k-mi – Aktuelle Themen

Nicht mehr ganz blind: BaFin-Merkblatt 2.0 zum Blind-Pool-Verbot

Die BaFin überarbeitet aktuell ihr Merkblatt zum Verbot von Blindpool-Konstruktionen im Vermögens­anlagengesetz/VermAnlG. Parallel läuft dazu auch eine öffentliche Konsultation. Auslöser ist das Gesetz zur weiteren Stärkung des Anlegerschutzes, das am 17.08.2021 in Kraft getreten ist und Blind-Pool-Emis­sionen bei Vermögensanlagen einschränkt. Die von 'k-mi' koordinierte Bundesarbeitsgemeinschaft mittelständischer Investmentpartner/BMI war intensiv und konstruktiv bei der BMF-Verbändeanhörung und der Bundestags-Anhörung beteiligt. In der parlamenta­rischen Anhörung des Anlegerschutzstärkungsgesetz im Finanzausschuss hatten wir insbesondere auf negative Folgen eines zu strengen Blind-Pool-Verbots für die Finanzierung von Erneuerbaren Energien hingewiesen, ebenso wie in der ersten Konsultation des entsprechenden 1. BaFin-­Merkblatts (vgl. 'k-mi' 29, 32/21). Und das auch mit Erfolg: Im Gegensatz zum Konsultations-Entwurf vom Mai 2021 eröffnete die erste finale Merkblatt-Version vom August 2021 (per Gattungsschuld) u. a. die Möglichkeit von Investitionen in Erneuerbare Energien, ohne sich schon direkt auf bestimmte Einzel-Standorte im Prospekt fest legen zu müssen. Dies würde in der Praxis nicht funktionieren, so schon unsere Argumentation als Sachverständige in der Finanzausschuss-Anhörung (vgl. 'k-mi' 29/21).

Die nun anstehende Blind-Pool-Merkblatt-Überarbeitung resultiert im Wesentlichen aus den bisherigen Erfahrungen bei der Anwendung des Blind-Pool-Verbots bei Crowdinvestments, so die BaFin zwischen den Zeilen in ihrer aktuellen Ankündigung: “Die Neufassung berücksichtigt die Erfahrungen, die die BaFin seit Inkrafttreten des Verbots gemacht hat. Das überarbeitete Merkblatt enthält daher u. a. neue Kategorien von Anlageobjekten, die sich aus der Prüfungspraxis ergeben und die eine einheitliche Anwendung erforderlich machen. Beispiele sind die Einführung einer Kategorie für Mobilien, wie etwa Packstationen oder Onlinehandel für Kleinwaren, aber auch die zunehmend differenzierte Vorgehensweise von Emittenten bei Erneuerbaren Energien. Bei bestehenden Anlageobjekten wurden zudem einzelne Kriterien angepasst, um die Rechtsanwendung zu erleichtern. Mit der Überarbeitung des Merkblatts reagiert die BaFin aber auch darauf, dass Anbieter teilweise versuchen, das Blindpoolverbot zu umgehen.” Um dies umzusetzen, so die BaFin, “damit der Realisierungsgrad von Projekten auch im Bereich von Schwarmfinanzierungen für Anleger insgesamt besser kenntlich wird”, wurde die Mindestangabe in § 13 Abs. 3 S. 2 Nr. 3 VermAnlG bereits erweitert. Dies betrifft u. a. den “Realisierungsgrad der konkreten Projekte sowie abgeschlossener Verträge”. Zur Konkretisierung des Anlageobjekts und seiner Darstellung im Prospekt bzw. im VIB enthält das Merkblatt nun zahlreiche weitere Mindestkriterien, damit ein Anlageobjekt konkret im Sinne des § 5b Abs. 2 VermAnlG bestimmt ist.

Ebenfalls weitreichend und zur Schließung von Umgehungstatbeständen bei Crowdinvestments hat die BaFin den Begriff des Anlageobjekts von Vermögensanlagen im Merkblatt-Entwurf neu definiert. Der Begriff des Anlage­objekts setzt sich nun aus zwei Komponenten zusammen: “Er umfasst diejenigen Gegenstände, die mit den Nettoeinnahmen mittelbar und unmittelbar erworben werden sowie diejenigen Gegenstände, aus denen der Emittent Zins- und Rückzahlung an den Anleger erwirtschaftet.” In der Regel falle beides zusammen, so die BaFin, so dass aus dem Anlageobjekt, für das die Nettoeinnahmen verwendet werden, die Zins- und Rückzahlung an den Anleger erwirtschaftet werden: “In Fallkonstellationen, in denen dies auf verschiedene Gegenstände fällt, sind dann alle diese Gegenstände Anlageobjekt.” Diese Neufassung der Definition von Anlageobjekten steht allerdings noch nicht im Einklang mit der entsprechenden Definition in der Vermögensanlagen-Verkaufs­prospektverordnung (VermVerkProspV), so dass hier zwei unterschiedliche rechtliche Auslegungen desselben Begriffs im Raum stehen.

