– von Dr. Paul Schultess, Jonas Philipp Burckgard und Dr. Jörg Streißle, Annerton Rechtsanwaltsgesellschaft mbH/München –
Influencer, die über Social Media Produktempfehlungen abgeben, betreiben damit ein längst allgegenwärtiges Geschäftsmodell. Immer aktiver sind dabei die sog. Finfluencer, also in Social Media tätige Influencer, die über Finanzthemen informieren und ihren Followern mal mehr und mal weniger fundierte Ratschläge zu Kapitalanlagen, Sparstrategien oder Altersvorsorge geben. Die BaFin hat am 10.02.2025 ihr überarbeitetes Merkblatt zum Tatbestand der Anlageberatung veröffentlicht und dabei vor allem die Frage beantwortet, inwiefern Finfluencer die erlaubnispflichtige Tätigkeit der Anlageberatung erbringen.
Finfluencer regelmäßig ohne "persönliche Empfehlung an Kunden"
Anlageberatung erbringt, wer gegenüber Kunden persönliche Empfehlungen abgibt, die sich auf Geschäfte mit bestimmten Finanzinstrumenten beziehen, sofern die Empfehlungen auf eine Prüfung der persönlichen Umstände des Anlegers gestützt sind oder als für ihn geeignet dargestellt wird und nicht ausschließlich über Informationsverbreitungskanäle oder für die Öffentlichkeit bekannt gegeben wird.
Für Finfluencer hat die BaFin nun bestätigt, dass diese regelmäßig keine Anlageberatung erbringen und ihre Tätigkeit damit keiner Erlaubnispflicht unterliegt. Der Tatbestand der Anlageberatung wird durch den typischen Finfluencer, der sich über seine Social-Media-Kanäle mit einem Post/Video an die Gesamtheit oder eine Vielzahl seiner heterogenen Follower richtet, in mehrfacher Hinsicht nicht erfüllt.
Mangels unmittelbaren Kontakts zu den Followern gibt es schon keine "Abgabe von persönlichen Empfehlungen an den Kunden". Wer allen/vielen seiner Followern bestimmte Finanzinstrumente empfiehlt, stützt dies nicht auf eine "Prüfung der persönlichen Umstände des Anlegers" und wird das betreffende Produkt auch kaum "für ihn" – also den jeweils einzelnen Follower – als "geeignet" darstellen. Hinzu kommt, dass Finfluencer gerade als Paradebeispiel dafür herangezogen werden können, dass jemand Empfehlungen üblicherweise "ausschließlich über Informationsverbreitungskanäle oder für die Öffentlichkeit" bekannt gibt.
Achtung: Werbung nur für erlaubte Geschäfte!
Mit ihrer Einordnung hat die BaFin nun Klarheit für der Frage nach der etwaigen Erlaubnispflicht geschaffen. Sie hat aber auch klargestellt, dass Finfluencer, die für unerlaubte/verbotene Geschäfte werben, dennoch Adressat von etwaigen BaFin-Maßnahmen sein können. Soweit Finfluencer durch ihre Empfehlungen für Produkte von Unternehmen werben, die wiederum ohne entsprechende Erlaubnis (für Bankgeschäft, Finanz- oder Wertpapierdienstleistungen) tätig sind, sind sie durch ihre Werbetätigkeit und damit verbundene Marktansprache regelmäßig in diese unerlaubte Tätigkeit miteinbezogen. Die BaFin kann dann insoweit auch gegen den jeweiligen Finfluencer vorgehen (Befugnisse der BaFin "gegenüber dem Unternehmen, das in die Anbahnung, den Abschluss oder die Abwicklung dieser Geschäfte einbezogen ist", § 37 Abs. 1 Satz 3 KWG).
Ausblick – keine vollständige Entwarnung
Eine vollständige Entwarnung bezüglich der Erlaubnispflicht gibt die BaFin den Finfluencern mit dem überarbeiteten Merkblatt noch nicht – unter welchen Bedingungen Finfluencer die ebenfalls erlaubnispflichtige Anlagevermittlung betreiben, ist noch zu klären. Im Update ihres Merkblattes zum Tatbestand der Anlageberatung bestätigt die BaFin, dass Finfluencer regelmäßig keine Anlageberatung erbringen und ihre Tätigkeit damit insofern keiner Erlaubnispflicht unterliegt.
