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Württembergische: Irrlichtert bei Vollmachten-Verfallsdatum – Rückzug aus Maklerkanal?

Die Württembergische Vertriebspartner GmbH und Württembergische Versicherung AG behindert die Tätigkeit der Versicherungsmakler mit einem Verfallsdatum für unbefristete Vollmachten (vgl. ‚vt‘ 12/20). So berichteten wir über das negative Erlebnis von Versicherungsmakler Wulf Janke, VVF Service Wulf Janke e. Kfm./Sülfeld, der unter Beifügung der (vom 14.11.2018 datierenden) Mandanten-Vollmacht am 05.02.2020 die Württembergische um Übertragung eines Vertrages in dessen Bestand bat.

Für eine courtagepflichtige Übertragung müsse der Versicherungsmakler ein vom VN unterschriebenes aktuelles Maklermandat „nicht älter als sechs Monate“ vorlegen. Auf unsere an Rainer Gelsdorf, Geschäftsführer der Württembergische Vertriebspartner, und Thomas Bischof, Vorstandsvorsitzender der Württembergische Versicherung, gerichteten Fragen, u. a. auf welche rechtlichen Regelungen die Württembergische die Vorgehensweise stützt, Vollmachten, die älter als sechs Monate sind, zurückzuweisen, teilten die Stuttgarter mit:

„Wir erkennen an, dass eine gegebene Maklervollmacht nicht ohne Weiteres erlischt. Dennoch besteht – da ein Kundenkontakt ja manchmal in gewissen Zeitabständen erfolgt – durchaus die Möglichkeit, dass sich Mandate ändern. Die Württembergische Versicherung möchte daher im Sinne ihrer Kunden gewährleisten, dass vorliegende Vollmachten immer auf dem neuesten Stand sind. (…)

Aus diesem Grund erbittet unsere Versicherung in vergleichbaren Vorgängen eine Vollmacht, die nicht älter als sechs Monate ist. Alternativ dazu erbitten wir die Bestätigung des Maklers, dass ihm eine solche aktuell noch vorliegt. Dabei verlassen wir uns in der Regel auf das Wort des Maklers; die Vollmacht als solche braucht er dann nicht nochmals vorzulegen.“ Zu dieser u. E. kuriosen Antwort legten wir Gelsdorf und Bischof weitere Fragen vor:

Zwar erkennt die Württembergische nun an, dass „eine gegebene Maklervollmacht nicht ohne Weiteres erlischt“. Die jegliche Rechtsgrundlage entbehrende Vorgehensweise, eine unbefristete Vollmacht nicht zu akzeptieren, kassiert der Versicherer allerdings nicht. Aber jetzt vertreten die Stuttgarter die Auffassung, es handele „sich bei diesem Thema nicht um eine Rechtsfrage, weder in Bezug auf einen Anspruch auf die Vorlage einer solchen Vollmacht noch in Bezug auf Haftungsansprüche eines Maklers für eventuell wahrheits- und rechtswidriges Verhalten“.

Juristen sehen das anders: ++ „Eine unbefristet erteilte Vollmacht erlischt nicht durch Zeitablauf, sondern ist jedenfalls so lange wirksam, bis sie widerrufen wird“, erläutert RAin Kathrin Pagel, Partnerin der Kanzlei Michaelis Rechtsanwälte (vgl. ‚vt‘ 27/16)  ++ „Die (…) vertretene Ansicht, eine Vollmacht sei nach zwei Jahren verfallen oder verjährt, ist schlichtweg unhaltbar“, bekräftigt RAin Angelika Römhild, BVK (vgl. ‚vt‘ 23/19). Dabei wissen die Rechtsexpertinnen das BGB im Rücken.

„In der Vergangenheit“ sei es „verschiedentlich zu unterschiedlichen Meinungen zwischen zwei oder mehreren beteiligten Maklern über die Wirksamkeit von Mandaten, die diesen Maklern parallel zu ein und demselben Versicherungsnehmer vorlagen“, gekommen, sagt die Württembergische. Das führe „regelmäßig zu umfangreicher Korrespondenz und damit zu einem erhöhten Arbeitsaufwand für alle Beteiligten“.

Zwar gibt es Fälle, in denen ein Kunde eine bestehende Vollmacht nicht widerruft und einem anderen Makler ein umfassendes oder den Vertrag beinhaltendes Mandat erteilt. Das ist ärgerlich für den Ursprungsmakler, der davon nichts weiß. Allerdings können solche Fälle mit vom VN zu unterschiedlichen Zeitpunkten erteilten Vollmachten einer Klärung zugeführt werden.

