter nicht verpflichtet sind, Nachschüsse zu leisten. Es geht darum, Gesellschaftern die freiwillige Sanierung zu ermöglichen, indem deren mögliche Vorteile nur den Willigen vorbehalten werden. Dies gilt nicht nur, wie der BGH feststellte, für Gesellschafter einer BGB-Gesellschaft, sondern nach Ansicht des OLG Karlsruhe (Urteil vom 22.04.2016, Az.: 4 U 226/15 – bei dem BGH anhängig zu Az.: II ZR 112/16) auch für Kommanditisten. Ähnlich dazu ist die freiwillige Sanierungsmaßnahme über den sog. gegenläufigen Gesellschafterbeschluss (2). Die Gesellschaftsverträge bestimmen regelmäßig, dass die Ausschüttungen aufgrund Gesellschafterbeschluss zur Auszahlung kommen. An die Beschlussfassung sind formale, manchmal auch materielle Voraussetzungen geknüpft. Nicht geregelt ist die Möglichkeit einer "gegenläufigen" Beschlussfassung, wonach – ungeschrieben – nach denselben Regeln wie die Auszahlungsgewährung, Ausschüttungen von den Anlegern zurückgefordert werden können, sog. actus contrarius. Diese Möglichkeit klingt in der BGH-Rechtsprechung an und findet ihren Widerhall in instanzgerichtlichen Entscheidungen (z. B. LG München II, Urteil vom 23.07.2015, Az.: 4 HKO 676/15).

Die Beteiligung an einer freiwilligen Sanierungsmaßnahme wird dadurch gefördert, dass der sich daran beteiligende Anleger mit Aufwendungsersatzansprüchen gegenüber der Fondsgesellschaft oder gegenüber seinen Mitgesellschaftern nach §§ 110 HGB ggf. mit 426 BGB geschützt wird (Innenregress). Der BGH hat dazu festgestellt, dass es vor Eröffnung eines Insolvenzverfahrens im Belieben eines Kommanditisten steht, welchen Gesellschaftsgläubiger er befriedigt, und dass er durch Befriedigung eines solchen Gläubigers in Höhe der getilgten Gesellschaftsschuld von seiner Haftung nach § 171 Abs. 1 HGB – und zwar nominal – auch im Verhältnis zu anderen Gläubigern frei wird (BGH, Urteil vom 25.07.2017, Az.: II ZR 122/16). Bei Zahlungen an die Fondsgesellschaft erfolgen diese regelmäßig auf die Hafteinlage (BGH, Urteil vom 10.10.2017, Az.: II ZR 353/15); der Innenregress könnte dann durch einen Liquidator betrieben werden.

Nach einem weiteren, nicht freiwilligen Sanierungsmodell, haben Fondsgesellschaften die Rückzahlung mit Ausschüttungen unter Bezugnahme auf die jeweiligen Gesellschaftsverträge (GV) gefordert, in denen bestimmt war, dass Ausschüttungen darlehensweise gewährt sein sollen. Derartige Darlehensklauseln (3) sollen der Fondsgesellschaft das Recht geben, jederzeit durch Kündigung Zahlungen bei den Anlegern einzufordern. Der BGH hatte darüber erstmals in den Entscheidungen vom 12.03.2013 (Az.: II ZR 73/11 und Az.: II ZR 74/11) über die Wirksamkeit einer Darlehensklausel zu befinden. Die Bestimmungen müssen, um wirksam zu sein, unzweideutig sein. Eventuelle Unklar-heiten gehen zu Lasten des Verwenders. Dahinter steht die Rechtserwägung, dass sich für den einer Publikumspersonengesellschaft beitretenden Gesellschafter die mit dem Beitritt verbundenen, nicht unmittelbar aus dem Gesetz folgenden Rechte und Pflichten ("Ob" des Vertragsschlusses und "Wie" der Vertragsbeendigung) aus dem Gesellschaftsvertrag klar ergeben müssen. Die erst nach Abschluss des Gesellschaftsvertrages beitretenden Kommanditisten müssen sich darauf verlassen können, nur solche Leistungen erbringen zu müssen, die dem Vertragstext unmissverständlich zu entnehmen sind, so die Begründung in den Entscheidungen des BGH vom 16.02.2016 (Az.: II ZR 348/14; vom 12.03.2013, Az.: II ZR 73/11).

Viele Darlehensklauseln scheitern an den fehlenden Regelungen zum "Wie". Der BGH wie auch die Ober-landesgerichte (OLG) haben zwischenzeitlich in zahlreichen Entscheidungen hinreichend Rechtsklarheit geschaffen (vgl. BGH, Beschluss vom 11.07.2017, Az.: II ZR 127/16; BGH, Urteil vom 16.02.2016, Az.: II ZR 348/14; OLG Braunschweig, Urteil vom 16.09.2016, Az.: 3 U 81/15; OLG Bremen, Urteil vom 22.04.2016, Az.: 2 U 114/15; OLG Dresden, Urteil vom 02.03.2017, Az.: 8 U 1016/16;  OLG Düsseldorf, Urteil vom 30.12.2015, Az.: 22 U 128/15; OLG Karlsruhe, Urteil vom 13.12.2016, Az.: 8 U 128/15; OLG Nürnberg, Urteil vom 01.08.2016, Az.: 8 U 2259/15).

Nicht geklärt ist bislang die Rechtsfrage, ob von dem Anleger Ausschüttungen auf Basis der Fest-stellungen in einer Bilanz der Publikumsfondsgesellschaft (4) zurückgefordert werden können. Die Feststellung einer Bilanz, die diese jedenfalls im Verhältnis zwischen Gesellschaft und Gesellschafter für verbindlich erklärt, könnte für die darin ausgewiesenen Forderungen gegen den Gesellschafter die Wirkung eines zivilrechtlich verbindlichen Schuldanerkenntnisses haben (vgl. BGH, Urteil vom 15.03.2011, Az.: II ZR 301/09; Urteil vom 02.03.2009, Az.: II ZR 264/707; Urteil vom 09.02.2009, Az.: II ZR 292/07). Ob es sich um ein konstitutives oder um ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis handelt, beurteilt sich nach den Umständen im Einzelfall (BGH, Urteil vom 15.03.2011, Az.: II ZR 301/09; Urteil vom 02.03.2009, Az.: II ZR 264/07). Das gilt auch bei Personengesellschaften (Urteil vom 02.03.2009, Az.: II ZR 264/07, so jedenfalls der BGH, Beschluss vom 11.07.2017, Az.: II ZR 127/16). Nicht unerwähnt bleibt die Haftung nach §§ 30, 31 GmbHG (5) für den Kommanditisten in besonderen Situationen.

 – Beitrag wird fortgesetzt –

 

 

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