Schäden passieren, und wenn es zu mehreren Schäden kommt, steht oft ein Sanierungsangebot ins Haus. Oder der Versicherer nutzt sein Recht nach § 92 VVG zur Kündigung nach Eintritt eines Versicherungsfalles. Zulässige Vorgehensweisen, die rechtlich nicht zu monieren sind, doch im Umgang mit Versicherungsnehmern und deren beauftragten Versicherungsmaklern kommt es auf die Feinheiten, sprich einen fairen Umgang an. Wie man es nicht machen sollte, schildert Versicherungsmakler Dirk Brüggenthies, Brüggenthies Versicherungsmakler GmbH & Co. KG/Bad Salzuflen, anhand eines kürzlich erlebten Falles mit dem Kieler Assekuradeur Domcura AG: „Den Schadenfall vom 16.05.2024 und die Schadenzahlung vom 04.12.2024 nehmen wir zum Anlass, Ihren Vertrag zu kündigen. Eine Fortsetzung Ihres Vertrages ist aber möglich, wenn Sie folgender Vereinbarung zustimmen“, formuliert die Domcura in einem an den Versicherungsnehmer adressierten Schreiben. Dessen Wohngebäude ist mit dem Tarif Domcura Privat (MFH) und dem Risikoträger HDI Versicherung AG versichert. Im Mai 2024 trat ein Leitungswasserschaden ein, der final am 04.12. reguliert wurde. Die Vereinbarungen, denen der VN zur Fortführung des Vertrages zustimmen muss, beziehen sich auf neue Selbstbeteiligungen in Höhe von 1.500 € für die Gefahr Leitungswasser inkl. Verstopfungen sowie in Höhe von 250 € für die Gefahr Schädlingsbekämpfung. Im Prinzip keine unannehmbaren Bedingungen, letztere ist aber zumindest skurril. Denn diese korrespondiert offensichtlich mit einer im Schadenspiegel aufgeführten Entfernung eines Wespennestes, das 2022 mit 279,64 € zu Buche schlug. Darauf kommen wir später zurück, werfen wir nun einen Blick auf die zeitliche Abfolge, die Versicherungsmakler Brüggenthies erzürnt:
Am 13.12.2024 schickt Domcura um 13.00 Uhr per E-Mail das vorbereitete und an den VN adressierte Schreiben an Versicherungsmakler Brüggenthies. Es ist Freitagnachmittag, bei Versicherungsmaklern herrscht in der Zeit kurz vor Weihnachten meist rege Betriebsamkeit. Brüggenthies soll sich mit Blick auf das Sanierungsangebot bis zum 27.12. mit dem Kunden in Verbindung setzen, schreibt Domcura. Wenn bis zum 30.12. weder Einverständnis noch Kündigung vorliege, sende Domcura das Sanierungsangebot im Original an den Kunden, kündigt der Assekuradeur an. Aufgrund der Weihnachtszeit verbleiben dem Versicherungsmakler gerade mal sieben Arbeitstage, um das Sanierungsangebot und mögliche Alternativen zu prüfen sowie den Kunden zu beraten. Soweit der nicht dann bereits im Weihnachts- bzw. Skiurlaub ist.
Der Fall landet auf dem ‚vt‘-Redaktionstisch. Wir haken bei Horst-Ulrich Stolzenberg, Domcura-Vorstand Vertrieb und Marketing, zu der Vorgehensweis nach und wollen wissen, warum das Sanierungsangebot mit einer kurzen Frist verbunden wird, zumal diese auch noch die Weihnachtsfeiertage beinhaltet und entsprechend weniger Arbeitstage zur Verfügung stehen. Dazu die Kieler: „Grundsätzlich ist es unser Bestreben, einen angemessenen Zeitraum für die Beantwortung eines Sanierungsangebotes zu gewähren. Gleichzeitig ist jedoch auch zu berücksichtigen, dass das Kündigungsrecht im Schadenfall innerhalb eines Monats ausgeübt werden muss. Diese Situation ist im Dezember aufgrund der reduzierten Werktage besonders herausfordernd für beide Seiten. Deshalb haben wir einerseits sicherstellen wollen, dass der Versicherungsmakler die nötige Zeit hat, um unser Angebot anzunehmen oder abzulehnen. Andererseits haben wir aber auch die gesetzlichen Fristen bei der erwähnten Kündigung zu wahren. Angesichts dieser Umstände halten wir einen Zeitraum von knapp zwei Wochen, in dem sich der Makler mit dem Versicherten austauschen kann, für angemessen.“ Von knapp zwei Wochen kann allerdings keine Rede sein. Durch Weihnachten bleiben gerade mal sieben Arbeitstage. Umso mehr stellt sich die Frage:
