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EU-Kommission nimmt mit Abwicklungsplänen Ihre Institute in den Fokus

Die Idee einer Europäischen Einlagensicherung (EDIS) ist vor gut einem Jahr vor allem am Widerstand aus Deutschland aufgrund einer hierzulande bereits gut ausgeprägten und funktionierenden Einlagen­sicherung gescheitert. Stattdessen sollten die EU-Pläne zur Bankenunion, die mit einer gemeinsamen Bankenaufsicht (SSM) und einer gemeinsamen Abwicklungsbehörde (SRB) bereits konkret Gestalt angenommen haben, weiter entwickelt werden. Nun hat die EU-Kommission am 18.04. ihre Reformvorschläge 'crisis management and deposit insurance'/CMDI präsentiert. Diese sollen  ++ die Wahrung der Finanzstabilität und den Schutz von Steuergeldern verbessern  ++ die Realwirtschaft vor den Auswirkungen eines Bankenausfalls abschirmen und  ++ den Einlegerschutz verbessern. Dabei hebt die Kommission erklärtermaßen die Abwicklung mittelgroßer und kleiner Banken aufs Schild.

"Die Erfahrung hat jedoch gezeigt, dass mittelgroße und kleinere Banken bei Ausfall häufig nicht abgewickelt werden, sondern andere Lösungen zur Anwendung kommen, bei denen anstelle der internen Ressourcen, die Banken halten müssen, oder privater, branchenfinanzierter Sicherheitsnetze wie Einlagensicherungssysteme und Abwicklungsfonds mitunter Steuergelder herangezogen werden", nimmt die EU-Kommission Ihre Institute ins Visier. Sie forciert mit ihren Vorschlägen die Abwicklung gerade kleiner und mittelgroßer Banken und erschwert mit den neuen Maßnahmen eine sinnvolle Fortführungslösung mit Hilfe des Verbundes bzw. der Institutssicherung. Die CMDI-Reformpläne bedrohen die bestehenden gut funktionierenden Institutssicherungen der Sparkassen und Genossenschaftsbanken. Sie schrauben die Hürden für vorbeugende Maßnahmen durch die Institutssicherung in die Höhe und verhindern zeitnahe Stabilisierungsmaßnahmen zur Abwendung eines Problemfalls.

Doch EU-Kommissarin Mairead McGuinness, zuständig für Finanzdienstleistungen, Finanzstabilität und die Kapitalmarktunion, behauptet: "Dank dieser Reform werden wir über genau abgestimmte Instrumente verfügen, die uns besser in die Lage versetzen, bei eventuellen Schieflagen sicherzustellen, dass Banken unabhängig von ihrer Größe oder ihrem Geschäftsmodell reibungslos aus dem Markt ausscheiden können. Dies ermöglicht im Umgang mit Bankenausfällen maximale Effizienz für unsere Wirtschaft, für unsere Steuerzahler und letztlich für die Finanzstabilität. Auch die Einleger werden profitieren, da sich die Wahrscheinlichkeit einer Unterbrechung des Zugang zu ihren Konten verringert.", McGuinness, die erst jüngst durch die abstruse Begründung für ein Provisionsverbot (vgl. 'Bi' 08/23) auffiel, übersieht dabei völlig, dass Vertrauen das zentrale Gut in der Kundenbeziehung ist. Schlagzeilen über Banken in der Insolvenz und Abwicklung schädigen generell das Vertrauen der Kunden, auch wenn sie nicht direkt betroffen sind, und destabilisieren so die Wirtschaft.

