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Nach ‚vt‘-Intervention zieht Continentale unkorrekte Ausgleichsbehauptungen zurück

Einem den Ausgleichsanspruch begehrenden Mehrfachvertreter teilt die Continentale Krankenversicherung a.G. wiederholt mit rechtlich nicht korrekten Argumenten mit, warum er einen Ausgleichsanspruch in Höhe von 0 € habe. Die Beantwortung der ‚vt‘-Anfrage an Vorstandsmitglied Dr. Marcus Kremer machen die Dortmunder von einer unhaltbaren Schweigepflichtentbindungserklärung abhängig.

Erst nach vehementem Einsatz der ‚vt‘-Redaktion lenkt die Continentale ein und korrigiert die dem HGB entgegenstehenden Argumentationen: Die Continentale hatte am 23.07.2020 den Vertriebspartnervertrag mit Versicherungsvermittler Dr. Christof Leuze/Gummersbach fristgemäß zum 31.01.2021 gekündigt. Dr. Leuze, der durch seine frühere Tätigkeit für die Mannheimer Krankenversicherung zur Continentale kam, machte unter Beachtung des § 89b Abs. 4 HGB „innerhalb eines Jahres nach Beendigung des Vertragsverhältnisses“ am 23.04.2021 seinen Anspruch geltend. Auf seine Bitte um Berechnung des Ausgleichsanspruchs nach HGB teilt Continentale ihm am 28.04.2021 mit, „die Ausgleichsansprüche werden in der Versicherungswirtschaft nach den ‚Grundsätzen zur Errechnung der Höhe des Ausgleichsanspruches (§ 89b HGB)‘ berechnet. Dabei werden die Produktion und Provision der letzten fünf Jahre herangezogen.“

Doch daraus ergäbe sich „kein Ausgleichsanspruch“. Da hatte Dr. Leuze nicht nur mehr erhofft, er hatte, wie sich den uns vorliegenden Schreiben entnehmen lässt, insbesondere zu keiner Zeit um die Berechnung nach den Grundsätzen gebeten, sondern auf HGB verwiesen. So betont er in der Antwort am 23.08., er sei mit der Berechnung seines „Ausgleichsanspruchs nach den ‚Grundsätzen‘ nicht einverstanden“ und habe auch nicht um die Berechnung nach den ‚Grundsätzen‘ „gebeten“.

Aber auch diese Hinweise des Mehrfachvermittlers beeindrucken den Versicherer nicht. Am 07.09. bekräftigt Continentale, dass „kein Ausgleichsanspruch anfällt“ mit folgender Begründung: „Dabei haben wir die gültigen Grundsätze zur Errechnung eines Ausgleichsanspruches nach § 89b HGB berücksichtigt.“ Der Vertreter soll wohl mit der Hervorhebung in fett beeindruckt werden und so wird auch mit einer angeblichen Rechtsexpertise argumentiert: Es ergäbe sich kein neuer Sachverhalt, „diesen Punkt haben wir auch mit unserer juristischen Abteilung geklärt“. Zudem: „Der von Ihnen aufgeführte § 89 HGB Abs. 4 bezieht sich auf das SHUK-Geschäft.“

Dr. Leuze lässt sich aber von den Verweisen auf eine juristische Prüfung und gesetzliche Regelungen nicht ins Bockshorn jagen. Er schaltet die ‚vt‘-Redaktion ein. Wir haben den Fall Vorstandsmitglied Dr. Marcus Kremer geschildert und um Stellungnahme gebeten u. a. zu: ++ An welcher Stelle in § 89b HGB wird auf die Grundsätze zur Errechnung der Höhe des Ausgleichsanspruchs hingewiesen? ++ Sind die von Verbänden vereinbarten ‚Grundsätze zur Errechnung der Höhe des Ausgleichsanspruchs‘ nach Auffassung der Continentale rechtsverbindlich anzuwenden? Wenn ja, aus welcher Rechtsgrundlage ergibt sich das?

++ Ist es nach Auffassung der Continentale einem Versicherungsvertreter verwehrt, seinen Ausgleichsanspruch auf Basis von § 89b HGB darzulegen und zu fordern? ++ Hat Dr. Leuze zugestimmt oder gebeten, dass die Continentale die Berechnung des Ausgleichsanspruchs nach den Grundsätzen zur Errechnung der Höhe des Ausgleichsanspruchs vornimmt? ++ Woraus entnimmt Continentale, dass § 89b HGB nicht für das Krankengeschäft gilt?

„Damit wir uns zu dem Vertrag von Herrn Dr. Leuze äußern können, benötigen wir zunächst eine Entbindung von der Schweigepflicht von Herrn Dr. Leuze“, teilen uns die Dortmunder mit und fügen eine vorbereitete Schweigepflichtentbindungserklärung bei. Dr. Leuze soll „die für die Continentale Krankenversicherung a.G. tätigen Personen von ihrer Schweigepflicht“ entbinden.

