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Deutsche Oel & Gas: Letzter Rettungsanker Riga?

Riga, die Hansestadt mit dem Ehrentitel "Reformationsstadt Europas" und Hauptstadt Lettlands, mag bei kulturinteressierten Touristen als Reisegeheimtipp durchgehen. Doch als Börsenplatz ruft die baltische Stadt bei Aktionären keine klangvollen Töne hervor. Auch Kay Rieck, Vorstand der Deutsche Oel & Gas AG (DOGAG)/Stuttgart, hätte sich vor einigen Jahren vermutlich in einem falschen Film gefühlt, wenn er sich darin an der dortigen Börse widergefunden hätte. Schließlich schwebt(e) Rieck vor, mit seiner Deutsche Oel & Gas S. A. (DOGSA), der Muttergesellschaft der DOGAG und deren Hauptanteilseigner er ist, durch den MDAX in den DAX zu rauschen, wie Rieck gerne zu erzählen vermochte. Ein gewisser Größenwahn mag als Grundlage für spätere Großtaten förderlich sein, dieser kann aber mindestens ebenso schnell zur Bruchlandung führen. Was ist passiert, weshalb das Ziel vom Frankfurter Parkett für den ehemaligen Börsenbroker an der New York Stock Exchange als auch den beteiligten Investoren zum turbulenten Himmelfahrtskommando geworden ist und nun nach zwei gescheiterten Versuchen im vergangenen Jahr  endlich zum angepeilten Listing der DOGSA an der Börse Riga führen soll?

Wir blicken zunächst zurück: Im Sommer 2017 stand dem Infrastrukturprojekt der DOGSA in Alaska (vgl. 'k-mi' 32/17) das Wasser bis zur Halsoberkannte, wenn nicht bereits darüber hinausgehend. Anfang September wurden die Anleihegläubiger der unternehmenseigenen Inhaberschuldverschreibungen per schriftlichem Beschlussverfahren zur Abstimmung gebeten, u. a. um jährlich fällige Zinszahlungen auf die Endfälligkeit und auch den ursprünglichen Rückzahlungstermin gleich mit in die fernere Zukunft zu verschieben. Die Inhaberschuldverschreibungen aus den Jahren 2014/15 versprachen im Anleihen-Marktvergleich exorbitant hohe 12 % und die Papiere aus 2016  den Anlegern gar 18 % Zinsen. Und das besondere 'Geschmäckle' an der Abstimmungs-Hauruck-Aktion war, dass die Anleihegläubiger alleine bei neun uns bekannten Anleihen bereits fällig gewordene Zinszahlungstermine rückwirkend per Beschlussfassung cancelten. Dass  die DOGAG vermutlich den Zinszahlungen im vergangenen Jahr zumindest nicht in voller Höhe hätte nachkommen können, weil dem Unternehmen die vom US-Bundesstaat Alaska zugesagten Tax Credits-Zahlungen unverhofft vorenthalten wurden, dürfte naheliegend sein. Jedenfalls schien das Team um Kay Rieck vom Abstimmungserfolg bei den Investoren überzeugt gewesen zu sein, schließlich wurde nichts darüber bekannt, dass man vorsichtshalber beim Insolvenzverwalter bereits vor der Stimmauszählung der Gläubiger angeklopft hatte. DOGAG-Boss Rieck verneint gegenüber 'k-mi' die Frage, ob im Sommer 2017 die Situation einer Zahlungsunfähigkeit bestand:

 „(…) Aus kaufmännischer Vorsicht wurde die Liquiditätsplanung der Deutsche Oel & Gas AG an neue Gegebenheiten angepasst. Bekanntlich waren die Tax Credits des Staates Alaska immer eine Säule der Unternehmensfinanzierung. Damals standen der Deutsche Oel & Gas-Gruppe Tax Credits von mehr als 160 Millionen US-Dollar zu. Die Ansprüche aus den Tax Credits wurden dem Grunde und der Höhe nach von einem Wirtschaftsprüfer bestätigt. Allerdings hat sich die Auszahlung aufgrund der in den vergangenen Jahren stark gesunkenen Einnahmen des US-Bundesstaats Alaska und der damit verbundenen angespannten Haushaltslage mehrfach verändert und verzögert.“  Jedenfalls ging aus Sicht der Company alles glatt, denn bei allen Anleihen wurde die notwendige Stimmrechtsmehrheit für die Beschlussvorlagen erreicht, so besagen es die kommunizierten Ergebnisse.

Doch was auf dem Papier so eindeutig aussehen mag, lässt bei 'k-mi' die Warnlampen anspringen: 'k-mi' liegen von 14 Inhaber-Schuldverschreibungen der DOGAG die „Bekanntmachung der Beschlüsse der schriftlichen Abstimmung ohne Versammlung“ vor. In allen Bekanntmachungen heißt es unisono, dass  „(…) mit einem beschlussfähigen Quorum teilgenommen und mit der erforderlichen Mehrheit von mindestens 75 % der teilnehmenden Stimmrechte gemäß § 5 ABS. 4 Satz 2 SchVG, folgendes beschlossen haben (...).“ Ob Anleihegläubigern darüber hinaus mitgeteilt wurde, wie viele  Stimmrechte sich tatsächlich an der Abstimmung beteiligt haben und vor allem, wie genau wurde überhaupt abgestimmt, ist uns nicht bekannt. Mit 'k-mi' in Kontakt stehende Anleihegläubiger kennen jedenfalls nur diese höchst pauschale Information zu ihrer Anleihe. Was sehr verwundern mag, denn warum nennt der Anbieter keine klaren Abstimmungsergebnisse? Denn ist daran möglicherweise was faul?

