k-mi – Aktuelle Themen

OLG Köln: Eines der ersten wichtigen Urteile zum KAGB!

Im Markt steht immer wieder die Frage im Brennpunkt, wie sich die Wertermittlung des Rückgabepreises von Anteilen an Investmentfonds nach den Anlagebedingungen im Verhältnis zu dem Krisen-Regime des § 257 KAGB bestimmt. Dieser Preis muss in einem transparenten und nachvollziehbaren Verfahren ermittelt werden, um den Anlegerschutz zu gewährleisten. Gemäß § 257 KAGB müssen die Fondsgesellschaften klar definierte Bewertungsmethoden anwenden, die sowohl den aktuellen Marktwert der zugrunde liegenden Vermögenswerte als auch die geltenden rechtlichen und regulatorischen Anforderungen berücksichtigen. Soweit zur Theorie. Nun zu einem aktuellen und rechtskräftigen Urteil des Oberlandesgericht Köln (Az. 24 U 77/23), das zur Konkretisierung der Rechtsanwendung und damit zur Klarheit in der Rechtspraxis wertvolle Hinweise liefert. Zum Fall:

Eine institutionelle Anlegerin, vertreten durch mzs Rechtsanwälte/Düsseldorf, hatte die Rückgabe von Anteilsscheinen an einem offenen Spezial-Immobilienfonds nach dem KAGB schon vor der Corona-Pandemie erklärt. Mit Corona kam es zu einem intensiven Wertverlust des in Büroimmobilien investierenden Immobilienfonds und zu zahlreichen weiteren Rückgabebegehren von Investoren, die wegen fehlender Liquidität zur Aussetzung der Rücknahme von Anteilen führten. Zu den sich daraus ergebenden Folgen erklärt uns mzs-Rechtsanwalt Dr. Jochen Strohmeyer: "Später – als nach einer ca. 2 Jahre lang verhandelten Einigung der Investoren die Liquidität des Fonds wiederhergestellt war – wollte die KVG unserer Mandantin dann nur den schlechten 'Corona-Preis' zahlen und nicht den Preis je Anteil zum Zeitpunkt ihrer Rückgabe 'vor Corona'.“ Die Investorin verklagte die KVG deshalb auf einen höheren Rücknahmepreis, als dieser ihr nach Rückgabe der Anteile zubilligte. Das OLG Köln sprach ihr nun den Differenzbetrag von knapp 500.000 € zu und darüber hinaus über 50.000 € an Zinsen.

Dem Fondsanteilskauf lagen die Allgemeinen Anlagebedingungen AAB 2018 zugrunde. Nach § 12 Abs. 2 AAB 2018 können die Anleger von der Gesellschaft – nach den Anlagerichtlinien entsprechend § 255 Abs. 4, S. 1 KAGB unter Berücksichtigung einer Rückgabefrist von 12 Monaten – jederzeit die Rücknahme der Anteile verlangen, sofern weder die Besonderen Anlagebedingungen BAB 2018 noch die vereinbarten Anlagerichtlinien eine abweichende Regelung vorsehen. Als Abrechnungsstichtag gilt für Rücknahmeaufträge spätestens der auf den Eingang des Rücknahmeauftrags folgende Wertermittlungstag, wobei nach § 10 BAB 2018 die Errechnung des Rücknahmepreises monatlich erfolgt. Im vorliegenden Fall erklärte die Anlegerin am 23.10.2019 die unwiderrufliche Rückgabe aller gezeichneten Anteile. Daraus ergibt sich als Wertermittlungstag zunächst der 01.11.2019. Doch aufgrund der einsetzenden Marktkrise erklärte die KVG die Aussetzung der Anteilsrücknahme mit Schreiben vom 20.07.2020, womit die Verpflichtung, die von der Anlegerin zurückgegebenen Anteile zum jeweiligen Rücknahmepreis zurückzunehmen, zunächst ruhte. Zur sich daraus ergebenden Folge, erklärt nun das OLG Köln, "(…) dass die Klägerin zunächst nicht mehr die Rückgabe ihrer Anteile zum 01.11.2020 beanspruchen konnte, lässt aber entgegen der Auffassung der Beklagten die Berechnung des nach Wiedereröffnung des Fonds zu zahlenden Rücknahmepreises unberührt." Dies ist deshalb von Bedeutung, denn zum Stichtag 1. November lag der Rücknahmepreis noch bei 121,12 €, während er bei Wiedereröffnung nur mit 104,87 € berechnet wurde. Das Gericht weist darauf hin, dass das grundsätzlich für den Anleger vorteilhafte Rückgaberecht in einem Spannungsverhältnis steht, weil ein Immobilien-Sondervermögen bzw. ein offener Immobilien-Spezial-AIF überwiegend in illiquide Vermögensgegenstände investiert. Entscheiden sich sodann viele Anleger zum gleichen Zeitpunkt dazu, ihre Anteile zurückzugeben, kann die Situation eintreten, dass die vorgehaltenen Liquiditätsanlagen für alle Rückgabeverlangen nicht ausreichen. Die KVG kann aus Schutz vor Verkaufsverlusten in Krisenzeiten deshalb nach § 257 KAGB vorübergehend die Rücknahme von Anteilen aussetzen.

