Wenn Versicherungsmakler im Auftrag des Mandanten Versicherer um eine Policenkopie und (Schaden-) Informationen bitten, ist eine zügige und vollständige Auskunft im Interesse des Kunden. Werden angefragte Informationen nur teilweise vom Versicherer geliefert oder sogar die Aushändigung einer Vertragskopie verweigert, sorgt das für Mehrarbeit beim Versicherungsmakler. Die Provinzial Versicherung AG hat dazu eine Kompaktauskunft für Makler entwickelt, die aber offenbar überarbeitungs- und ergänzungsbedürftig ist: Versicherungsmakler Dirk Brüggenthies, GGF Brüggenthies Versicherungsmakler GmbH & Co. KG/Bad Salzuflen, bat am 24.03.2025 per E-Mail unter Vorlage einer Vollmacht die Provinzial Versicherung AG um eine Policenkopie sowie Beitragsrechnung und Schadenhistorie der letzten 5 Jahre zu einer Wohngebäudeversicherung. Am 07.04.2025 erhielt er eine mit „Vertragsauskunft Kompakt“ überschriebene Übersicht zum Beitrag und einem Vorschaden. Auf erneute Bitte um Zusendung einer Policenkopie erhielt Brüggenthies, so wird es in der Aktennotiz festgehalten, die Auskunft, diese könne die Provinzial nur dem Versicherungsnehmer aushändigen. Eine solche Verweigerung würde u. E. im Widerspruch stehen mit § 3 Abs. 3 VVG: „Ist ein Versicherungsschein abhandengekommen oder vernichtet, kann der Versicherungsnehmer vom Versicherer die Ausstellung eines neuen Versicherungsscheins verlangen (…)“, wobei nach Abs. 5 „die Kosten für die Erteilung eines neuen Versicherungsscheins (…) der Versicherungsnehmer zu tragen und auf Verlangen vorzuschießen“ hat. Nachdem Brüggenthies am 07.04. und dann noch mal am 30.04.2025 die Provinzial an die fehlenden Unterlagen erfolglos erinnert, landet der Vorgang auf dem ‚vt‘-Redaktionstisch. Wir haken bei der Provinzial nach und bitten Vorstandsmitglied Sabine Krummenerl, u. a. verantwortlich für Kompositversicherung für Privat- und Firmenkunden sowie Maklervertrieb, um Stellungnahme: ++ Ist die Aussage, dass die Provinzial eine Kopie des Versicherungsscheins nur dem Kunden aushändigen könne, zutreffend? Wenn nein: Warum hat die Provinzial dem mandatierten Versicherungsmakler keine Kopie des Versicherungsscheins zukommen lassen? Wenn ja: Auf Basis welcher Rechtsgrundlage stellt die Provinzial dem bevollmächtigten Versicherungsmakler keine Kopie des Versicherungsscheins zur Verfügung? ++ Wurde dem Versicherungsmakler mitgeteilt, dass die Bereitstellung der Unterlagen Kosten verursacht, die vom Kunden zu zahlen sind? Wenn ja, wie hoch sind die Gebühren und aus welchen Kosten setzen sich diese zusammen? ++ Was ist aus Sicht der Provinzial bei der mit „Vertragsauskunft Kompakt“ überschriebenen Übersicht ‚kompakt‘, wenn nicht mitgeteilt wird, was konkret versichert ist (Wohngebäudegröße, Bauart etc.) und keinerlei Angaben erfolgen, welche Klauseln zugrunde liegen?
++ Wie vereinbart sich nach Auffassung der Provinzial die Weigerung, dem Versicherungsmakler Vertragskopie und Bedingungen zur Verfügung zu stellen, mit § 3 Abs. 3 VVG? ++ Der VN hat den Versicherungsmakler zur Vertretung gegenüber Versicherern beauftragt, wozu auch die Entgegennahme der Versicherungsbedingungen zählt. Wie vereinbart es sich mit kundenfreundlichem Verhalten, diesem Willen des Kunden nicht nachzukommen? Wie vereinbart sich nach Auffassung der Provinzial die Nichtbeachtung des in der Vollmacht ausgedrückten Kundenwillens mit § 1a VVG? ++ Der GDV-Verhaltenskodex setzt für die Versicherungsunternehmen einen Rahmen von Normen und Werten, um den Interessen der Kunden gerecht zu werden. Wie vereinbart sich nach Auffassung der Provinzial die Nichtbeachtung des in der Vollmacht ausgedrückten Kundenwillens mit den Vorgaben des GDV-Verhaltenskodex, dass sich die Versicherungsunternehmen an den Bedürfnissen des Kunden zu orientieren, diese in den Mittelpunkt ihres Handelns zu stellen und im bestmöglichen Interesse des Kunden zu handeln haben?
Antworten auf die einzelnen Fragen erhalten wir von der Provinzial nicht, dafür eine Darstellung der Sichtweise des Versicherers: „Wir haben eine Kompaktauskunft für Makler mit den wesentlichen Vertragsinformationen entwickelt, die wir bei entsprechenden Anfragen versenden, um diese zur bestmöglichen Zufriedenheit der Anfragenden zu beantworten. Unsere Erfahrungen der letzten Jahre zeigen, dass die Inhalte der Kompaktauskunft in der Regel dem Informationsbedarf entsprechen und so ein schneller Versicherungsvergleich für den Makler ermöglicht wird. Sollte der Bedarf unsere Kompaktauskunft übersteigen, erhält ein bevollmächtigter Makler selbstverständlich weitere Informationen. Die Aussage, dass die Provinzial eine Kopie des Versicherungsscheins nur dem Kunden aushändigen könne, ist somit nicht richtig.“ Dass im konkreten Fall diese Aussage dennoch getätigt wurde, schließt die Provinzial aber nicht aus: „Wir werden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Servicebereich noch einmal entsprechend sensibilisieren und uns mit dem Makler in Verbindung setzen, damit er die aus seiner Sicht notwendigen weiteren Unterlagen erhält.“ Das hat die Provinzial dann auch gemacht und nach der ‚vt‘-Anfrage alle von Versicherungsmakler Brüggenthies angeforderten Informationen sowie die Vertragskopie geliefert.
‚vt‘-Fazit: Gut, dass die Provinzial, wenn auch erst nach ‚vt‘-Intervention, die angefragten und dem VN zustehenden Informationen dem mandatierten Versicherungsmakler bereitstellen. Erfreulich auch, dass der Versicherer zusichert, die Mitarbeiter zu sensibilisieren. Hier greift im Umgang mit Kunden u. E. auch eine Weiterbildungsverpflichtung. Die Regelung zu den Inhalten der Provinzial-Kompaktauskunft, die wie hier im Fall einer Wohngebäudeversicherung noch nicht einmal Daten zum Wohngebäude, Größe, Bauart etc. enthält, erscheint allerdings dringend überarbeitungs- und ergänzungsbedürftig. Insbesondere genügt es nicht, auf eine Kompaktauskunft zu verweisen und darüber hinaus angefragte vertragsrelevante Daten und Infos nicht zu liefern. Eine Auskunft soll ja keine Schmalspurauskunft sein, sondern vertraglich relevante Details liefern.