Anfang Oktober hatte das BMF den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des Anlegerschutzes bei Vermögensanlagen (Anlegerschutzverbesserungsgesetz – AnlVerG) vorgelegt (vgl. 'k-mi' 41/24). Dadurch soll u. a. die sog. '20-Anleger-Ausnahme' von der Prospektpflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 3a Vermögensanlagengesetz (VermAnlG) deutlich verschärft werden. Inzwischen sind die dazu eingegangenen Stellungnahmen der Verbändeanhörung vom BMF veröffentlicht worden. Eine Übersicht zeigt, dass der Referentenentwurf aktuell auf sehr viel Kritik der Verbände trifft: Von grundsätzlichen bzw. massiven Bedenken bis hin zu sehr konkreten Änderungswünschen bei den Hauptpunkten ist alles dabei.
Die von 'k-mi' koordinierte Bundesarbeitsgemeinschaft Mittelständischer Investmentpartner (BMI) kritisiert in ihrer Stellungnahme an das BMF vor allem Folgendes: ++ Der Entwurf erbringt keinen Nachweis seiner Notwendigkeit ++ Durch die Umformulierung der sog. '20-Anleger-Ausnahme' wird diese faktisch mangels Planbarkeit von solchen Private Placements beseitigt, anstatt dass Umgehungstatbestände adressiert werden ++ Es ist rechtsstaatlich äußerst zweifelhaft, dass bereits bei Einleitung einer Produktinterventionsprüfung künftig eine Nennung des betroffenen Produkts/Unternehmens erfolgen soll. Eine entsprechende reputations- und damit unternehmensschädigende Prangerwirkung soll also bereits erfolgen, bevor sich ein Anfangsverdacht bestätigt hat und bevor Erkenntnisse aus der eigentlichen Prüfung vorliegen ++ Die vorgeschlagene Formulierung des § 16 VermAnlG zur Reglementierung von Werbung ist ein offensichtlicher Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip, da für die Sanktion (Untersagung) Anhaltspunkte ausreichen sollen, ein Normverstoß muss hingegen nicht vorliegen ++ Der Entwurf enthält noch nicht einmal Übergangsfristen, so dass laufende Platzierungen und Anlegerkapital gefährdet ist. Alle diese Punkte, so die BMI, tragen eher dazu bei, dass Anlegerkapital mehr gefährdet als geschützt wird.
Weitere, teilweise gleichlautende Kritik von Verbänden: ++ Der VKS Verband der Kapitalverwaltungsgesellschaften und Sachwertanbieter e. V. teilt in vielen Punkten die Kritik der BMI am Entwurf: "Wir lehnen den vorliegenden Entwurf entschieden ab und sehen gravierende rechtliche sowie wirtschaftliche Mängel, die nicht nur das gesetzgeberische Ziel verfehlen, sondern auch erhebliche negative Auswirkungen auf den Markt und die beteiligten Akteure haben werden", so der VKS ++ Der Business Angels Deutschland (BAND) e. V. kritisiert, "dass die meisten Regeln des Gesetzentwurfs zwar eine gute Absicht zu verfolgen scheinen, aber letztlich zu zusätzlichen Bürokratieaufwänden führen werden, die den Bemühungen um die Entbürokratisierung Deutschlands zuwiderlaufen. Insofern bemängeln wir, dass keine Daten zum tatsächlichen Ausmaß von angeblichen Missbräuchen der bisherigen Regelungen vorgelegt werden, welche die Notwendigkeit des zusätzlichen bürokratischen Aufwands rechtfertigen könnten."
++ Der Deutsche Anwaltverein (DAV) weist u. a. darauf hin, dass "durch die geplante Änderung der Ausnahmeregelung des § 2 Abs. 1 Nr. 3a VermAnlG-E der Anlegerschutz verschlechtert" wird: "Der DAV regt daher an, in § 2 Abs. 1 Nr. 3a VermAnlG-E auch weiterhin die Voraussetzung von 20 Anteilen an der Vermögensanlage in der Vorschrift zu belassen." Zur Begründung verweist der DAV, ähnlich wie die BMI darauf, dass die Ausnahme ansonsten, u. a. mit Nachteilen für Anleger, unpratikabel würde: "Daher hält der DAV es für geboten, die Begrenzung der Anteile auf 20 Anteile, wie bisher auch, in der Ausnahmevorschrift zu belassen, damit der Anleger und die BaFin einen dokumentierten Anhaltspunkt haben, ob die Ausnahmeregelung des § 2 Abs. 1 Nr. 3a VermAnlG vorliegt oder nicht." ++ Der Banken-Dachverband 'Die deutsche Kreditwirtschaft' lehnt u. a. die neue Befugnis der BaFin zur Bekanntmachung von konkreten Produktinterventionen klar ab: "Die neue Befugnis der BaFin soll als Warnfunktion dienen, um Anlegerinnen und Anleger vor möglichen Schäden zu schützen, wenn eine Produktinterventionsprüfung noch nicht abgeschlossen ist, die entsprechenden Finanzinstrumente oder strukturierten Einlagen aber bereits vertrieben werden. Wir halten die Einführung einer solch weitreichenden Ermächtigung – über die bereits bestehenden Befugnisse der BaFin hinaus – nicht für erforderlich und lehnen diese daher entschieden ab.
Der Interessenverband kapitalmarktorientierter kleiner und mittlerer Unternehmen e. V. bezeichnet in seiner Stellungnahme den nun vorgesehenen § 4 Abs. 10 Wertpapierprospektgesetz (WpPG) "geradezu katastrophal für kleinere KMU-Kapitalmarktfinanzierungen". § 4 Abs. 10 WpPG sehe künftig vor, dass die BaFin bei "Anhaltspunkten" dafür, dass "Anlegerschutzbedenken" im Hinblick auf § 15 WpHG bestehen, das Gestattungsverfahren solange aussetzen kann, bis das Produktinterventionsverfahren abgeschlossen ist: "Damit wird ein Gestattungsverfahren für ein WIB zukünftig unberechenbar und hierdurch eine kleine Kapitalmarktfinanzierung mittels WIB für KMU nicht mehr planbar. Auch sind die Rechtsbegriffe 'Anhaltspunkte' und 'Anlegerschutzbedenken' zu unbestimmt und weitreichend. (...) Kein KMU wird sich auf dieses Risiko einlassen, da bei einer Finanzierung Planbarkeit und zeitliche Berechenbarkeit unabdingbar ist."
'k-mi'-Fazit: Das AnlVerG bzw. der aktuelle Referentenentwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des Anlegerschutzes bei Vermögensanlagen muss in der Verbändeanhörung sehr viel Kritik aus der Praxis einstecken. Die Kritik zielt übergreifend vor allem darauf, dass mit dem Entwurf Finanzierungswege für mittelständische Unternehmen immer mehr unter fragwürdigen Vorwänden unter die Räder kommen. Dass so ein Entwurf ausgerechnet aus einem FDP-geführten Ministerium kommt, ist erstaunlich genug. Nun ist abzuwarten, wie sich die Politiker im Bundestags-Finanzausschuss dazu positionieren, falls es der Entwurf in dieser Form überhaupt durch das Kabinett schafft.