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Auch bei der nächsten GDV-Präsidiumswahl dürften Maklerversicherer leer ausgehen

Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hat in der Vorwoche sein neues Logo präsentiert und feiert das enthusiastisch. Weniger Freude dürfte unter den Maklerversicherern herrschen mit Blick auf die Ende September anstehenden GDV-Präsidiumswahlen. Denn wie einer Antwort des Versichererverbandes zu entnehmen ist, wurden bisher keine Änderungen bei der Satzung oder dem Wahlverfahren vorgenommen, die den Einzug eines Maklerversicherer-Vertreters ins Präsidium fördern: Satzungsgemäß wird alle zwei Jahre im Rahmen der GDV-Mitgliederversammlung (MV) das Präsidium neu gewählt.

Zwar geht es um das höchste Gremium eines Versichererverbandes, aber auch für Versicherungsmakler wäre es von Vorteil, wenn ein anerkannter Vertreter der kleinen und mittleren Maklerversicherer im Präsidiumskreis (Produkt-)Themen der Maklerversicherer, Besonderheiten beim Vertriebsweg der unabhängigen Vermittler und stärkere Beachtung der Versicherungsmakler-Stellung bei der Lobbyarbeit adressieren könnte. Doch das scheint in der GDV-Spitze nicht gewollt zu sein.

Anders lässt es sich nicht erklären, dass es trotz jahrelangen Kampfes bisher kein Vertreter der kleinen und mittleren Versicherungsunternehmen (KMVU), die überwiegend mit unabhängigen Versicherungsvermittlern zusammenarbeiten, ins Präsidium geschafft hat. An den Maklerversicherern liegt das jedenfalls nicht – die konnten sich schon zweimal auf einen Kandidaten einigen (vgl. ‚vt‘ 31/18 und 36/20).

Im ersten Anlauf, da hatten die KMVU Dietmar Bläsing, Sprecher der Vorstände der Volkswohl Bund Versicherungen, ins Präsidium hieven wollen, könnte man das Timing der involvierten KMVU als nicht optimal bezeichnen. Als die geplante Kandidatur namentlich feststand, war die zum GDV-Prozedere gehörende Wahlliste bereits erstellt. Das Präsidium stellte ‚traditionell‘ für die bis zu 13 Wahlmitglieder eine Wahlliste auf, über die dann in der Mitgliederversammlung alle Mitglieder mit gleicher Stimme abstimmen.

Das hatte den Vorteil einer zügigen Wahldurchführung ‚en bloc‘. Allerdings hätte eine solche Liste auch erweitert werden können, so dass mehrere Bewerber zur Wahl stehen als Präsidiumsplätze zu vergeben sind. Denn weder eine auf 13 Personen begrenzte Wahlliste noch eine Wahldurchführung ‚en bloc‘ sind in der Satzung vorgeschrieben. Aber wohl um kein Öl ins Feuer zu gießen, zog Bläsing seine Kandidatur zurück:

Er habe den (damaligen) Vorsitzenden der Geschäftsführung des Verbandes, Dr. Jörg Freiherr Frank von Fürstenwerth, „darüber informiert mit der Ankündigung, bei der nächsten Wahl in zwei Jahren unter Wahrung aller Fristen und Formen erneut zu kandidieren“, bestätigte der Volkswohl Bund-Chef seinerzeit auf Anfrage der ‚vt‘-Redaktion (vgl. ‚vt‘ 36/18). Gesagt, getan, Bläsing zeigte 2020 rechtzeitig seine Kandidatur an. Im Lager der Maklerversicherer dürfte das mit der Hoffnung verbunden gewesen sein, nun endlich zum Zuge zu kommen.

Doch es kam anders. Im Gegensatz zur bisher üblichen und zuletzt auch 2018 praktizierten Vorgehensweise wurde nicht die übliche 13-köpfige Wahlliste für eine ‚en bloc‘-Abstimmung erstellt – plötzlich gab es 14 Kandidaten. Das Fass zum Überlaufen brachte dann die Stimmenanzahl: Jeder Wahlberechtigte hatte 13 Stimmen. Bei mehr als 13 Kandidaten für 13 Sitze stellt das aber für den Kandidaten eines kleineren Lagers einen großen Nachteil dar.

