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Die SPD will den Einstieg in die permanente Absenkung der Provisionen

Die FDP-Bundestagsfraktion, u. a. mit Bettina Stark-Watzinger, Frank Schäffler und Dr. Florian Toncar, hatte am 23.04.2019 eine Kleine Anfrage zum „Referentenentwurf für ein Gesetz zur Einführung eines Provisionsdeckels für Lebensversicherungen und Restschuldversicherungen“ (BT-DrS 19/9591) an die Bundesregierung gestellt. Die Antwort namens der Bundesregierung durch das SPD-geführte BMF (BT-DrS 19/10059 vom 10.05.2019) entlarvt das Problem von BMF/SPD, keine sachgerechten Argumente mit Fakten und Daten liefern zu können – und offenbart das Ziel der Abschaffung der Provisionsberatung:

Die FDP wollte wissen, „wie hoch die ‚wünschenswerte Senkung‘ der Abschlussprovisionen“ hätte ausfallen müssen, nachdem im Referentenentwurf moniert werde „die Absenkung der tatsächlich entstandenen Kosten für einen Abschluss lasse zu wünschen übrig“. Das BMF verweist auf die Begründung im Referentenentwurf: „Das LVRG hat den Höchstzillmersatz nach der Deckungsrückstellungsverordnung von 40 ‰ auf 25 ‰ gesenkt und hiermit die Höhe der Abschlusskosten, die im Rahmen der Zillmerung gedeckt werden können, herabgesetzt, und zwar um weit mehr als 30 %. (…) Allerdings sind die tatsächlich entstandenen Abschlusskosten im Vergleich zur Lage vor dem LVRG nur um rund 5 % zurückgegangen. Dieser geringfügige Rückgang hat nicht zu der mit dem LVRG intendierten Kostenreduzierung (und damit Renditesteigerung) geführt.“

Den krassen Fehler, aus der Höhe der Herabsetzung des Höchstzillmersatzes (37,5 %) auf eine gewünschte Höhe der Vergütungsreduzierung zu schließen, hatte bereits die Bundesarbeitsgemeinschaft zur Förderung der Versicherungsmakler (BFV) in ihrer Stellungnahme entlarvt und kritisiert, dass dies „in mehrfacher Hinsicht nicht sachgerecht“ ist (vgl. ‚vt‘ 19 und 20/19): „Während die prozentuale Herabsetzung der bilanziellen Anrechenbarkeit von Abschlusskosten in Höhe von 37,5 % für alle Produkte und Vertriebswege gilt, ist eine vergleichbare prozentuale Senkung der gezahlten Abschlussvergütungen nicht möglich.“ Werde die prozentuale Herabsetzung des Höchstzillmersatzes mit der prozentualen Vergütungsreduzierung verglichen, dann sei das ein Vergleich von Äpfeln mit Birnen. „Mithin laufen auch darauf aufgebaute Schlussfolgerungen, die einen LV-Provisionsdeckel begründen sollen, ins Leere“, so die BFV.

Ist das Verkennen oder Ignorieren von Fakten bereits schlimm, liefert eine Ergänzung des BMF in der Antwort an die FDP eine klare Kampfansage zur Abschaffung der Provisionsberatung: „Die Höhe der Abschlussprovisionen müssen auf ein Niveau gesenkt werden, das die bisherigen Erfolge des LVRG im Hinblick auf die Absenkung der Abschlusskosten verstetigt und verbessert.“ Das bedeutet im Klartext: Der Erfolg der Absenkung der Abschlusskosten soll beständig gemacht werden. Nicht das jetzige Absenkungsniveau soll bewahrt werden – das lässt ja „zu wünschen übrig“ –, sondern die Absenkung soll beständig erfolgen. Wohin? Die natürliche Grenze liegt bei ‚Null‘ Vergütung!

