Bi – Aktuelle Themen

Solidarität im Verbund – das kommt drauf an?!

Dass Volks- und Raiffeisenbanken jemals das Thema 'Ausschüttung/Dividende' politisch auf der Agenda hätten, hielt 'Bi' bislang nahezu für abwegig. Bekanntermaßen ist dies bei den Sparkassen gänzlich anders. Denn deren Träger machen immer mal wieder Druck auf 'ihre' Institute, wollen sie deren Gewinne doch unter dem Aspekt, ihren Haushalt zu stützen, regelmäßig plündern. Düsseldorfs OB Thomas Geisel ist sogar zuzuschreiben, die Wiederwahl des Chefs der Stadtsparkasse Düsseldorf, Arndt Hallmann, verhindert zu haben, weil dieser sich für die Stärkung des EK anstelle einer zu üppigen Ausschüttung stark machte. Geisel indes hielt die Sparkasse für "übersichert".

Doch nun ist genau der Fall eingetreten, den wir für unmöglich gehalten hatten: Das Ausschüttungsproblem hat die Genossenschaftliche FinanzGruppe erreicht. Und das gleich an zwei neuralgischen Punkten:

++ Die mit einer Bilanzsumme von 49,6 Mrd. € größte Genossenschaftsbank, die Apotheker- und Ärztebank, kurz apoBank "zahlt ihren Mitgliedern für das Jahr 2019 eine Dividende von zwei Prozent". Und weiter: "Das beschloss die Vertreterversammlung der Bank am 6. Mai 2020, an der die Vertreter aufgrund der Einschränkungen im Zuge der Corona-Pandemie online teilnahmen. Damit stimmten die Vertreter dem Vorschlag von Vorstand und Aufsichtsrat zu." Im Vorfeld, so lassen die Vorstände Ulrich Sommer, Dr. Thomas Siekmann, Olaf Klose, Eckhard Luedering und Holger Wessling den staunenden Leser wissen, habe man sich "intensiv mit der Empfehlung der EZB an Banken hinsichtlich ihrer Dividendenpolitik auseinandergesetzt." In besagter "Empfehlung der EZB" v. 27. März 2020 wiederum kann man unter Ziff. I. 1 schwarz auf weiß nachlesen: "Die EZB empfiehlt, dass zumindest bis 1. Oktober 2020 keine Dividenden ausgeschüttet werden und von Kreditinstituten keine unwiderruflichen Verpflichtungen zur Dividendenausschüttung für die Geschäftsjahre 2019 und 2020 eingegangen werden". In der Diktion der apoBank liest sich das dann folgendermaßen: "Der Vorstand hat diese Empfehlung mit den Gremien der Bank als auch der Bankenaufsicht und dem Wirtschaftsprüfer intensiv erörtert. Ergebnis war, dass Vorstand und Aufsichtsrat unter Einhaltung der Empfehlung der EZB und unter Abwägung aller Interessen der Vertreterversammlung eine Dividende in Höhe von zwei Prozent vorgeschlagen haben." Inwiefern der Nachsatz als Verballhornung sowohl der Aufsicht wie der gesamten Genossenschaftlichen FinanzGruppe gegenüber zu verstehen ist, wollen wir einstweilen offen lassen. Offiziell heißt es seitens der apoBank: "Die Auszahlung der Dividende erfolgt frühestens zum 1. Oktober 2020, es sei denn, die Auszahlung ist zu diesem Zeitpunkt aus Sicht des Vorstands wirtschaftlich oder aus sonstigen Gründen (z. B. aufsichtsrechtliche Vorgaben) nicht vertretbar oder zulässig." – Kommen wir zum 2. Fall:

++ Die am 28. April corona-bedingt online tagende Vertreterversammlung der Volksbank Mittelhessen hat laut Pressemitteilung "mit einer Quote von 100 %… dem gemeinsamen Vorschlag von Vorstand und Aufsichtsrat zur Verwendung des Bilanzgewinnes sowie einer Dividende in Höhe von 5,5 % zugestimmt". Nach 'Bi'-Recherchen hatten die Vorstände Dr. Peter Hanker, Rolf Witezek, Hans-Heinrich Bernhardt und Dr. Lars Witteck dem am 1. April 2020 tagenden Aufsichtsrat die Dividendenzahlung vorgeschlagen. Mit einer Bilanzsumme von 8,288 Mrd. € einerseits und einem BVR-weit als Verbandsratsvorsitzender andererseits im besonderen Fokus der Bankenwelt stehenden VV Dr. Hanker kommt der VoBa Mittelhessen eine herausragende Vorbildrolle zu. Insofern sollte man auch in Gießen die dringende Empfehlung von BaFin-Exekutivdirektor Raimund Röseler kennen und vor allem beherzigen: "Wir europäischen Aufseher sind uns einig: Dividenden für das Geschäftsjahr 2019 sollen erst einmal bleiben, wo sie gerade am meisten gebraucht werden: Im Bankensektor." 

'Bi'-Zwischenfazit: Offen gesagt, wir halten die Beschlüsse der beiden Gremien von apoBank und Volksbank Mittelhessen vor allem aufgrund der "Empfehlung des BVR" v. 9. April, "die Entscheidung über die Auszahlung der Dividende … auf die Zeit ab Oktober 2020 zu verschieben", für einen genossenschaftlichen Affront. Beide Varianten der Dividende-Beschlüsse mögen formaljuristisch zulässig sein, in unseren Augen sind sie moralisch schlichtweg ein Skandal. Die beiden obersten Gremienvertreter, Prof. Dr. med. Frank Ulrich Montgomery für die apoBank und Prof. Dr. Hubert Jung für die VoBa Mittelhessen, treten den vielbeschworenen solidarischen Geist mit Füßen – und sollten sich dafür in Grund und Boden schämen!

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