Die Rechnung ist einfach: Von den 460 Mitgliedern – hier zählt jedes Versicherungsunternehmen und nicht der Konzern – entfällt ein großer Batzen auf Konzerne, da diese meist mit diversen Töchtern am Markt aktiv sind. Um die Folgen zu verdeutlichen, nehmen wir beispielhaft eine Verteilung an, denn auf deren Exaktheit kommt es nicht an, sondern auf das Prinzip: 200 der an der MV teilnehmenden Mitglieder zählen zu den großen Konzernen, 80 zu den KMVU.

Wenn bei 14 Kandidaten jedes GDV-Mitglied eine Stimme hat, dann könnte bei Einigkeit im KMVU-Lager deren Kandidat auf 80 Stimmen hoffen. Zugleich können die anderen Kandidaten, selbst wenn wir den gesamten Rest von 380 Mitgliedern heranziehen, im Schnitt auf knapp 30 Stimmen kommen, jedenfalls können keinesfalls alle weiteren 13 Kandidaten besser abschneiden als der KMVU-Vertreter. Doch wenn jedes Mitglied 13 Kandidaten wählen darf, ist das Ergebnis genau umgedreht. Selbst wenn der Maklerversicherer-Kandidat von allen 80 KMVU und vereinzelt von weiteren Mitgliedern gewählt wird, bleibt er angesichts von 13 Stimmabgaben von 200 Konzernversicherern chancenlos.

Genau so ist es dann auch gekommen: Herbert Fromme wusste kurz nach der Wahl mit Bezug auf Angaben von Teilnehmern im Versicherungsmonitor (VM) am 29.09.2020 zu berichten, dass 320 Unternehmen an der Wahl teilgenommen hatten und auf Bläsing 165 Stimmen entfielen. Selbst wenn es für den VoBu-Chef, wie uns ein Versicherungsmanager anvertraute, ein paar Stimmen mehr waren, Platz 14 war das Ergebnis:13 von 14 Kandidaten wurden gewählt – der aus dem Lager der Maklerversicherer nicht („GDV-Präsidiumswahl endet mit schallender Ohrfeige für Maklerversicherer“; vgl. ‚vt‘ 41/20). Die Enttäuschung bei den KMVU war groß.

Neben dem Wahlverfahren gab es einen weiteren Kritikpunkt, der sich nur durch eine Satzungsänderung beheben lässt. Das GDV-Präsidium setzt sich aus den von der Mitgliederversammlung gewählten 13 Wahlmitgliedern und Mitgliedern ‚kraft Amtes‘ zusammen. Die insgesamt sechs Mitglieder ‚kraft Amtes‘ sind u. a. der Vorstandsvorsitzende des PKV-Verbandes und die Vorsitzenden der Präsidialausschüsse.

Das regelmäßige Resultat ist, dass mehrere Konzerne gleich doppelt im Präsidium vertreten sind. So stellen Allianz, Generali, R+V sowie Münchner Rück/Ergo auch im amtierenden Präsidium je zwei Mitglieder. Doppelbesetzungen stehen einer Meinungsvielfalt eher entgegen und deren Vermeidung könnte ein Ansatzpunkt sein. Eine einzelne Stimme im Gesamtpräsidium bringt die GDV-Politik nicht ins Wanken, würde aber Aspekte aus der Maklersicht einbringen.

Da hätte man den neuen Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen, der zum 01.10.2020 die Nachfolge von von Fürstenwerth antrat, vor der wichtigen Aufgabe stehen sehen können, eine Änderung der Satzung oder des Wahlverfahrens vorzubereiten und konsensfähig zu machen. Was also ist in den letzten 21 Monaten diesbezüglich passiert? Das hat ‚vt‘ den GDV-Hauptgeschäftsführer Asmussen gefragt:

++ Wurde die GDV-Satzung hinsichtlich der Wahl und Zusammensetzung des Präsidiums geändert oder befindet sich diese momentan in Überarbeitung und wird noch vor der nächsten Präsidiumswahl zur Abstimmung gestellt?  ++ Hat das Präsidium Maßnahmen ergriffen, die sicherstellen, dass die Präsidiumszusammensetzung mit Wahlmitgliedern und Mitgliedern kraft Amtes nicht dazu führt, dass aus einem Versicherungskonzern mehr als ein Mitglied dem maximal 19-köpfigen Präsidium angehört? Wenn ja, wie wird das sichergestellt? Wenn nein, warum nicht?  ++ Wurde das Wahlverfahren geändert oder bleibt es dabei, dass jeder Wahlberechtigte 13 Stimmen hat?