Warum erfolgte am 13.12.2024 die Kündigung? Schließlich war die Schadenregulierung am 04.12. abgeschlossen. „Die Kündigung wurde aufgrund interner Bearbeitungszeiten an diesem Tag ausgesprochen. Gleichzeitig erhielt der Versicherungsmakler ein Sanierungsangebot, um den Vertrag zu angepassten Konditionen fortführen zu können“, erläutert der Assekuradeur. Demnach haben interne Bearbeitungszeiten der Domcura einer schnelleren Info an den Versicherungsmakler entgegengestanden. Nach Beobachtungen von Versicherungsmakler Brüggenthies ist Domcura mit Sanierungsangeboten schnell bei der Hand. Ist es bei Domcura grundsätzlich oder häufig so, dass nach zwei Schäden eine Sanierung stattfindet und wenn ja, warum? Auf diese ‚vt‘-Frage an den Vertriebsvorstand antworten die Kieler:
„Wir prüfen jeden Vertrag individuell und wägen sehr sorgfältig ab, ob und welche Maßnahmen erforderlich sind. Neben dem Schutz des Versicherten stehen dabei stets die Interessen der gesamten Versichertengemeinschaft im Mittelpunkt. Ein Sanierungsangebot stellt eine freiwillige Leistung dar. Denn anders als beispielsweise bei der Kfz-Haftpflichtversicherung besteht in der Wohngebäudeversicherung kein Kontrahierungszwang. In vielen Fällen bieten wir jedoch eine Fortführung des Vertrags an – angepasst an die Risikosituation, zum Beispiel durch die Einführung einer Selbstbeteiligung. Diese Lösung ermöglicht es, den Versicherungsschutz aufrechtzuerhalten und gleichzeitig die Belastung des Kollektivs zu minimieren.“ Ein klares Dementi zur Frage, ob die Domcura grundsätzlich nach zwei Schäden ein Sanierungsangebot rausschickt, sieht anders aus! Kommen wir wie angekündigt noch zu dem skurrilen ‚Schmankerl‘ SB für Schädlingsbekämpfung. Der Schadenfall 2022 zur Entfernung eines Wespennestes wurde mit 279,65 € reguliert, der Sanierungsvorschlag sieht eine Selbstbeteiligung von 250 € für die Gefahr Schädlingsbekämpfung vor. Von Stolzenberg wollen wir wissen, warum die Vereinbarung einer SB für Schädlingsbekämpfung für Domcura von Bedeutung ist. Die Auffassung der Kieler: „Als führender Anbieter von Wohngebäudeversicherungen wissen wir: Schädlingsbekämpfungen können je nach Fall sehr unterschiedliche Kosten verursachen. Während die Entfernung eines Wespennests im geschilderten Fall vergleichsweise geringe Kosten verursachte, können andere Einsätze – je nach Art des Schädlings und dem Umfang des Befalls – schnell mehrere Tausend Euro kosten. Die Einführung einer Selbstbeteiligung halten wir für diese Gefahrensparte – auch im Hinblick auf eine bereits erfolgte Schädlingsbekämpfung – für notwendig, um eine faire Risikoverteilung für die Versichertengemeinschaft sicherzustellen.“ Das ‚Risiko‘ Wespennest hat die Domcura mit der SB quasi „eliminiert“, sagt Brüggenthies. Die kleine Rechnung war, erläutert der Versicherungsmakler, der erste Schadenfall nach sieben Vertragsjahren.
'vt'-Fazit: Die Einhaltung der VVG-Frist für die Kündigung nach Schadenfall trägt Domcura wie eine Monstranz vor sich her. Wenn Domcura bei den internen Abläufen schneller gewesen wäre – von Schadenregulierung am 04.12. bis zum (bei guter Organisation bereits in der Schublade liegenden) Sanierungsangebot am 13.12. liegen sieben Arbeitstage – dann wäre nicht die Problematik der Weihnachtstage aufgetreten und der Versicherungsmakler hätte mehr Zeit gehabt. Und wenn die Domcura-Prozesse schon zu dieser Problematik führen, hätte die versicherungsmakler- und kundenfreundliche Vorgehensweise gewählt werden können, zeitnah zum regulären Vertragsablauf das Sanierungsangebot zu unterbreiten. Denn § 92 VVG statuiert ein Recht, regelt aber keine Pflicht zur Kündigung. Wie schon bei den Insolvenzfällen Cogitanda und Element weisen wir darauf hin: Leistungsfähige Deckungskonzepte mit Top-Service und Top-Schadenregulierung einhergehend mit günstigsten Prämien und langfristiger Bestandssicherheit werden wohl auch weiterhin die nicht mögliche Quadratur des Kreises bleiben. Das kann dann ggf. auch zu zügigen Sanierungsangeboten oder Kündigungen nach Schadenfall führen. Welche Erfahrungen machen Sie aktuell mit Domcura? Flattern Ihnen nach zwei Schäden Sanierungsangebote auf den Tisch?