Die Neufassung des Merkblattes stellt dennoch mitnichten einen Freibrief für Finfluencer dar. Die BaFin selbst stellt klar, dass Finfluencer, die für unerlaubte/verbotene Geschäfte werben, Adressat von aufsichtsrechtlichen Maßnahmen sein können, nämlich dann, wenn sie für Produkte von Unternehmen werben, die ohne entsprechende aufsichtsrechtliche Erlaubnis tätig sind.
Ob Finfluencer gegebenenfalls andere Erlaubnistatbestände erfüllen, bewertet die BaFin nicht. In Betracht kommt hier insbesondere die Anlagevermittlung. Auf europäischer Ebene finden aktuell Bestrebungen statt, für die Tätigkeiten von Finfluencern einen aufsichtsrechtlichen Rahmen zu definieren.
Finfluencer als Anlagevermittler
Anlagevermittlung erbringt, wer Geschäfte über die Anschaffung und die Veräußerung von Wertpapieren vermittelt. Der BaFin zufolge kann bereits die Tätigkeit als Bote, der eine Order zum Erwerb oder der Veräußerung eines Finanzinstrumentes weiterleitet, den Tatbestand der Anlagevermittlung erfüllen. Hieran dürfte es jedoch bei der bloßen namentlichen Nennung eines Finanzdienstleisters oder das Setzen eines Links auf dessen Website allermeist fehlen.
Preist der Finfluencer hingegen ein spezifisches Finanzinstrument gegenüber seinen Followern an und stellt dessen – vermeintliche – Vorzüge dar, kann hierin ein Einwirken auf Anleger gesehen werden, damit diese eben dieses Finanzinstrument erwerben. Erhält der Finfluencer für die "über ihn kommenden" Geschäftsabschlüsse eine Provision, vermutet die BaFin, dass die Anlagevermittlung erbracht wird und eine Erlaubnispflicht besteht.
Finfluencer als Ersteller / Weitergeber von Anlageempfehlungen nach der MAR
Selbst ohne den Tatbestand der Anlageberatung oder -vermittlung zu erfüllen, können Finfluencer aufsichtsrechtlichen Pflichten unterliegen. Werden Finfluencer für die Weitergabe von Anlagestrategieempfehlungen oder Anlageempfehlungen im Sinne der Europäischen Marktmissbrauchsverordnung (EU) 596/2014 (MAR) als verantwortlich betrachtet, unterliegen sie Anzeigepflichten gegenüber der BaFin. Kommen sie diesen nicht nach, drohen empfindliche Bußgelder in Höhe von bis zu 50.000 €. Darüber hinaus können Finfluencer verpflichtet sein, sich so zu organisieren, dass Interessenkonflikte möglichst gering ausfallen. Wird ein Finfluencer in Abhängigkeit der von ihm angestoßenen Transaktionen vergütet, dürfte dies eine Herausforderung darstellen.
Finfluencer im Fokus der EU
Mit dem Ausschuss für Wirtschaft und Währung des Europäischen Parlamentes (ECON) nahm sich im April 2024 erstmals der (europäische) Gesetzgeber des Themas der Finfluencer an. Der ECON erkannte in seiner Stellungnahme zum Entwurf der Europäischen Kommission für eine Richtlinie zur Stärkung des Schutzes von Kleinanlegern ausdrücklich die Bedeutung von Finfluencern auf die jüngeren Generationen und die damit einhergehenden Chancen, aber auch Risiken an. Die Vorschläge des ECON enthalten neben einer Legaldefinition des Begriffes 'Finfluencer' auch konkrete Maßnahmen zur Regulierung deren Tätigkeiten: Sowohl Wertpapierfirmen als auch Versicherer sollen verpflichtet werden, Art und Umfang der Aktivitäten eines für sie tätigen Finfluencers vertraglich genau festzulegen. Regelmäßig sollen sie sich – wohl durch entsprechende Prüfungshandlungen – versichern, dass 'ihre' Finfluencer bei der Ansprache von Followern die Grundsätze einer redlichen, eindeutigen und nicht irreführenden Kommunikation beachten und die Aussagen zu beworbenen Produkten hinsichtlich der dargestellten Vorteile und Risiken ausgewogen sind.
Allgemeine Anforderungen bleiben unberührt
Eine etwaige Erlaubnispflichtigkeit und die bereits bestehenden und geplanten Regulierungsmaßnahmen der Tätigkeit von Finfluencern entbinden diese nicht von der Einhaltung der allgemeinen Anforderungen an die Tätigkeit und den Auftritt von Influencern, wie sie bspw. der Medienstaatsvertrag (MStV) aufstellt.
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