„Die Antworten auf Ihre Fragen finden Sie in der von den Mitgliedern beschlossenen Satzung des GDV, die zuletzt 2020 geändert wurde“, teilt ein GDV-Sprecher mit. Wenn man die durchleuchtet, heißt das ein ‚Nein‘ auf alle Fragen – das Präsidium hat weder bei der Satzung noch beim Wahlverfahren Maßnahmen zu Gunsten einer Wahl eines Vertreters der Maklerversicherer ergriffen. Denn die aktuell gültige Satzung von 2020 unterscheidet sich vom Vorgänger aus 2017 lediglich dahingehend, dass der Vorsitzende der Geschäftsführung des Verbandes nun als Hauptgeschäftsführer bezeichnet wird, und dass die Beendigung des Mandats des GDV-Präsidenten mit der Beendigung des 70. Lebensjahres verbunden wurde.

Es ist zwar im Vergleich zum Kernthema nur eine Marginalie: Wenn die GDV-Presseabteilung statt Antworten zu geben einem anfragenden Journalisten eine Satzung zuwirft, dann hat Daniela Werner, die seit Februar 2022 die Kommunikation des Versicherungsverbands leitet, noch viel Aufräumarbeit vor sich. Einem nach den im Jahr 2019 erbrachten Leistungen der Lebensversicherung fragenden Journalisten kann man die konkrete Zahl nennen oder das PDF zum statistischen Taschenbuch zumailen mit dem Hinweis, die Antwort finden Sie darin.

Dem Image des GDV förderlich ist letztere Vorgehensweise jedenfalls nicht. Viel Arbeit haben Werner und Asmussen, und damit schließt sich der Kreis zum Logo-Hinweis am Anfang des Berichtes, in den neuen Markenauftritt gesteckt, mit dem der GDV nach eigenem Bekunden „seine Rolle als verantwortungsvoller Zukunftsgestalter betonen“ will. „Der GDV soll in allen Facetten sichtbarer werden. Wir wollen gemeinsam mit unseren 460 Mitgliedsunternehmen unterstreichen, welche enorme Transformationskraft in unserer Branche steckt“, sagt Asmussen.

Und Frank Otto Dietrich, Gründer und Geschäftsführer der eingebundenen Agentur WLDX, unterstreicht: „Wir haben die strategische Kommunikation und den visuellen Auftritt in ungeheurer Geschwindigkeit weiterentwickelt. Das war nur mit exzellenten Teams, wenig Eitelkeiten und viel Post-Corona-Enthusiasmus möglich.“

Das wichtige Projekt Markenauftritt wurde also engagiert bearbeitet, das Ergebnis darf gefeiert werden. „Wahrscheinlich konnte man sich mit Sachfragen zur Satzung und dem Wahlverfahren gar nicht beschäftigen, weil man so wahnsinnig viel Arbeit mit dem neuen Erscheinungsbild hatte“, gibt ein Versicherungsmanager gegenüber ‚vt‘ zu bedenken. Ungeheure Geschwindigkeit und wenig Eitelkeiten – das wünscht sich so mancher Maklerversicherer wohl vom GDV-Präsidium.

‚vt‘-Fazit: Aus dem GDV-Verweis auf die 2020 geringfügig geänderte Satzung als Antwort auf die ‚vt‘-Fragen zur Präsidiumswahl wird man schließen müssen, dass das Präsidium und der Hauptgeschäftsführer das Problem einer ausgewogeneren Besetzung bisher nicht gelöst haben. Große Hoffnungen auf aus Sicht der Maklerversicherer positive Überraschungen bei der nächsten MV nährt das nicht.

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