Dabei hat das BMF offenbar noch nicht einmal konkrete Vorstellungen von der Höhe der Renditesteigerung durch sinkende Provisionen. Auf die Frage der FDP, „um wie viel höher die Renditen für Lebensversicherungen nach Einführung eines Provisionsdeckels nach Schätzung der Bundesregierung ausfallen“ werden, lautet die Antwort:

„Die Auswirkung des vorgesehenen Provisionsdeckels auf die Rendite ist von einer Vielzahl von Parametern abhängig, die sich nicht allesamt abschließend bestimmen lassen. Eine generelle Aussage, wie sich die im Referentenentwurf vorgesehene Deckelung auf die Rendite auswirkt, lässt sich daher nicht treffen.“ Richtig ist, dass die Renditeentwicklung von mehreren Parametern abhängt. Neben verschiedenen Kostenpositionen ist das insbesondere die Verzinsung. Und diese vorhersagen zu wollen, wäre ein Blick in die Glaskugel. Das aber kann die FDP nicht gemeint haben, sondern sachlogisch eine Auswirkung des Provisionsdeckels, wenn die anderen Parameter unverändert bleiben.

Eine solche Berechnung anhand eines Modellfalls hat die BFV dem BMF in der Stellungnahme (https://tinyurl.com/y44phhjj) geliefert: ++ Eine 32jährige Person schließt ein klassisches LV-Produkt ab, Jahresbeitrag 1.200 €, Laufzeit 35 Jahre, keine Risikoabsicherung/BUZ. Bei einer konstanten jährlichen Verzinsung von 2,5 % resultiert bei einer Abschlussvergütung von 40 ‰ eine Ablaufleistung von 56.371 € (Rendite 1,62 %), bei einer Abschlussvergütung von 25 ‰ beträgt die Ablaufleistung 57.940 € (Rendite 1,76 %).

Der Renditeunterschied bei einer Absenkung der Abschlussvergütung von 40 ‰ auf 25 ‰ – also um 37,5 % – beträgt 0,14 %-Punkte! ++ Bei einer Abschlussvergütung von 40 ‰ resultiert bei einer konstanten jährlichen Verzinsung von 2,5 %, wie zuvor aufgeführt, eine Ablaufleistung von 56.371 € (Rendite 1,62 %). Beträgt die Verzinsung 4,5 %, dann beläuft sich die Ablaufleistung auf 83.717 € (Rendite 3,63 %) und bei einer Verzinsung von 6,5 % beträgt die Ablaufleistung 127.465 € (Rendite 5,63 %). Der Renditeunterschied bei einer höheren Verzinsung beträgt 2,01 %-Punkte bzw. 4,01 %-Punkte, die Rendite steigt um 124 % bzw. 248 %!

Der Einfluss einer niedrigeren Vergütung auf die Ablaufleistung und die Rendite des eingezahlten Kapitals ist erheblich geringer als der Einfluss einer höheren Verzinsung. Eine maßgebliche Renditesteigerung ist mit einer Absenkung der Provision von 40 ‰ auf 25 ‰ nicht verbunden. Im Gespräch mit der ,vt‘-Redaktion kritisiert die FDP-Finanzexpertin Bettina Stark-Watzinger: „Die Kleine Anfrage haben wir gestellt, um in Erfahrung zu bringen, wie hoch genau die Bundesregierung sich den Renditegewinn vorstellt.

Wie sie mit dem Instrument Provisionsdeckel die Erträge bei Lebensversicherungen nachhaltig verbessern möchte. Leider haben wir keine Antwort erhalten – ob man dies bisher gar nicht berechnet hat oder es nicht kommunizieren wollte, ist Spekulation. Klar ist aber, wir brauchen für die Altersvorsorge entweder eine Normalisierung der Geldpolitik oder die Möglichkeit in rentablere Anlageformen zu investieren. Ein Provisionsdeckel mit allen Verwerfungen, die es nach sich zieht, ist nicht der richtige Weg.“

‚vt‘-Fazit: Wer glaubt, dass der ‚Basisprovisionsdeckel‘ von 25 ‰ und der ‚Qualitätsprovisionsdeckel‘ von 15 ‰ gerade noch Luft zum Leben lässt, sollte sich nicht weiter selbst täuschen: In Wahrheit geht es hier der SPD um den Einstieg in die gesetzliche Deckelung der Provisionen. Der Deckel ist eine willkürliche Höhe, ein Rädchen, an dem jederzeit gedreht werden kann. Ein Zug, wenn er einmal ins Rollen gekommen ist, der am Ende des Tages auch nicht vor dem Sachgeschäft Halt machen muss. (Die Antwort auf die Kleine Anfrage kann hier heruntergeladen werden.) 

 

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