Kein Wunder, dass die Reformpläne u. a. beim Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken/BVR komplett durchfallen: "Die neuen Regelungen erwecken erhebliche Zweifel daran, ob die Finanzmittel des genossenschaftlichen Institutssicherungssystems zukünftig noch für präventive Maßnahmen verwendet werden können. Aus Sicht des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) gefährdet Brüssel damit die Funktionsfähigkeit der Institutssicherungssysteme in Deutschland. Der BVR lehnt darüber hinaus den generellen Paradigmenwechsel ab, wonach die Bankenabwicklung Vorrang vor der Einlagensicherung bekommen soll." Die CMDI-Pläne ignorieren weitgehend die Anforderungen, dass ein gesetzlich anerkanntes Institutssicherungssystem seine Finanzmittel schnell und effektiv einsetzen können muss. "Genau dem will die EU-Kommission nun einen Riegel vorschieben, indem sie zahlreiche neue Anforderungen für den Einsatz der Finanzmittel in der Einlagensicherungsrichtlinie einführen will“, so Marija Kolak, Präsidentin des BVR weiter

Darin bestehe ein klarer Widerspruch, der die Funktionsfähigkeit der Institutssicherung substanziell beeinträchtige. Gerade diese sei aber nach dem Beschluss der Eurogruppe vom Juni 2022 zu gewährleisten. Der Vorschlag der EU-Kommission ist mit der Funktionsweise der Institutssicherung der Genossenschaftsbanken in weiten Teilen nicht kompatibel. Der BVR fordert daher eine vollständige Ausnahme von anerkannten Institutssicherungssystemen aus den vorgesehenen Regelungen. Außerdem muss das Vorrecht der Instituts­sicherungssysteme, Schieflagen bei einer ihnen angeschlossenen Bank selbst zu beheben, erhalten bleiben.

Ins gleiche Horn stößt Helmut Schleweis, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes/DSGV: "Sparerinnen und Sparer wollen, dass ihr Geld sicher und gut geschützt ist. Deshalb vertrauen sie es den Sparkassen an. Die Institutssicherung dient den Einlegern ebenso wie den Instituten. Dieses Prinzip darf nicht angetastet werden." Andernfalls würden die CMDI-Reformpläne genutzt, um doch noch die europäische Einlagensicherung (EDIS) durch die Hintertür einzubringen. Dabei haben doch gerade die jüngsten Krisen bei einigen US-Banken sowie der Credit Suisse gezeigt, dass es sinnvoll ist, die mögliche Abwicklung von Banken sorgfältig zu planen. "Es muss darum gehen, solche Institute, die nach europäischem Maßstab groß sind, im Ernstfall behördlich sicher und effizient abzuwickeln. Hier gibt es Handlungsbedarf für die EU-Kommission. Das darf aber nicht dazu führen, die Institutssicherung und das erfolgreiche Geschäftsmodell regional ausgerichteter Verbünde in Frage zu stellen", fordert Schleweis.

Während für die ganz großen Institute 'Too big to fail' gilt, darf für kleine und mittelgroße Institute die Abwicklung aber nicht zum Standardfall werden. DSGV-Präsident Schleweis dazu: "Aus unserer Sicht ist klar: Bewährte Institutssicherungssysteme gewährleisten die beste Krisenprävention. Risiken für Finanzstabilität liegen bei internationalen Finanzkonzernen. Darauf muss der Abwicklungsmechanismus ausgerichtet werden." Und die BVR-Präsidentin Kolak bringt es abschließend auf den Punkt: "Anderenfalls werden wir statt mehr Finanzstabilität einen Verlust des Vertrauens der Sparerinnen und Sparer in die nationalen Sicherungssysteme erleben. Und das ist das Letzte, was wir derzeit benötigen."

'Bi'-Fazit: Aller Ehren wert mögen die formulierten Ziele der EU-Kommission sein, doch leider sind die Mittel für die Erreichung dieser Ziele nicht nur untauglich, sondern geradezu kontraproduktiv. Die Erfolge der Institutssicherungen der Genossenschaftsbanken und Sparkassen zeigen doch gerade, dass eine Abwicklung nicht das erste, sondern nur das allerletzte Mittel sein kann. Wir werden den Verdacht nicht los, wenn die EU-Kommission sich etwas (noch so verquertes) in den Kopf gesetzt hat, versucht sie es notfalls durch die Hintertür umzusetzen –  gleichgültig, ob es um ein Provisionsverbot oder eine europäische Einlagensicherung geht. Bei der CMDI-Review ist schon jetzt vor der Umsetzung dringend eine Review gefordert.

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