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BMF antwortet auf Schäffler-Anfrage zur von ‚vt‘ aufgedeckten Fehlinterpretation nebulös

Frank Schäffler, Vorsitzender der Arbeitsgruppe Steuern und Finanzen der Fraktion der Freien Demokraten, hat das Ergebnis unserer Recherche zur Fehlinterpretation der von der BaFin gelieferten Vergütungszahlen (vgl. ‚vt‘ 36/19) zum Anlass einer Anfrage an die Bundesregierung genommen. Schäffler verweist auf unsere Pressemitteilung vom 04.09.2019 und fragt nach den Erkenntnissen der Bundesregierung zu Fehlinterpretationen seitens des Bundesfinanzministeriums bzw. der BaFin „und welche Konsequenzen die Bundesregierung daraus zieht für die Einführung bzw. die Höhe eines Provisionsdeckels eben dieser Lebensversicherungen“.

Die Antwort erfolgt durch die kürzlich zur Parlamentarischen Staatssekretärin im BMF beförderten Sarah Ryglewski (vgl. ‚vt‘ 37/19): „Die Bundesregierung hat keine entsprechenden Erkenntnisse.“ Dann sollte u. E. das SPD-geführte BMF den GroKo-Partner CDU/CSU und die eigenen Bundestagsabgeordneten umgehend über die Hintergründe der gravierenden Fehlinterpretationen zu angeblichen Maximalprovisionshöhen von bspw. 10,76 % im Vertriebsweg Mehrfachagenten aufklären!

Doch nichts davon erfolgt. In der der ‚vt‘-Redaktion vorliegenden Antwort des BMF vom 17.09. heißt es weiter: „In der Datenerhebung zur Evaluierung des Lebensversicherungsreformgesetzes mussten die Lebensversicherungsunternehmen angeben, welche Abschlussprovisionen gemessen an den Bruttobeitragssummen an Versicherungsvermittler im Neugeschäft des Jahres 2017 gezahlt bzw. in Aussicht gestellt wurden.“

Das ist absolut korrekt, doch lesen wir weiter: „Aufgrund der Daten dieser Erhebung konnten Angaben zur Provisionshöhe bei der Vermittlung von Lebensversicherungen ermittelt werden, da der BaFin im Rahmen der regulären Berichterstattung bekannt ist, welche Versicherer Restschuldversicherungen in einem wesentlichen Umfang vertreiben.“ Der Teilsatz vor dem ersten Komma ist ebenfalls korrekt, denn u. a. die Ermittlung der LV-Provisionen war ja Gegenstand der Erhebung.

Auch der Teilsatz nach dem ersten Komma ist, wenn man ‚da‘ überliest, zutreffend, zumal die Aufsicht am 21.06.2017 den „Ergebnisbericht zur Marktuntersuchung Restschuldversicherungen“ veröffentlicht hat (vgl. ‚vt‘ 11/19). Aber konnten nun die Provisionshöhen ermittelt werden „aufgrund der Daten“ der LVRG-Erhebung oder „da der BaFin“ Kenntnisse zur Restschuldversicherung (RSV) vorliegen? Für uns sind diese Nebelkerzen ein Beleg, dass von dem gravierenden Fehler abgelenkt werden soll.

Grundsätzlich muss betont werden, dass die BaFin aufgrund der hochaggregierten Zahlen, so wie sie die Versicherer nach BaFin-Vorgaben im vierten Quartal 2017 liefern mussten, nichts rausrechnen konnten. Sie hätten allenfalls bei der Addition der Bruttobeitragssummen und der Provisionen die Zahlen derjenigen Versicherer weglassen können, die auf RSV spezialisiert sind.

Folgt man der Ryglewski-Antwort, geht es aber auch um Versicherer, die RSV „in einem wesentlichen Umfang vertreiben“. Soll das heißen, die BaFin hat mit dem dicken Daumen auch Zahlen von Versicheren rausgenommen, die bei einem Produktmix zwar viel RSV, aber eben auch durchaus andere Produkte wie BU und Renten anbieten?

Das würde ja schon mehr nach Datenmanipulation klingen, die wir der BaFin aber nicht unterstellen, zumal weder im LVRG-Evaluierungsbericht noch im BMF-Referentenentwurf auf so eine ‚Zahlenkorrektur‘ hingewiesen wird. Im Gegenteil. Auf Seite 13 des Evaluierungsberichts wird in Fußnote 33 klipp und klar die Aussage getroffen: „Die Angaben im Text beziehen sich auf die im Jahr 2017 geleisteten Zahlungen an Vermittler insgesamt.“

Doch was bedeutet das für die Veröffentlichung der von uns kritisierten Tabelle in der Antwort der Bundesregierung vom 10.05.2019 (Drucksache 19/10059) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion (vgl. ‚vt‘ 22/19), aus der angebliche Maximalprovisionshöhen ablesbar sind? Und für die (schlichtweg falsche!) Interpretation der Tabelle durch das BMF („Bei Gegenüberstellung der niedrigsten und höchsten in Rechnung gestellten Provisionen schwanken die Provisionen je nach Vertriebsweg zwischen 0,17 % und 10,76 % der Beitragssumme in der Spitze.“) in der (bis heute nicht veröffentlichten) Nachfolgeversion des Referentenentwurfs mit Bearbeitungsstand 14.06.2019 (vgl. ‚vt‘ 26/19)?

Rein gar nichts! Denn dies sind keine Maximalprovisionen, wie die BaFin auf Anfrage der ‚vt‘-Redaktion einräumte. Sie beruhen auf dem Einfluss der Restschuldversicherung, die von der BaFin bei der Erhebung zur LVRG-Wirksamkeit weder ausgeschlossen noch separat erhoben wurde, aber mit den beim LVRG im Fokus stehenden LV-Produkten mit Sparanteil nichts zu tun hat.

Entsprechend deutlich kommentiert der FDP-Finanzexpert Frank Schäffler: „Die Bundesregierung betreibt eine Vernebelungstaktik. Dabei sind die Vorwürfe der Falschberechnung sehr schwerwiegend. Minister Scholz soll endlich die genauen Zahlen darlegen, damit Klarheit herrscht.“

‚vt‘-Fazit: ++ Ein Fehler, den man eingesteht und korrigiert, ist kein Skandal. Zu einem Skandal wächst sich ein Fehler aber aus, wenn er vertuscht werden soll und unzutreffende Zahlen herangezogen werden, um einen nicht notwendigen LV-Provisionsdeckel zu begründen, der zur Existenzvernichtung von Versicherungsmaklerbetrieben und zur Vernichtung dortiger Arbeitsplätze der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Backoffice führt. Mit Gerechtigkeit hat das nichts zu tun 

++ Welche Konsequenzen die Bundesregierung aus der gravierenden Fehlinterpretation zu Maximalprovisionshöhen für die Einführung eines LV-Provisionsdeckels zieht, ist eine höchst berechtigte Frage, die dringend einer Antwort bedarf.

 

 

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