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Bei der Frührente fällt fast die Hälfte durch das Raster und die anderen meist tief

Die Erwerbsminderungsrente (EM-Rente) ist ohnehin knapp bemessen, aber selbst die erhalten nur rund die Hälfte derjenigen, die offenbar zu krank zum Arbeiten werden. Wie der BU-Experte Matthias Helberg, Matthias Helberg Versicherungsmakler e.K./Osnabrück, aktuell mitteilt, hat er „erstmals alle wichtigen Rentensysteme verglichen“. Das Ergebnis liefert einen wichtigen Beratungsansatz für die Berufsunfähigkeitsversicherung: Es gibt zwar einzelne Statistiken der deutschen Rententräger, aber keine Summe der Fallzahlen über alle Rentensysteme. So erfasst die Deutsche Rentenversicherung (DRV) Daten zur Erwerbsminderungsrente, das Statistische Bundesamt (Destatis) liefert Zahlen zu dienstunfähig gewordenen Beamten und der GDV erhebt Daten zur BU. „Für Freiberufler, wie Ärzte und Rechtsanwälte, die in eigene Versorgungswerke einzahlen, liegen gar keine Zahlen vor“, moniert Helberg. Zudem lässt sich auch nicht erkennen, wie viele EM-Rentenbezieher sich zugleich über eine BU-Rente freuen können. Helberg hat sich die Zahlen für 2017 vorgenommen und genau hingeschaut:

++ Die DRV verzeichnete 350.547 Neuanträge. Eine EM-Rente bewilligt wurde in 177.059 Fällen – das ist eine Quote von lediglich 50,5 %. 147.974 wurden abgelehnt, weitere 25.514 wurden nicht entschieden oder fanden eine sonstige Erledigung  ++ Zu dienstunfähig gewordenen Beamten liefert Destatis nur die Zahl genehmigter – 10.030 Versorgungszugänge –, nicht aber beantragter DU-Renten  ++ Auf Basis von 82,8 % Marktanteil berichtet der GDV über 61.549 beantragte BU-Leistungsfälle, davon führten 41.041 zu einer BU-Rente (mit durchschnittlicher Höhe von 726 €/mtl., wobei nicht bekannt ist, wie viele Personen zwei BU-Verträge haben und zwei BU-Renten beziehen), 18.390 blieben ohne Leistung. Unter den Gründen für die Nicht-Leistung fallen zwei auf, die nachdenklich machen: „Keine Reaktion des Kunden“ führt in 5.563 Fällen zur Nicht-Leistung, „kein schriftlicher Leistungsantrag, daher keine Leistungsprüfung“ zu weiteren 4.192 Ablehnungen. Haben sich da BU-Kunden ohne Experten-Unterstützung im ‚Do-it-yourself‘-Verfahren um die BU-Rente gebracht?

Weitere erschreckende Zahlen der DRV: ++ Die durchschnittliche EM-Rente der Zugänge beträgt 716 € pro Monat (netto vor Steuern, nach Abzug des KVdR-/PVdR-Beitrages), bei voller EM-Rente waren es 754 €  ++ Das durchschnittliche Zugangsalter bei EM-Rentenzugängen betrug 51,9 Jahre. Das sind noch viele Jahre bis zur Altersrente. Über die Ablehnungsgründe und deren Berechtigung, insbesondere bei den EM-Rentenanträgen, liegt nichts Aussagekräftiges vor. Überwiegend wird man aber davon ausgehen dürfen, dass die meisten Antragsteller nicht kerngesund, sondern schlichtweg zu krank zum Arbeiten sind. Daraus ließe sich auch ein Zuwachs der auf Grundsicherung angewiesenen Bürger erklären. Daten gibt es zu EM-Rentenbeziehern, die trotz voller Erwerbsminderungsrente zusätzlich Grundsicherung beantragen müssen – eine seit Jahren wachsende Zahl, die mit Blick auf die durchschnittlich 754 € bei voller EM-Rente erklärbar wird: Laut Institut Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen waren das 514.737 Menschen im Jahr 2017. Helberg fasst die ‚gesetzlichen‘ und ‚privaten‘ Zahlen zusammen und kommt für das Jahr 2017 auf ein Maximum von rund 420.000 Menschen, die in dem Jahr zu krank zum Arbeiten wurden – „das entspricht in etwa der Gesamt-Einwohnerzahl von Chemnitz und Osnabrück“, rechnet der Versicherungsmakler vor. Lediglich rund 228.000 wurde  eine EM-/DU-/BU-Rente bewilligt. „Es ist erschütternd, wie viele Menschen in Deutschland allein in einem einzigen Jahr zu krank zum Arbeiten werden. Nicht weniger tragisch ist, mit wie wenig Rente gesetzlich Versicherte dann auskommen müssen – falls sie überhaupt etwas bekommen“, fasst Helberg zusammen und zeigt auf: „Der durchschnittliche Nettolohn eines Arbeitsnehmers lag im Jahr 2017 laut Statista bei 1.949 €. Einen Absturz auf durchschnittliche 716 € Erwerbsminderungsrente werden nicht viele verkraften können.“

‚vt‘-Fazit: „Ohne konkrete Zahlen wissen die Menschen nicht, was im Ernstfall auf sie zukommt“, konstatiert Versicherungsmakler Helberg. Eine übergreifende Datenerfassung und -auswertung unter Berücksichtigung aller Rentensysteme wäre daher sinnvoll. Fest steht: Wer zu krank zum Arbeiten wird, aber nicht privat vorgesorgt hat, fällt in ein finanzielles Loch. Helbergs Datenanalyse kann Lücken in den nicht verzahnten ‚gesetzlichen‘ und ‚privaten‘ Statistiken nicht vollständig schließen, sie liefert aber einen wichtigen BU-Beratungsansatz und Denkanstoß für transparentere Zahlen.

 

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