Blicken wir auf die Inhaberschuldverschreibung A15, eine 18 % Ramsch-Unternehmensanleihe, deren Zinsen in dieser Höhe eigentlich zum 30.06.2017 längst fällig waren, bis die Beschlussvorlage wenige Monate später alles rückwirkend über den Haufen warf – mit mindestens 75 %-Zustimmung der Gläubiger, so die Aussage der DOGAG aus Oktober 2017. Aus dem 'k-mi' vorliegenden Gläubigerverzeichnis entnehmen wir jedoch große Auffälligkeiten. Demnach hält die Alecto Ltd./Dubai eine Anzahl von 480 Stimmen (= 0,48 Mio. €) was einer Gewichtung von 5,7 % an der gesamten Anleihe entspricht. Die Aletco Ltd., deren alleiniger Gesellschafter Kay Rieck ist, ist mit 76 % zugleich der größte und damit bestimmende Anteilseigner der DOGSA. Darf ein solcher Anleihegläubiger, der als zweitgrößter im Gläubigerverzeichnis geführt wird, überhaupt wirksam bei den Änderungen der Anleihebedingungen abstimmen, da er aus unserer Sicht auf beiden Seiten steht? Die DOGAG steht allerdings auf dem Standpunkt, das Rieck an Inhaberschuldverschreibungen des eigenen Unternehmens überhaupt nicht beteiligt ist: „Herr Rieck ist weder unmittelbar noch mittelbar über Treuhänder Inhaber von Schuldverschreibungen der Deutsche Oel & Gas AG“, so lässt es uns der Chairman selbst wissen. Eine Aussage, die uns doch sehr verwundert. Frei nach dem Motto, als ob ihn die Beteiligung seiner Aletco an der Anleihe nicht betreffe.

Die Ungereimtheiten nehmen nun volle Fahrt auf: Laut Gläubigerverzeichnis der A15 wird dort als größter und damit beherrschender Gläubiger der A15 mit 7.045 Stimmen (84,3 %) ein Reinhardt Schuster/Dubai aufgeführt. Ehemalige Anleger der Energy Capital Invest (ECI)-Fonds, über die Rieck mehr als 300 Mio. € für sein Alaska-Projekt einsammelte, können sich vielleicht an diesen Namen noch erinnern. Denn Schuster war dort als Geschäftsführer der ECI Komplementär GmbH & Co. KG aktiv gewesen. Die enge Verbindung zwischen den beiden lässt sich auch an der Kai Rieck & Reinhardt Schuster Energy Capital Invest Oil & Gas GbR/Stuttgart ablesen, die Beteiligungen an fünf Unternehmen der Global Oil & Gas Invest aus dem Rieck-Imperium hielt. Auch lässt sich noch eine Kay Rieck & Reinhardt Schuster in GbR/Stuttgart ausfindig machen. Ist es also möglich, dass Schuster, der auch in Stuttgart ortsansässig gemeldet scheint, bloß treuhänderisch die A15-Anteile für Rieck in Dubai hält?

Laut eines 'k-mi'-Informanten soll Schuster sogar der Statthalter in der 2-Mitarbeiter-Finanzholding Aletco sein. Das Dementi folgt sofort. Über die DOGAG erklärt Chairman Rieck: "Über die Höhe des Investments von Herrn Schuster und anderen Investoren wollen und dürfen wir keine Auskunft geben. Dass sich enge Geschäftspartner als Investoren beteiligen, ist nicht verboten. Im Gegenteil: Unsere Geschäftspartner kennen das relevante Geschäft und sind für uns als Investoren sehr wichtig." Auch von der Aletco in Dubai erhalten wir Auskunft: "Auf Ihre Anfrage möchten wir Ihnen bestätigen, dass Herr Reinhardt Schuster weder Organ noch Gesellschafter der Aletco Ltd. ist", erklärt dort Rieck wiederum als Unterzeichner des Briefes. Leider findet sich unter der Unterschrift von Rieck keine Angabe zu dessen eigentlicher Funktion für diese Gesellschaft. Ebenso enthält der Briefbogen außer der Anschrift in Dubai keine Hinweise auf mögliche aktuelle Funktionsträger. Ganz zu schweigen von evtl. zwischenzeitlich (oder kurzfristig?) wieder Ausgeschiedenen.

'k-mi'-Fazit: Wenn 80 % der Stimmrechte bei einer Anleihe mit dem Lager des Schuldners mehr oder weniger verwoben sind, so sehen wir darin einen extrem hohen Interessenkonflikt. Erst recht, wenn von einer solchen Abstimmung das Überleben des Schuldners davon abhängen könnte. Wir empfehlen allen DOGAG-Anleihegläubigern, sich ein Gläubigerverzeichnis geben zu lassen, um zu erfahren, wer in der eigenen Anleihe das Sagen hat. Für diesen Herbst scheint Rieck einen neuen Anlauf für ein Listing der DOGSA anzustreben. Will er sich dabei nicht ein drittes Mal eine blutige Nase abholen, sollte er endlich mit der Wahrheit herausrücken bzw. diese belegen. – Wie steht es um die Deutsche Oel & Gas wirklich? 'k-mi' bleibt für Sie am Ball.

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