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BMF: Nimmt BaFin in wichtige Manndeckung

Die von BMF und BaFin am 17.05.2022 bekanntgegebenen „neuen Grundsätze der Zusammenarbeit“ bedeuten nach unserer Auffassung, sehr verehrte Leserin, sehr geehrter Leser, dass die BaFin sich beim angekündigten Provisionsrichtwert mit dem BMF abstimmen muss (vgl. ‚vt‘ 21/22). Eine ‚vt‘-Anfrage bei der Aufsicht zum ausstehenden Provisionsrichtwert-Rundschreiben brachte nur in Teilen Klarheit (vgl. ‚vt‘ 23/22).

„Die Details der finalen Ausgestaltung des Rundschreibens zur Vertriebsvergütung“ würden derzeit erarbeitet. Dabei sei es Ziel, „die Anforderungen durch die IDD – eine ohnehin bestehende Rechtslage – für den Aufsichtsalltag durch die Kommunikation unseres Verständnisses dieser Rechtslage zu konkretisieren“. Da das kein klares ja oder nein ist, zugleich aber unser Verständnis zur Wirkung eines per Rundschreiben verkündeten Provisionsrichtwertes bekräftigt wurde, haben wird das BMF um eine Einschätzung gebeten, ob es sich bei dem diskutierten Provisionsrichtwert um eine Verfügung mit standardsetzendem Charakter für den Markt handelt und ob das BMF entsprechend zu beteiligen wäre.

Das BMF erläutert auf ‚vt‘-Anfrage zunächst den gesetzlichen Hintergrund: „Laut § 48a des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) darf die Vertriebsvergütung von Versicherungsunternehmen und deren Angestellten nicht mit ihrer Pflicht kollidieren, im bestmöglichen Interesse der Kundinnen und Kunden zu handeln. Die BaFin plant derzeit, in einem Rundschreiben ihre Verwaltungspraxis zur Anwendung des § 48a VAG zu erläutern. Dies soll aus Sicht der BaFin dazu beitragen, möglichen Fehlanreizen in der Vertriebsvergütung besser vorzubeugen.“ Einer gesetzgeberischen Befugnis erteilt das BMF sodann klipp und klar eine Absage:

„§ 48a VAG ermöglicht es der BaFin nicht, anstelle des Gesetzgebers einen Provisionsdeckel festzulegen oder eine großflächige Preisregulierung vorzunehmen.“ Jedoch könne „die Höhe der Vergütung Anhaltspunkte für mögliche Fehlanreize geben, denen die BaFin im Einzelfall nachgeht. Nach Angaben der BaFin soll das von der BaFin geplante Rundschreiben, das sie zuvor zur Konsultation stellen will, auf diesen Aspekt abzielen. Die Prüfung der Erforderlichkeit und der eventuellen Ausgestaltung eines Rundschreibens ist zunächst Aufgabe der BaFin. Eine Vorfestlegung des BMF gibt es hierzu bisher nicht.“ Abschließend betont das Ministerium: „Das BMF wird sich im Rahmen der Zusammenarbeit und unter Berücksichtigung der fachlichen Expertise der BaFin die Vorschläge der BaFin ansehen.“

Die BMF-Auffassungen vertritt die von ‚vt‘ koordinierte Bundesarbeitsgemeinschaft zur Förderung der Versicherungsmakler (BFV) schon seit längerem: Die BaFin ist nicht zu regulatorischen Maßnahmen befugt, die dem Parlamentsvorbehalt unterliegen. Und wenn ein Versicherer eine sittenwidrig hohe Provision zahlt, sollte die BaFin im Rahmen der Missstandsaufsicht nach § 48a VAG entsprechend tätig werden.

Die Antworten des BMF spiegeln auch das, was Dr. Florian Toncar (FDP), Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen, bereits in der gemeinsamen Pressemitteilung von BMF und BaFin am 17.05.2022 sagte: „Wenn es um Einzelfallentscheidungen gegenüber Finanzmarktteilnehmern geht, hat die BaFin besondere Sachkompetenz. Sie ist näher dran.“ Bei der Standardsetzung soll die BaFin aber in Manndeckung genommen werden: „Dort hingegen, wo losgelöst vom Einzelfall Standards für den Markt gesetzt werden, ist es notwendig, dass BMF und BaFin eng kooperieren.“

Wie eng das BMF die BaFin in Manndeckung nimmt, bleibt zwar noch abzuwarten. Da es faktisch aber so ist, dass die Rundschreiben der BaFin für die beaufsichtigten Unternehmen eine verbindliche Wirkung haben, fällt die Wirkung eines per Rundschreiben verkündeten Provisionsrichtwertes u. E. unter Punkt 5 der Grundsätze. Es müsste also eine Abstimmung mit dem BMF erfolgen. Ohnehin: Ein Provisionsrichtwert stellt u. E. einen schwerwiegenden Markteingriff dar und müsste wie ein Provisionsdeckel dem Parlamentsvorbehalt unterliegen.

‚vt‘-Fazit: Das BMF wird sich den Provisionsrichtwert-Vorschlag der BaFin sicher nicht nur ansehen, sondern auch bewerten. Es ist gut, dass das BMF Klartext redet: § 48a VAG ermöglicht es der BaFin nicht, anstelle des Gesetzgebers einen Provisionsdeckel festzulegen oder eine großflächige Preisregulierung vorzunehmen.

Ausgestaltung und Wirkung des Provisionsrichtwertes werden bei der Konsultation des Rundschreibens eine wichtige Rolle spielen, dabei werden wir uns gemeinsam mit der Bundesarbeitsgemeinschaft zur Förderung der Versicherungsmakler für Verbraucher und Versicherungsmakler einsetzen.

Wenn es schwarze Schafe gibt, die mit höheren Provisionen die durchschnittliche Vergütungshöhe anheben, dann muss die BaFin sich diese schwarzen Schafe vornehmen und darf nicht alle anderen seriösen Marktteilnehmer in Sippenhaft nehmen.

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