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Generali: Keine AP für Abschluss KV-Zusatz bei Umstellung KV-Voll auf Anwartschaft

Kann es richtig sein, dass ein Versicherungsmakler keine Abschlusscourtage für den Neuabschluss einer Krankenzusatzversicherung erhält, wenn zugleich die Vollversicherung auf eine Anwartschaft umgestellt wird, weil der Versicherungsmakler durch Berücksichtigung des Kundeninteresses als ‚Lifetime Partner‘ gehandelt hat, aber diese Bemühungen nicht entlohnt werden?

Dass Versicherungsmakler im Kundeninteresse handeln, ist Pflicht und Selbstverständlichkeit zugleich, doch steht dafür keine Vergütung zu? Diese Argumentationen haben wir für Sie durchleuchtet. Ebenso, was Versicherungsmakler in einem ähnlichen Fall tun können, um für ihre Arbeit dennoch eine Entlohnung erhalten zu können: Ein fränkischer Versicherungsmakler hatte für die ursprünglich nicht von ihm vermittelte Vollversicherung eines Mandanten bei der Generali Deutschland Krankenversicherung AG eine Anwartschaft beantragt, nachdem dieser durch Reduzierung der Arbeitstätigkeit auf eine Halbtagsstelle unter die KV-Jahresarbeitsentgeltgrenze fiel.

Diese Vertragsumstellung wurde durchgeführt. Zugleich schloss der Versicherungsmakler für den Mandanten eine stationäre Krankenzusatzversicherung, den ‚Tarif Plan S‘, ab. Für diesen Neuabschluss zahlte Generali aber keine Abschlusscourtage. Der Versicherungsmakler monierte das mehrfach und forderte eine Vergütung. In der ersten Ablehnung hieß es, „bei dieser Vertragsumstellung ist ein Minderbeitrag entstanden, der nicht provisionspflichtig ist“. Aus Sicht des Maklers hatte der aber mit seiner Tätigkeit neben der notwendigen Anwartschaftsumstellung für Neugeschäft mit der Zusatz-KV gesorgt.

Eine nachvollziehbare und rechtlich haltbare Begründung blieb Generali auch bei der nächsten Ablehnung schuldig: „Grundlage für die Courtagezahlung ist jedoch die gültige Courtagevereinbarung und dort ist für Vertragsumstellungen mit Minderbeitrag keine Vergütungsvereinbarung enthalten.“ In der aus dem Jahre 1990 datierenden, damals mit der Central Krankenversicherung AG geschlossenen Courtagevereinbarung (CV) findet sich aber kein Passus zu ‚Vertragsumstellungen mit Minderbeitrag‘ und erst recht nicht, dass in dem Fall keine Vergütung fließt. Schließlich reichte der Franke eine an Katrin Gruber adressierte Vorstandsbeschwerde ein.

„In Ihrer Courtagevereinbarung ist festgehalten, dass ein Anspruch auf Abschlusscourtage nur für Neugeschäft und Mehrbeiträge besteht.“ Auch das bleibt für den Versicherungsmakler unverständlich, denn auch eine solche Regelung ist in seiner CV nicht enthalten. Doch die Antwort auf die Vorstandsbeschwerde beinhaltet eine weitere, höchst merkwürdige Argumentation:

„Durch Ihre Berücksichtigung des Kundeninteresses haben Sie als Lifetime Partner gehandelt. Leider können diese Bemühungen nicht entlohnt werden, da in der Courtagezusage hierfür keine Vereinbarung besteht.“ Richtig ist zumindest, dass sich in der CV keine Regelung zum ‚Lifetime Partner‘ findet, somit auch nicht zur Nicht-Vergütung, wenn ein Versicherungsmakler als ‚Lifetime Partner‘ tätig wird.

Dabei wäre eine Lebenspartnerschaft mit den Kunden ja gar nicht schlecht. Dazu hatte der Generali-Konzern im Juli 2020 seine „erste globale Werbekampagne“ gestartet, die „unterstreicht, dass Generali ein echter Liftetime Partner für ihre Kunden ist“ und dabei „auch die grundlegende Rolle, die die Vertriebspartner spielen“ betont.

Aber keine Courtage, weil ein Versicherungsmakler bei seiner vom Kunden beauftragten Tätigkeit das Kundeninteresse berücksichtigt, wozu er gesetzlich verpflichtet ist? Mit dieser Generali-Argumentation hätten Versicherungsmakler grundsätzlich keinen Anspruch mehr auf Courtage! Dazu und zum Gesamtfall haben wir Dr. Jochen Petin, Vorstandsvorsitzender der Generali Deutschland Kranken, um Stellungnahme gebeten. Warum handeln Versicherungsmakler, die das Kundeninteresse berücksichtigen, als ‚Lifetime Partner‘ und warum erhalten Versicherungsmakler, die das Kundeninteresse berücksichtigen, für diese Bemühungen keine Entlohnung?

„Indem der Makler die Kundeninteressen dauerhaft vertritt und den Kunden jederzeit in Richtung des passenden Versicherungsschutzes berät, verhält er sich aus unserer Sicht als lebenslanger Partner (Lifetime Partner) des Kunden“, erläutert Generali und macht einen gewaltigen Rückzug beim vorliegenden Fall: „Dieser Punkt hat aber keinen direkten Bezug zu der Fragestellung der Courtagezahlung, die in diesem Fall aufgrund des entstehenden Minderbeitrags in der Gesamtkundenbeziehung nicht erfolgen kann.“ Es ist gut, wenn Generali die unpassende weil höchst problematische Verquickung erkennt – und dementiert. Allerdings war es Generali selbst, die die schräge Argumentation ‚Berücksichtigung Kundeninteresse = Handeln als ‚Lifetime Partner‘ = Kein Vergütungsanspruch‘ ins Feld führte – und das in einer Antwort auf eine Vorstandsbeschwerde!

