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Praktiziert HDI verbraucherfeindliche Methode um Schadenregulierung zu drücken?

Wenn ein Versicherer bei der Schadenregulierungspraxis auffällig wird, dann ist das ein Alarmsignal für Versicherungsmakler, nicht nur bei dessen Schadenregulierungen genauer hinzuschauen. Erst mal ablehnen oder nur einen Teil der zustehenden Leistungen anbieten und auszahlen, abwarten, wer sich beschwert, um dann ggf. nachzubessern oder andernfalls die dem Geschädigten vorenthaltene Leistung einsacken?

Einen krassen Fall der HDI Versicherung AG und welche Rolle die sachcontrol GmbH/Dresden dabei spielt, entlarvt ‚versicherungstip‘: Eine Mieterin beschädigte mit ihrem bei HDI versicherten PKW das Automatik-Garagentor der Vermieterin. Umgehend erfolgte eine Schadenmeldung bei HDI und ein Angebot wurde eingeholt. Das über vier Meter breite Sectionaltor Baujahr 1986 wurde zwar rund ein Jahr zuvor mit Ersatzteilen auf Vordermann gebracht, und just 2 Monate vor dem Unfall wurde der elektrische Garagentorantrieb ausgetauscht, doch der Fachhandwerker konstatierte im Angebot u. a.: „Eine Reparatur des Tores ist nicht möglich (…), der Torbehang müsste komplett erneuert werden, da mehrere Sectionen vom Unfall betroffen sind (…), die Reparaturkosten“ würden „die Kosten für ein neues Tor übersteigen“.

Der für knapp 800 € kurz zuvor eingebaute Garagentorantrieb könne weiterverwendet werden, es würden nur Umbaukosten anfallen. Ausdrücklich wies der Fachhandwerker in dem dem HDI mit diversen Schadenbildern eingereichten Angebot darauf hin, dass „Zusatzleistungen wie Putz und Stemmarbeiten (…) in den oben genannten Preisen nicht enthalten“ sind. Ohne diese Zusatzleistungen belief sich das Angebot auf knapp 2.600 Euro inklusive MwSt. Das HDI-Regulierungsdesaster nahm seinen Lauf:

Erst zwei Monate nach dem Unfall erhält die Geschädigte ein Regulierungsschreiben. Unter Verweis auf einen beigefügten Prüfbericht der Firma sachcontrol – der ist zu diesem Zeitpunkt bereits einen Monat alt – zahlt HDI lediglich 458,22 €. Dass der Ersatz des alten Tores mit einem Zeitwert zu bemessen ist und die Geschädigte keine volle Kostenübernahme erwartet, ist die eine Sache.

Eine andere Sache ist allerdings u. a.  ++ worauf sich der Zeitwert erstrecken soll  ++ dass die Kosten der mit dem Toreinbau anfallenden Zusatzleistungen weder angefragt noch berücksichtigt wurden und  ++ obwohl die Geschädigte nicht vorsteuerabzugsberechtigt ist, lediglich der Netto-Zeitwert herangezogen wird. HDI-Vertriebsvorstand Wolfgang Hanssmann baten wir um Stellungnahme, u. a. zu folgenden Fragen:

++ Warum dauerte es einen Monat vom Prüfbericht bis zum Regulierungsschreiben?  ++ Warum reguliert HDI angesichts der Funktionstüchtigkeit und der jüngst erfolgten Reparaturen nur 20 %?  ++ Warum reguliert HDI nur 20 %, obwohl der Prüfbericht den Zeitwert auf „mindestens 20 %“ beziffert?  ++ Auf Basis welcher Rechtsgrundlage wird u. a. für die Positionen ‚Entsorgung Tor‘ und ++ ‚Montage Garagentorantrieb – Umbau alter Antrieb an neues Tor‘ ein Zeitwertabschlag vorgenommen?  ++ Auf Basis welcher Rechtsgrundlage wird der Zeitwert netto als Regulierungssumme ausgewiesen und nicht der Zeitwert brutto laut Prüfbericht?  ++ Warum ist die im Angebot aufgeführte Position „Zusatzleistungen“ beim Regulierungsschreiben nicht berücksichtigt?

Inzwischen sind mehr als zwei Wochen seit unserer Anfrage vergangen, trotz zwischenzeitlicher Erinnerung ist bei uns keine Antwort eingetroffen. Da will wohl jemand nicht antworten. Das Schweigekartell vervollständigt der von HDI beauftragte Gutachter sachcontrol GmbH. Deren Geschäftsführer Ferdinand Moers haben wir u. a. gefragt, warum sachcontrol im Prüfbericht die im Angebot genannten Zusatzleistungen unter den Tisch hat fallen lassen.

