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BDV-Beraterbefragung stellt IDD-Verbraucherschutzeffekt in Frage

Bis zum 1. Februar läuft die Befragung der europäischen Aufsichtsbehörde EIOPA (European Insurance and Occupational Pension Authority) zur IDD-Evaluierung, an der Sie als Versicherungsmakler bzw. Vermittler noch online teilnehmen können, um dort Ihre Vertriebsmeinung mit Nachdruck zu hinterlegen (vgl. 'k-mi' 01/21). Das Anliegen von EIOPA mit der Evaluierung der IDD in 2021 liegt darin begründet, ob die im Jahr 2018  vom deutschen Gesetzgeber umgesetzten Vorgaben, erwähnt sei hier die Versicherungsvermittlungsordnung (VersVermV), in der Praxis ihre gewünschten Ziele auch erreichen. Dr. Helge Lach, Stv. Vorsitzender des Bundesverbandes Deutscher Vermögensberater e. V. (BDV), zeigt sich irritiert über die Vorgehensweise: "Es darf bezweifelt werden, dass ein Zeitraum von zwei Jahren ausreicht, um die Wirkung regulatorischer Maßnahmen quantitativ zu messen, zumal es oft Sondereinflüsse gibt, aktuell zum Beispiel aus der Corona-Pandemie." Um sich jedoch ein besseres Marktbild zu verschaffen, hat das Deutsches Institut für Vermögensbildung und Alterssicherung (DIVA) der Fachhochschule der Wirtschaft (FHDW) im Auftrag des BDV im vergangenen Dezember 1.500 seiner Verbandsmitglieder (Vermittlerbetriebe nach § 34 d GewO) online befragt, von denen 826 an der Umfrage teilgenommen haben:

Im Zuge von IDD wurden die zuvor im Markt bewährten Bedarfsanalysen durch inhaltliche Vor-gaben verpflichtend. Jedoch 53,6 % der Umfrageteilnehmer hält die zwingend erforderliche Geeignetheitsprüfung nicht für zielführend. Die mehrheitlich skeptisch gestimmten Berater stufen die auf Versicherungsanlageprodukte begrenzte Bedarfsanalyse als störend und unpassend ein, weil hierbei nicht die gesamte finanzielle Situation des Kunden ins Blickfeld rückt. Um der Gesamtsituation des Kunden zu entsprechen, hält die Mehrheit der Befragten die von der Praxis entwickelten Analysen für den besseren Weg. Entsprechend bemängeln auch fast 83 % der Berater, dass sich ihr Beratungsaufwand mit Einführung der Geeignetheitsprüfung erhöht (37,3 %) bzw. deutlich erhöht (45,4 %) hatte. Den Beratungsbedarf stufen die Umfrageteilnehmer als sehr hoch ein. Nach Einschätzung der Vermittler würden über 90 % der Verbraucher ohne Beratung die falschen oder keine Versicherungsentscheidungen treffen. 63,9 % verneinen sogar durchweg die Fähigkeit des Verbrauchers, den Versicherungsbedarf ohne Unterstützung durch einen Berater ermitteln zu können.

Die eigenen Anforderungen an die Beratungsleistung gegenüber dem Kunden ist jedoch nur die eine Seite eines Beraters. Zunehmend anspruchsvoller und somit auch zeitintensiv gestaltet sich die regulatorische Komplexität der Beratung, wobei die IDD-Auswirkungen hier nur einen Teil davon darstellen. Die Kostensteigerung durch Regulatorik kalkuliert ein Drittel der befragten Vermittler in Summe mit mehr als 20 %. Bei knapp der Hälfte sind regulatorischen Kostenerhöhungen zwischen 10 bis 20 % eingetreten. Der BDV spricht von "durchweg existenzgefährdenden Entwicklungen". Denn hierbei gilt auch zu beachten: Je mehr Zeit für die neuen Anforderungen aufgewandt werden muss, desto häufiger fehlt sie an anderer Stelle wie bei Beratungsgesprächen, was zwangsläufig negativ auf die Umsatzseite durchschlägt. Dr. Lach erklärt hierzu: "Insgesamt begründet die Regulatorik eine Schere sinkender Umsätze und steigender Kosten, die den Marktzugang erschwert und viele tätige Vermittler zur Aufgabe ihres Geschäftsbetriebes zwingt." Innerhalb von acht Jahren hat sich die Anzahl der registrierten § 34 d GewO-Versicherungsvermittler bezeichnender Weise um fast ein Viertel (22,4 %) auf 197.437 (Stand 04.01.21) reduziert.

Von sehr hoher Relevanz ist spätestens seit den Lockdown-Zeiten die Digitalisierung im Versicherungsmarkt. Rund die Hälfte der Befragten ist der Meinung, dass gesetzliche Regelungen die Digitalisierung stark behindern, hingegen sagen ca. 40 %, diese beeinträchtige sie hier nicht. Dr. Lach stellt fest und fordert: "Die Pflichten zum Datenschutz, zur Legitimation, zur Information und zur Dokumentation haben die notwendige digitale Beratung der Kunden massiv erschwert und teilweise unmöglich gemacht. Bei Neufassung der IDD sollte im Vorfeld eine spezielle Evaluierung dieser Situation dazu genutzt werden, Vereinfachungen zu schaffen, die die rechtlichen Rahmenbedingungen besser auf eine digitale Beratung und Vermittlung ausrichten." Rund jeder dritte Befragte sieht in der eigenen Weiterbildungspflicht die größte Wirkung für den Verbraucherschutz. Weniger überzeugt sind mit über 60 % die Berater von der Geeignetheitsprüfung. Dem durch die IDD begründeten Kosten- und Renditeausweis sprechen 80 % der befragten Vermittler keinen hilfreichen Nutzen für den Verbraucher zu. Ein Teil der Verbraucher würde sich nicht einmal für die Kostenausweise interessieren. Insbesondere bei professionellen Privatkunden halten die Befragten den Kostenausweis (86,3 %) und die Geeignetheitsprüfung (80,7 %) für entbehrlich, andererseits halten 63,2 % die Beratungsdokumentation für am wenigsten verzichtbar. Für Dr. Lach steht damit fest: "Beim Kauf ohne Beratung ist der Verbraucher schutzlos. In einer neuen IDD sollte dem Rechnung getragen werden. Beratung ist notwendig und sinnvoll. Der beste Verbraucherschutz besteht darin, sie zu fördern und nicht sie durch Überregulierung immer weiter aus dem Markt zu drängen. Denn die Regulatorik ist die Hauptursache für das Vermittlersterben."

'k-mi'-Fazit: Ob die IDD-Regelungen zur Verbesserung der Beratungsqualität und zu mehr Verbraucherschutz beigetragen haben, ist zu bezweifeln. Fakt ist jedoch, die regulatorischen Anforderungen sind immens angestiegen und setzen damit den Versicherungs- und Finanzvertrieb von vielen Seiten aus unter Druck. Zu befürchten ist somit, dass die Beratungsqualität ab- statt zunimmt. Nutzen deshalb auch Sie die Gelegenheit bis Ende des Monats, um der europäischen Aufsichtsbehörde EIOPA Ihre Praxiserfahrungen (https://www.eiopa.europa.eu/content/survey-application-insurance-distribution-directive-idd_en?source=search) mitzuteilen, damit dort nicht allein die praxisferne Meinung der staatlich gefütterten Verbraucherschützer aufschlägt, die damit die eigentlichen Verbraucherschutzziele konterkarieren – obendrein auf Kosten der freien Berater!

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