Kommen wir zum Courtagefall des fränkischen Versicherungsmaklers: Fakt ist, dass die abgeschlossene Zusatzversicherung ‚Tarif PlanS‘ nicht nur von Kunden mit Anwartschaft abgeschlossen werden kann, sondern auch von gesetzlich Versicherten, die zuvor keine Krankenvollversicherung bei der Generali hatten bzw. keine Anwartschaft bei der Generali haben.

Das bestätigt Generali auf unsere Anfrage an Dr. Petin. Doch warum ist der Neuabschluss einer Krankenzusatz aus Sicht der Generali vorliegend kein Neugeschäft? Dazu der Versicherer: „Der Kunde war bereits bei der Central bzw. Generali Deutschland Krankenversicherung mit einer Vollversicherung versichert. Die Umstellung der Vollversicherung auf Anwartschaft und der (temporäre) Abschluss einer Zusatzversicherung ist daher kein echtes Neugeschäft, sondern eine Änderung des Versicherungsschutzes im Bestand mit Minderbeitrag.“

Zwar kann der Zusatz-Abschluss temporär sein, er kann aber auch dauerhaft sein. Ohnehin kann für den Vergütungsanspruch bei Abschluss eine Spekulation, ob der Vertrag dauerhaft läuft oder wieder gekündigt wird, keine Rolle spielen, denn es gelten die vereinbarten Stornoregeln. Und für den Minderbeitrag durch Umstellung von der Kranken-Voll auf Anwartschaft erwartete der Versicherungsmakler auch keine Entlohnung. Zum inneren Zusammenhang der Anwartschaft der früheren Vollversicherung und der neu abgeschlossenen Krankenzusatzversicherung erläutert Generali:

„(…) In diesem Fall wurde die Vollversicherung auf eine Anwartschaft umgestellt und zur (temporären) Abdeckung der Leistungslücke eine stationäre Zusatzversicherung abgeschlossen. Die stationäre Zusatzversicherung wurde dabei ohne erneute Gesundheitsprüfung policiert, denn diese ist bereits im Zusammenhang mit der ursprünglichen Vollversicherung erfolgt. Auch das zeigt, dass es sich hier um einen zusammenhängenden Vorgang im Bestand handelt. Die Änderung des Versicherungsschutzes im Bestand führt in Summe zu einem Minderbeitrag, so dass keine erneute Vergütung erfolgen kann (…).“

Damit erläutert Generali erstmals, warum der vom Makler gewählte Weg – Umstellung und Zusatz-Abschluss bei Generali – als ein direkt zusammenhängender Vorgang bewertet werden kann. Diese mögliche Argumentation sieht auch Versicherungsmakler und Dozent für Versicherungsrecht Wilfried E. Simon: „Der Grund liegt darin, dass es sich bei der Zusatzversicherung um eine stationäre ZusVers handelt. In der Vollversicherung ist ja auch der stationäre Bereich abgedeckt, so dass man hier durchaus die neu abgeschlossene ZusVers als Erweiterung des Anwartschaftsschutzes werten kann.“

Simon hat einen Praxistipp, auch für evtl. weitere Fälle, parat: „Der Kollege hätte mgw. den Vertrag bei einem anderen Versicherer eindecken können. Dies kann er – gesundheitlich gleiche Verhältnisse wie beim Abschluss vorausgesetzt – immer noch tun.“ Doppeltes Pech für den betreuenden Versicherungsmakler: Da er nicht Vermittler des Vollvertrages war, hat er keine Abschlusscourtage erhalten. Für die Arbeit der Umstellung auf die Anwartschaft erhält er auch keine Vergütung, und für seine Bemühungen, dass der Mandant einen Teil der Lücke zur GKV schließt, gibt es auch keine Entlohnung.

‚vt‘-Fazit: ++ ‚Lifetime Partner‘ – schöne Worte entlarven sich schnell als platte Werbekampagne und bloße Lippenbekenntnisse, wenn das eigene Handeln dann im krassen Widerspruch zu den Versprechungen steht. Die VN der Generali Lebensversicherung AG in den Run-Off zu schicken (vgl. ‚vt‘ 19/19), lässt da tief blicken.

Und auch die kürzlich geänderte Vorgehensweise der Generali Deutschland Pensionskasse AG, beitragsfrei gestellte Verträge nur noch dann wieder in Kraft zu setzen, wenn es dazu eine vertragliche oder gesetzliche Grundlage gibt (vgl. ‚vt‘ 21/21), dokumentiert keine Lebenspartnerschaft mit den Kunden. Im Gegenteil, das wirft Fragen zur Zuverlässigkeit auf, die sich bei Versicherungsmaklern bis hin zu den auf unabhängige Vermittler ausgerichteten Konzerntöchtern Dialog Lebensversicherungs-AG und Dialog Versicherung AG erstrecken (vgl. ‚vt‘ 29/21). 

++ Im vorliegenden Fall dürfte die Änderung bzw. der Ersatz ‚stationär‘ in Voll-KV durch Zusatz-KV der Generali Recht geben, keine Vergütung zu zahlen  ll In solchen Fällen können Versicherungsmakler unter Beachtung der Maklerpflichten und des Gesundheitszustandes des VN den Abschluss einer Zusatz-KV bei einem anderen Anbieter prüfen und ggf. tätigen. Dann hat der bisherige Versicherer dafür keine Prämie, der Vermittler aber eine Vergütung für seine Tätigkeit im Kundeninteresse.

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