„Sprechen die Funktionstüchtigkeit und die jüngst erfolgten Reparaturen aus Ihrer Sicht dafür, dass der Zeitwert von ‚mindestens 20 %‘ hier höher liegt als diese 20 %? Wenn ja: In welcher Höhe wäre der Zeitwert in diesem Fall angemessen?, wollten wir von GF Moers wissen. Aber auch in Dresden klammert man sich an das Sprichwort ‚Reden ist Silber, Schweigen ist Gold‘. Doch wir haben Rechtsexperten um eine Einschätzung gebeten:

„Bei der Regulierung von Kfz-Schäden hat der Geschädigte gegenüber dem Schädiger seinen Schaden geltend zu machen. Dabei ist der Geschädigte beweisbelastet. Für die Geltendmachung eines Schadens wird in der Regel ein Gutachten erstellt, das die Schadensursache und die einzelnen Schadenspositionen konkret benennt und beziffert. Die Feststellung des Schadens dem Schädiger bzw. seinem Versicherer zu überlassen, birgt denklogisch die Gefahr in sich, dass der Schaden von dessen Seite möglichst gering gehalten wird.

Dazu gehört auch die Feststellung des zu ersetzenden Zeitwertes der geschädigten Sache. Zu empfehlen ist daher stets, ein eigenes Gutachten erstellen zu lassen und dieses als Basis für die Regulierung heranzuziehen. Hinsichtlich der Dauer der Prüffrist des Versicherers sind 4 bis 6 Wochen in einem durchschnittlichen Fall angemessen, so zuletzt auch das OLG Saarbrücken in seinem Beschluss vom 17.5.2019, Aktenzeichen 4 W 4/19 (NJW-RR 2019, 922)“, erläutert Rechtsanwältin und Fachanwältin für Versicherungsrecht Kathrin Pagel, Partnerin in der Kanzlei Michaelis/Hamburg.

„‚sachcontrol‘ ist bei uns auch schon negativ aufgefallen. Zum Teil werden die Kosten der Reparaturen extrem herunter gerechnet und in einem Fall sogar so weit nach unten korrigiert, dass sich kein Handwerker bereit erklärte, zu diesen Bedingungen den Schaden beim VN zu beseitigen“, kritisiert Wilfried E. Simon, Vorsitzender des Berufsverbandes Interessengemeinschaft Deutscher Versicherungsmakler e.V. (IGVM) und Dozent für Versicherungsrecht. „An einen Fall kann ich mich noch sehr gut erinnern. Der VN wollte seinen Leitungswasserschaden im Keller so schnell wie möglich beseitigen. Und da der ‚Herr des Hauses‘ handwerklich sehr begabt war, haben wir für ihn den Schaden auf fiktiver Grundlage zu dem von ‚sachcontrol‘ vorgelegten Angebot geltend gemacht.

Nach einigem Hin und Her hatte der Versicherer nach einer Vorstandsbeschwerde dieser legalen Form der Schadensbeseitigung dann auch zugestimmt, nachdem die Sachbearbeiterin sich – allerdings nur Halbwissen – zuvor strikt  geweigert hatte. Vor solchen Angeboten der Schadensbeseitigung durch Unternehmen wie z. B. sachcontrol sollten VersM sehr wachsam sein. Meist bevorzugen diese die Anbieter am Markt, die dann gern irgendwo in Deutschland tätig sind.

Anspruch besteht bei den VN aber auf einen ortsnahen Betrieb, der den Schaden beseitigt, soweit diese nicht mehr als maximal 30 km vom Ort der Auftragnehmer entfernt ihren Sitz haben.“ Unserem Verdacht, sachcontrol könnte zu Gunsten des Auftraggebers HDI den Schaden kleinrechnen, steht Pagels Empfehlung, ein eigenes Gutachten erstellen zu lassen, nicht entgegen – im Gegenteil.

Dem HDI-Vertriebschef haben wir auch folgende Frage vorgelegt: „Der GDV-Verhaltenskodex setzt für die Versicherungsunternehmen einen Rahmen von Normen und Werten, um den Interessen der Kunden gerecht werden. Wie vereinbart sich nach Auffassung der HDI Versicherung diese Schadenregulierung mit den Vorgaben des GDV-Verhaltenskodex, dass sich die Versicherungsunternehmen an den Bedürfnissen des Kunden zu orientieren und diese in den Mittelpunkt ihres Handelns zu stellen haben?“

Keine Antwort ist auch eine Antwort, könnte man meinen. Wie wir zwischenzeitlich erfahren, hat HDI der Geschädigten angeboten, „ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht“ und „für den Fall der außergerichtlichen endgültigen Erledigung“ die Kosten gemäß Kostenvoranschlag „zu 50 % zu übernehmen“. Zudem soll „nach Durchführung der Reparatur anteilig die Mehrwertsteuer“ erstattet werden. HDI ‚bessert‘ damit sein Regulierungsangebot von 433,22 € auf 1.288,83 € – also auf fast das Dreifache – nach.

‚vt‘-Fazit: Mit Erläuterung der Rechtsgrundlagen hätten HDI und sachcontrol erklären können, warum der Prüfbericht und die Schadenregulierung korrekt sind – jedenfalls wenn es diese Rechtsgrundlagen gibt. Für unseriös halten wir es, dass einer nicht vorsteuerabzugsberechtigten Person der Netto-Zeitwert ausgezahlt wird, ohne im Regulierungsschreiben darauf hinzuweisen, dass nach Einreichung der Rechnung die MwSt. nachgezahlt wird.

Wird bei HDI erst einmal weniger reguliert, als dem VN oder Geschädigten zusteht, um abzuwarten, wer akzeptiert oder sich wehrt? Versicherungsmakler sollten bei Regulierungsschreiben des HDI genau hinschauen.

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