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Dominoeffekt? Dem GDV kommen weitere Kodexmitglieder abhanden!

Wie ein Blick in die Beitrittsliste mit Stand Mai 2021 zeigt, haben zwei weitere Versicherer dem Verhaltenskodex des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft für den Vertrieb von Versicherungsprodukten den Rücken gekehrt. Zuletzt hatte die Lebensversicherung von 1871 a. G. München ihren „Austritt aus dem Verhaltenskodex zum 30.11.2020 erklärt“, wie der Beitrittsliste zu entnehmen ist (vgl. ‚vt‘ 17/21). Nun sind auch die zum Münchner Versicherer gehörenden Delta Direkt Lebensversicherung AG und TRIAS Versicherung AG nicht mehr dabei, weil sie „durch Nichteinreichung des Prüfungsergebnisses zum 30.04.2021 aus dem Verhaltenskodex ausgetreten“ sind.

So wird es in der aktuellen Beitrittsliste formuliert. Damit haben bereits 18 operative Versicherer den GDV-Verhaltenskodex verlassen. Dies aber nicht, weil man sich nicht zu einem fairen Umgang mit den Verbrauchern verpflichtet sieht, sondern weil es weitergehende Verpflichtungen durch die IDD gibt, die es ohnehin einzuhalten gilt und daher die zusätzlichen Kosten für die Kodex-Umsetzung und -Pflege nicht mehr rechtfertigen.

„Die IDD hat deutlich strengere Normen für die Qualität der Beratungsleistungen geschaffen, die über die freiwillige Selbstverpflichtung des GDV-Verhaltenskodex hinausgehen“, sagt ARAG-Chef Dr. Renko Dirksen und ähnlich auch Bayerische-Vorstandsmitglied Martin Gräfer (vgl. ‚vt‘ 39/20): „Die zur Umsetzung der IDD ergangenen Vorschriften decken alle vom Verhaltenskodex des GDV geregelten Gesichtspunkte ab. Zum Teil – etwa bei Versicherungsanlageprodukten – gehen sie deutlich über das vom Verhaltenskodex Geforderte hinaus (…) Die Umsetzung des Kodex erfordert einen nicht unerheblichen Aufwand, der angesichts der Kosten, die mit der Umsetzung der IDD-Regelungen ohnehin verbunden sind, nach unserer Auffassung nicht zu rechtfertigen ist.“

Die Austritte sind dem GDV-Präsidium wohl ein Dorn im Auge. Erfolgte die Herausnahme der ersten vier Versicherer ++ GVO Gegenseitigkeit Versicherung Oldenburg VVaG (12.04.2017) ++ Fahrlehrerversicherung VaG (19.08.2017) ++ Ostfriesische Landschaftliche Brandkasse (30.04.2018) und ++ OKV – Ostdeutsche Kommunalversicherung aG (31.12.2018) geräuschlos und korrekt, indem die Versicherer aus der Beitrittsliste kommentarlos einfach gelöscht wurden, änderte der GDV plötzlich sein Verfahren mit ausgetretenen Mitgliedern:

Die Versicherer wurden trotz Austritt in der Beitrittsliste weiterhin aufgeführt, aber Logo und Name mit einem roten ‚X‘ durchgestrichen! Die einst gelöschten vier Versicherer wurden sogar wieder in die Beitrittsliste gehievt. Diese Brandmarkung sorgte offenbar für (Logo-)Ärger, denn seit März 2021 sind die Logos der ausgetretenen Versicherer entfernt. Doch die Brandmarkungs-Praxis des GDV bleibt weiterhin rechtlich höchst fragwürdig, denn laut Kodex-Verfahrensregeln werden Unternehmen, die austreten, aus der Beitrittsliste gestrichen – also wie in jedem Verein üblich aus der Liste gelöscht und eben nicht mit einem roten ‚X‘ gebrandmarkt.

Allerdings müssen sich die austretenden Versicherer offenbar keine Reputationssorgen machen. So hat die Bayerische zu ihrem „Austritt keine negativen Rückmeldungen von Vermittlern, Politikern oder der Öffentlichkeit vernommen, offenbar wird dieser Kodex gar nicht mehr ernst genommen“, sagt Martin Gräfer. Für Maklerversicherer wie die Bayerische und LV 1871 gilt das umso mehr, als dass es bei Versicherungsmaklern eher Anerkennung gibt, wenn man dem Kodex, der einst Kontrollen der Versicherer im Maklerbetrieb statuieren wollte (Allianz-Fahnder im Maklerunternehmen“; vgl. ‚vt‘ 05/14), den Rücken kehrt oder erst gar nicht beigetreten ist. Gräfer bedauert die Entwicklung: „Dabei wäre eine wirkungsvolle Selbstverpflichtung der Branche durchaus wichtig.“

‚vt‘-Fazit: Der GDV hält sich nicht an seine eigenen Verfahrensregeln und stellt – nicht wenig zahlende – GDV-Mitglieder u. E. rechtswidrig und ohne jeglichen Grund an den Pranger, wenn sie den Kodex verlassen. Auf die Idee muss man erst mal kommen. Versicherer, die beim Kodex ausgetreten sind, werden damit schlechter behandelt als Versicherer, die dem Kodex nie beigetreten sind. So hält man keine anderen Versicherer vom Austritt ab, sondern so fährt man eine Sache mit einem einstmals guten Hintergrund, aber schlechter Umsetzung, mit Vollgas an die Wand.

 

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