Immer noch hochproblematisch ist auch nach dem nun vorliegenden überarbeiteten Merkblatt-Ent­wurf die Emission von Vermögensanlagen, die in Immobilien investieren. Diese ist weitgehend nur möglich, wenn der genaue Standort der Objekte bekannt ist. Diversifizierte Immobilien-Angebote sind also grds. nur mit existierender Pipeline möglich. Die Auswahl von Immobilien als Anlageobjekte nach Prospektauflage ist weiterhin auch mit den strengsten Investitionskriterien und penibler Mittelverwendungskontrolle kaum machbar. Wirklich kohärent ist diese Regelung nicht: Angesichts mittlerweile hohen Einzelanlageschwellen bei Crowdinvestments wirkt dies als Anreiz, Immobilien verstärkt als (weniger transparente) Crowdinvestments aufzulegen. Das Anlageobjekt ist dann zwar bekannt, aber Anleger müssen auf einen Prospekt und eine Diversifizierung verzichten. Aus unserer Sicht wiegt das als Nachteil für den Anlegerschutz schwerwiegender als der Wegfall des Blind-Pool-Risikos in der sicheren Assetklassen Immobilien (Betongold)!

Sehr merkwürdig interpretiert die BaFin weiterhin die “Investition des Emittenen in sich selbst und seinen Geschäftszweck”, die laut Gesetzgeber grundsätzlich nicht als untersagter (Semi)-Blindpool zu werten sind. Laut BaFin-Merkblatt ist "diese Formulierung so zu verstehen, dass es sich um Investitionen zum Auf- und Ausbau der internen Organisationsstruktur/Verwaltung handelt, die damit mittelbar auch der Förderung des Geschäftszwecks des Emittenten dienen.“ Hier werden durch die BaFin laut Merkblatt direkte Investitionen in den eigenen Geschäftsgegenstand unterbunden. Betroffen von einer Investition in sich selbst seien damit ausschließlich die Bereiche Personal, Marketing/Vertrieb, Erwerb von Büromaterial/Büromöbeln/IT-Infrastuktur für die eigene Verwendung und der Erwerb von Bürogebäuden für die interne Verwaltung unter Angabe des Standorts und der Gesamtgröße. Diese Bereiche sind aber unternehmerisch gesehen nur Mittel zum Zweck und niemals der jeweilige Geschäftszweck eines Unternehmens. Die BMI-Arbeitsgemeinschaft hat diese und weitere Punkte in der laufenden Konsultation vorgetragen, auch um verbleibende Wett­bewerbsverzerrungen zu Lasten prospektpflichtiger Vermögensanlagen zu beseitigen.

'k-mi'-Fazit: Die Anpassung der Verwaltungspraxis an die neuen gesetzlichen Vorgaben zu Blind-Pools bei Vermögensanlagen erfolgt weitgehend 'on the fly'. Das ist eine große Herausforderung:  ++ Für die BaFin, die sie bislang meisterte, ohne dass die Emissionstätigkeit von Vermögensanlagen über längere Zeiträume zum Erliegen kam. Das ist aber auch ein Resultat dessen,  ++ weil es der BMI gelungen ist, im gesetzlichen Anhörungsverfahren zu erreichen, dass die Übergangsfrist von zunächst vorgesehenen drei auf zwölf Monate verlängert wurde  ++ und die Anbieter dies in vorausschauender Art und Weise genutzt haben und Mitte 2021 noch rechtzeitig neue Vermögensanlagen zur Billigung bei der BaFin vorgelegt haben. Nach neuem Recht liegen bislang aber nur sehr wenig gebilligte Vermögensanlagenprospekte vor, so das hier die Nagelprobe noch bevorsteht. Die von 'k-mi' koordinierte BMI setzt sich weiterhin für eine gleichermaßen praxisnahe wie anlegerschützende Aus­legung ein. Keinem inflationsgebeutelten Anleger ist gedient, wenn die Vermögensanlagen mit ihren sinnvollen Assetklassen zu Tode reguliert werden und Anbieter in weniger regulierte Bereiche mit geringerer Transparenz ausweichen.

Teilen Sie diese Neuigkeit in Ihrem Netzwerk