„Da unsere Gesellschaft bei Vorliegen eines wirksamen Maklermandats Verträge aus dem Bestand unserer Versicherung courtagepflichtig in den Bestand des Maklers überträgt und hierfür Zahlungen leistet, ist es wichtig, dass Mandate einwandfrei geklärt sind. Dies gilt nicht nur für unsere Versicherung, sondern auch für den Makler, der die Courtage erhält. Ebenso ist dies entscheidend für den Makler, dessen Courtageanspruch mangels wirksamer Vollmacht abgelehnt werden muss“, argumentiert die Württembergische.

Auf der Suche nach Argumenten für die rechtswidrige Ablehnung gültiger Vollmachten verliert die Württembergische den Überblick: Unklare Situationen bedürfen einer Klärung. Aber bei den uns vorliegenden Fällen und unseren Fragen an Bischof und Gelsdorf geht es um die pauschale Ablehnung von Vollmachten, die älter als sechs Monate sind! Im Kundeninteresse sollte kein Vollmachten-Verfallsdatum eingeführt werden, sondern vielmehr die Entlarvung der rechtswidrigen Verwendung ungültiger Vollmachten von Bedeutung sein.

Aber wie groß ist dieses Problem, wie oft wurden der Württembergischen 2019 Vollmachten von Versicherungsmaklern vorgelegt, die bereits vom Vollmachtgeber widerrufen oder vom Vollmachtnehmer zurückgegeben waren? Diese Frage nach der Häufigkeit lassen die Stuttgarter unbeantwortet.

Die Württembergische will „im Sinne ihrer Kunden gewährleisten, dass vorliegende Vollmachten immer auf dem neuesten Stand sind“. Wenn ein Maklermandat mit Vollmacht erteilt wird, dann wird der Makler meist zur Wahrnehmung aller Versicherungsangelegenheiten beauftragt. Hat der Kunde Verträge bei diversen Versicherern, bei denen der Makler die Vollmacht hinterlegt, und die Versicherer akzeptieren keine ,älteren‘ Vollmachten, müsste der Versicherungsmakler sich regelmäßig eine Vollmacht vom Kunden ausstellen lassen.

Ist es im Sinne der Kunden, dass diese zweimal jährlich bzgl. erneuter Vollmacht belästigt werden? Auch zu dieser Frage schweigt die Württembergische.

Statt einer Vollmacht, die nicht älter als sechs Monate ist, akzeptiert die Württembergische „die Bestätigung des Maklers, dass ihm eine solche aktuell noch vorliegt“. Der Makler, der eine ältere Vollmacht vorlegt, soll also bestätigen, dass ihm eine Vollmacht vorliegt, die nicht älter als sechs Monate ist. Das entbehrt jeglicher Sinnhaftigkeit.

Warum sollte ein Versicherungsmakler eine ältere Vollmacht vorlegen, obwohl er eine neuere Vollmacht hat? Darauf liefert die Württembergische keine Antwort, sondern wiederholt die Ausssage. Immerhin reduzieren die Stuttgarter nach der erneuten ‚vt‘-Anfrage die Erwartungshaltung und räumen ein: „Unsere Gesellschaft verlässt sich dabei in der Regel auf das Wort des Maklers, dass das Mandat nach wie vor Gültigkeit besitzt und vom Versicherungsnehmer nicht gekündigt wurde.“

Demnach genügt die Bestätigung einer gültigen Vollmacht, auch wenn diese älter als sechs Monate ist. Weniger fachlicher und rechtlicher Unfug ist das aber nicht: Der rechtschaffene Versicherungsmakler, der eine unbefristete und nicht widerrufene Vollmacht vorgelegt hat, soll bestätigen, dass diese nach wie vor gültig ist.

Und ein rechtswidrig handelnder Makler, der eine vom Vollmachtgeber widerrufene Vollmacht vorlegt, wird keine Gewissenbisse haben, die Gültigkeit wahrheitswidrig zu bestätigen. Zu welcher höheren Rechtssicherheit dies für den Versicherer führt, hat die Württembergische nicht beantwortet.

‚vt‘-Fazit: Es ist gut, dass die Württembergische bereit ist, Verträge courtagepflichtig in den Bestand mandatierter Versicherungsmakler zu übertragen – denn der betreuende Vermittler sollte die Vergütung erhalten, die der Kunde mit seiner Prämie dem Versicherer zahlt.

Aber wenn die Württembergische ohne rechtliche Notwendigkeit von Versicherungsmaklern die Vorlage aktueller Vollmachten fordert, dann stellt sich das für Versicherungsmakler als Behinderung der Maklertätigkeit dar.

„Will sich die Württembergische aus dem Maklerkanal zurückziehen?“, so unsere Frage an Vertriebspartner-Geschäftsführer Gelsdorf und Württembergische-Chef Bischof. Keiner der beiden hat das dementiert.

 

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