„Hierbei können Gesundheitsdaten und Daten mitgeteilt werden, die Rückschlüsse auf meine Gesundheit zulassen oder gemäß § 203 Strafgesetzbuch (StGB) geschützte Informationen über meinen Vertrag der Presse sowie deren Mitarbeiter zur Kenntnis gegeben werden. Ich bin damit einverstanden, dass in diesem Zusammenhang – soweit erforderlich – meine Gesundheitsdaten weitergegeben werden und befreie auch insoweit die für die Continentale Krankenversicherung tätigen Personen von ihrer Schweigepflicht.“

Halleluja! Das ist nicht mit Kanonen auf Spatzen geschossen, sondern grober Unfug und nichts anderes als die Behinderung einer aufklärenden Pressearbeit. Von unseren neun Fragen betreffen lediglich zwei den Vermittler und das auch nur insoweit, ob er der Berechnung nach den Grundsätzen zugestimmt hat.

Die anderen Fragen befassen sich mit den Rechtsgrundlagen, den HGB-Regelungen und deren Auslegung durch die Continentale und sind ohne jeglichen Bezug zu Dr. Leuze zu beantworten. Weder haben wir schützenswerte vertrags- oder personenbezogene Daten angefragt noch werden diese zur Beantwortung benötigt, erst recht keine gesundheitsbezogenen Daten.

Unsere Sichtweise teilen wir der Continentale auch so deutlich mit und schlagen vor, dass die Continentale unter Nennung der konkreten Rechtsgrundlagen erläutert, welche Fragen zur Beantwortung der gewünschten Schweigepflichtentbindungserklärung bedürfen.

„Zu Einzelheiten des konkreten Vertragsverhältnisses werden wir keine Stellung nehmen“, teilen die Dortmunder daraufhin mit. Allerdings wollten wir auch gar nicht wissen, wie hoch der Ausgleichsanspruch bei korrekter Berechnung ist. Jedoch könne man „mitteilen, dass wir vertraglich üblicherweise die ‚Grundsätze zur Errechnung der Höhe des Ausgleichsanspruchs‘ vereinbaren, die vom GDV und Vermittlerverbänden erstellt wurden und der Erleichterung im Rechtsverkehr nach Ende eines Vertretervertrages dienen.

Diese Grundsätze sehen in Abschnitt II für die Sparte Kranken vor, dass die durchschnittliche selbst vermittelte Gesamtjahresproduktion in Monatsbeiträgen der letzten fünf Jahre herangezogen wird, um den Ausgleich zu berechnen.“ Der Continentale sollte allerdings auch die HGB-Regelung bekannt sein, dass „der Anspruch im Voraus nicht ausgeschlossen werden“ kann. Auch nicht durch eine Vereinbarung der Grundsätze im Vertretervertrag, wenn die Anwendung der Grundsätze sich dann als nachteilig für den Vermittler herausstellt.

Nachdem der Vertreter bereits seit über sechs Monaten um seinen Ausgleichsanspruch kämpft, lenkt die Continentale nach der ‚vt‘-Intervention nun endlich ein: „Sollte ein ausgeschiedener Handelsvertreter mit der Heranziehung der ‚Grundsätze‘ nicht einverstanden sein, bleibt es ihm unbenommen, mit einer eigenen systematisch begründeten Berechnung auf uns zuzukommen.“ Diese einfache Auskunft hätte die Continentale Dr. Leuze bereits im April geben können, statt auf der 0 € ergebenden Berechnung nach den Grundsätzen zu beharren.

Denn diese Auskunft ist auch rechtlich korrekt: „Da der § 89b HGB eine einseitig zwingende Norm darstellt, die zum Nachteil des Vertreters nicht abbedungen werden kann, besteht stets die Möglichkeit, sich auf das Gesetz zu berufen“, bestätigt Vertriebsrechtsexperte Rechtsanwalt Jürgen Evers, Rechtsanwälte für Vertriebsrecht/Bremen, und erläutert: „Natürlich sind nach dem Gesetz auch Ausgleichsansprüche für das Krankenversicherungsgeschäft denkbar. Nach dem Gesetz errechnet sich der Ausgleich nach dem Folge- oder Erweiterungsgeschäft aus den bestehenden Krankenversicherungen, also etwa Vertragsaufstockungen oder Risikoeinschlüsse von Kindern und dergleichen.“

Nun liegt es am Vermittler, der Continentalen eine Berechnung vorzulegen, zu welchem Ausgleichsanspruch auch immer diese führt. Aber auf eine Abspeisung mit 0 € auf Basis einer rechtlich falschen Begründung muss Dr. Leuze sich nun jedenfalls nicht mehr gefallen lassen.

‚vt‘-Fazit: ++ Wir wollen der Continentale nicht unterstellen, dass man versucht, Vertreter mit vorsätzlichen Falschinformationen um den Ausgleichsanspruch zu bringen. Aber wenn ein Sachbearbeiter wiederholt rechtlich fehlerhaft das Ausgleichsanspruchsersuchen beantwortet und obendrein offenbar mit dem Hinweis auf eine Abklärung mit der „juristischen Abteilung“ den Vertreter beeindrucken will, hat das ein Geschmäckle.

Statt mit einer unsinnigen Schweigepflichtentbindungserklärung eine journalistische Recherche zu behindern und die Beantwortung von aufklärenden Fragen zu verweigern, wäre es angebracht gewesen, den groben Fehler des Sachbearbeiters einzugestehen und zu korrigieren.

++ Welche Erfahrungen machen Sie mit der Continentalen? Bei Problemen mit den Dortmundern oder einem anderen Versicherer sollten Sie die ‚vt‘-Redaktion einschalten.

 

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