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LG Stuttgart befasst sich mit der Sozialadäquanz von Events

Von Henry Ford stammt der kluge Satz "Wer Werbung stoppt, um Geld zu sparen, kann auch gleich die Uhr anhalten, um Zeit zu sparen". Dass dennoch Marketingaktivitäten zunehmend mehr der Compliance-Beurteilung unterliegen, wissen auch Bankleiter längst. Beim LG Stuttgart sind derzeit gleich zwei Verfahren anhängig, beide initiiert von der Volksbank Ludwigsburg, in denen es zumindest in einem Teilaspekt auch um die grundsätzliche Klärung der Frage geht, welche Form von Marketingmaßnahmen für eine Bank zulässig sind. Und vor allem, ob auch Aufsichtsratsmitglieder eingeladen werden dürfen (Az. 35 O 28/20 KfH gegen Ex-AR Gerhard Heilemann). Allerdings drängt sich 'Bi' der Eindruck auf, dass die Hauptmotivation des Kläger-VVs Thomas Palus für die beiden Klagen auch die sein könnte, gegen seinen Vorgänger Karlheinz Unger noch einmal kräftig nachzutreten (Az. 35 O 33/20 KfH). Jedenfalls fällt es uns schwer zu verstehen, warum man, um ein paar Tausend Euro einzuklagen, hundert Tausende Euro an Beratungskosten aufwendet, nur um u. a. über eine Kölner (!) Kanzlei CMS herauszuarbeiten, welche Einladungen in die MHP Arena in Ludwigsburg in der Unger-Ära ausgesprochen wurden bzw. ob diese rechtlich zu beanstanden sind.

Wir hatten bereits berichtet, dass die Bank Klage gegen Unger führt und von ihm mal locker 715.758,64 € Schadenersatz wegen missbräuchlicher Nutzung der Volksbank-Loge verlangt (vgl. 'Bi' 41/2020, gegen Ex-AR Heilemann klagt die Bank 115.000 € ein, vgl. 'Bi' 39/2020). Im Unger-Verfahren hat es inzwischen wie zuvor im Heilemann-Verfahren einen Gütetermin bei Gericht gegeben. Ausweislich des 'Bi' vorliegenden Gerichtsprotokolls scheint auch die Kammer für Handelssachen aus der Klage heraus nicht erkennen zu können, welche Pflichtverletzung Unger vorgeworfen wird. Etwa die Loge mangels Interesse nicht gekündigt zu haben oder ob behauptet wird, dass Unger sie nicht sinnvoll genutzt habe. Im Übrigen hat das Gericht Zweifel an der Berechnung eines möglichen Schadens. Das Gericht macht klar, dass das Verfahren "noch nicht entscheidungsreif" sei, "nach vorläufiger Auffassung die Klage allenfalls zu einem Bruchteil Erfolg haben" könne.

Grundsätzlich, so das Gericht, dürfe eine Bank eine Loge unterhalten und Personen dorthin einladen, wenn sie nachweisen könne, dass solche Einladungen im Interesse der Bank lägen. Die "pauschale Behauptung" der Bank, im Fall Unger hätte "bei allen Einladungen kein Unternehmensinteresse vorgelegen" sei "sicher nicht richtig". Problematisch, so das Gericht, seien "Fälle, in denen AR-Mitglieder eingeladen" seien. Leider hat das Gericht diesen Aspekt in der Sitzung nicht weiter ausgeführt.

Zu den exorbitant hohen Kosten, die die Kanzlei CMS der Volksbank in Rechnung gestellt hat und die diese nunmehr teilweise gegen Unger geltend macht, äußert sich das Gericht auch: Zwar könne die Bank grundsätzlich auch "Ermittlungskosten" in Ansatz bringen, im Fall der Bewertung der Loge allerdings, bestünden erhebliche Zweifel, da man hierzu die Gästeliste hätte heranziehen können, um zu prüfen, ob die Eingeladenen für die Bank "sinnvoll und bedeutsam" seien. Hierfür CMS einzubinden, dafür sah das Gericht offensichtlich keine Notwendigkeit.

'Bi'-Zwischenfazit: Analog zum Heilemann-Verfahren schlägt das Gericht im Fall Unger den Parteien vor, sich auf einen Vergleich zu einigen. Allerdings ohne irgendeine Begründung schlägt das Gericht weiter vor, die Streitsache gegen Zahlung von 68.000 € zu beenden. Das löst nach Adam Riese folgende Frage aus: Ist die Volksbank, sind die Gremien und am Ende die Mitglieder bereit, Palus mit einer Summe i. H. v. 68.000 € nach Hause kommen zu lassen, der anwaltlich immerhin beraten von der Crème a la Crème, neben CMS auch RA Christoph Fauser-Laiensetter, Kooperationspartner von genoAGV bzw. BWGV, loszog, insgesamt 830.758,64 € reinholen zu wollen. 

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