Allerdings trifft das Gesetz keine Regelung, wie nach dem Ende der Aussetzung der Rücknahme die Wertermittlung zu erfolgen hat. Das OLG Köln folgert daraus: "Insoweit spricht das Fehlen einer Sonderregelung zunächst dafür, dass auch es bei der allgemeinen Regelung in § 13 Abs. 3 AAB 2018 sein Bewenden haben soll, wonach Abrechnungsstichtag für Anteilabrufe und Rücknahmeaufträge spätestens der auf den Eingang des Anteilsabrufs bzw. Rücknahmeauftrags folgende Wertermittlungstag ist. Dies gilt im vorliegenden Fall umso mehr, als das maßgebliche Rückgabeverlangen der Klägerin aus Oktober 2019 – und damit aus einer Zeit, als der Spezialfonds noch nicht geschlossen war – stammt." Zu jenem Zeitpunkt gab es bereits einen in der Höhe geklärten Rückzahlungsanspruch, der nur deshalb seine Durchsetzbarkeit verlor, weil die KVG im Juli 2020 die Aussetzung erklärte: "Dann spricht aber alles dafür, dass dieser Anspruch nach dem Wegfall des Aussetzungsgrundes nicht nur dem Grunde nach, sondern auch in der Höhe so aufgelebt ist, wie er zuvor bestand", so die Kölner Richter.

Ob der zwischenzeitlich eingetretene Wertverlust der Anteile in diesem Fall auch vom Anleger mitgetragenen werden muss im Sinne des § 257 Abs. 2-4 KAGB, um so eine gerechte Verteilung der Risiken auf alle Anleger zu ermöglichen, womit auch die Rückgabewilligen an dem Risiko der notwendigen Verkäufe unter dem angenommenen Marktwert beteiligt werden, dem erteilt das Gericht in diesem Fall eine Absage, weil tatsächlich kein Grundstück unter Wert verkauft wurde: "Das, was sich tatsächlich verwirklicht hat, ist ein allgemeiner, durch die Marktlage bedingter Wertverlust der Fondsgrundstücke – von der allgemeinen Wertentwicklung ist die Klägerin aber nach § 13 Abs. 3 AAB 2018 – im Guten wie im Bösen – seit dem Rückgabeverlangen ohnehin abgekoppelt." RA Dr. Strohmeyer empfiehlt deshalb betroffenen Anlegern achtsam zu sein: "Gerade institutionellen Investoren rate ich, eine Ermittlung des Rückgabepreises durch die Kapitalverwaltungsgesellschaft vor allem dann kritisch zu prüfen, wenn die KVG zwischenzeitlich die Rücknahme von Anteilen ausgesetzt hatte, dies etwa im Zusammenhang mit zahlreichen pandemiebedingten Rückgabebegehren von Investoren."

'k-mi'-Fazit: Das Urteil des OLG Köln zur Rückgabe von Fondsanteilen unter dem Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) verdeutlicht die Herausforderungen der Wertermittlung in Krisenzeiten. Die Richter stellten fest, dass das Rückgaberecht der Anleger trotz Liquiditätsengpässen und Wertverlusten von Immobilienfonds gewahrt bleibt. Die KVG muss den Rücknahmepreis zum Zeitpunkt des Rückgabeverlangens berücksichtigen, auch wenn die Rücknahme ausgesetzt wurde. Anleger sollten kritisch hinterfragen, wie Rückgabepreise ermittelt werden, insbesondere in Krisensituationen, um einen gerechten Anlegerschutz sicherzustellen.

Als Abonnent finden Sie das Urteil des OLG Köln hier als Service-PDF.

Teilen Sie diese Neuigkeit in Ihrem Netzwerk