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NÜRNBERGER Versicherung: Die Ruhe vor dem Vertriebssturm!

Die NÜRNBERGER Versicherung weckte nach ihrem beispiellosen Vertriebs-Tohuwabohu der zurückliegenden Jahre die Sehnsucht nach "Zeit für FairÄnderung". Folgt nun eine Epoche der Rückbesinnung auf die gute alte Zeit, in der die Franken noch als der Maklerversicherer die Herzen des Vertriebs erreichten? CEO Dr. Armin Zitzmann hat fast sein gesamtes Berufsleben in dem Konzern verbracht, so dass er sich noch erinnern müsste, wie ein Versicherungsunternehmen erfolgreich geführt werden kann. Nach dessen CEO-Le(e)hrjahren, in denen die NÜRNBERGER im März 2015 wie mit der Axt durch den Wald rennend langjährig gewachsene Vertriebsstränge kappte, die Vertragsbeziehung zu ca. 10.000 Versicherungsmaklern (!) beendete, um bei ca. 7.000 anzukommen, die Zahl der Außendienststellen von 63 auf 34 fast halbierte und obendrein drastische Kürzungen der Abschluss- und Bestandsvergütung durchdrückte, kochte die Maklerseele, was zu einem unvergesslichen Protest-Orkan via unserer 'k-mi'-Marktbefragung anschwoll (vgl. "NÜRNBERGER Versicherung: Maklerversicherer? Das Vermittlervotum spricht dagegen"). Richten wir unsere Aufmerksamkeit auf die Gegenwart, bevor wir zu Dr. Zitzmanns neuesten Geheimprojekten kommen, die Vertriebspartner nicht unvorbereitet treffen sollten:

Denken Sie bei Slogans wie  "Ein perfektes Karrierematch" oder der Suche nach einem  "unerwarteten Traumjob" an die NÜRNBERGER Versicherung? So ganz geheuer scheint das eigene Werbegeheule dem Versicherer wohl selbst nicht zu sein, denn in einer Pressemeldung mit der Verbreitung dieses Inhalts stellen die Franken vorneweg: "Fachkräftemangel und eine Branche, die nicht gerade die interessanteste ist: Beim Gewinnen und Binden qualifizierter Mitarbeiter stehen die Versicherer vor immer größeren Herausforderungen." Wir konstatieren dazu: Selbst schuld! Wer hat denn im Jahr 2014 die Außenstellen im Vertrieb fast halbiert und dort 191 Stellen gestrichen? Und wer hat ein Jahr später rund 290 (ca. 10 %) Innendienstmitarbeitern die Ausgangstür des Unternehmens gezeigt? Nein, das war alles andere als ein 'Perfect Match' vom Vorstandsvorsitzenden der NÜRNBERGER-Unternehmensgruppe und dessen Kahlschlagteam! Heute stützt man sich auf billige Anglizismen, um sich als moderner und attraktiver Arbeitgeber ins Gespräch zu bringen, als ob es keine jüngere Vergangenheit gab, und über den die örtliche Presse vor vier Jahren in Bezug auf dessen Arbeitskosmos festhielt: "Bei den Mitarbeitern im Versicherungskomplex an der Nürnberger Ostendstraße geht die Angst vor einem gravierenden Stellenabbau um (…) die Anspannung wächst seit Wochen" ('NN' vom 20.11.2015). Mit dickem Fell verkündet nun Personalvorstand Walter Bockshecker: "Wir möchten potenziellen Bewerbern zeigen, dass sie bei uns einen unerwarteten Traumjob finden können (…)."

Wer verbrannte Arbeitsmarkt-Erde wie die NÜRNBERGER Versicherung hinterlassen hat, dem ist es selbst zuzuschreiben, dass Jobsuchende einen Bogen machen. Sich dann allerdings als ein begehrenswerter Arbeitgeber-Saubermann hinzustellen, das ist vor allem ein Schlag ins Gesicht derjenigen, denen man vor wenigen Jahren noch auf Grundlage eines gefühlsarmen Benchmarksystem-Ergebnisses den schäbigen Laufpass gab. Dr. Zitzmann begründete die damalige Personalkeule wie folgt: "Durch die angekündigten Änderungen werden wir nicht nur besser und schneller. Wir werden durch eine Automatisierung von Arbeitsabläufen sowie den Abbau von Doppelfunktionen auch kostengünstiger arbeiten können." Um dies zu erreichen, implementierte der NÜRNBERGER-CEO wohl auch seinen alten Spezi Stefan Kreß zum Vorstand NÜRNBERGER Lebensversicherung Operations, Risikomanagement, In- und Outputmanagement. Beide kennen sich aus gemeinsamen Gothaer-Zeiten, als Dr. Zitzmann zwischenzeitlich abseits seines Stammunternehmens andere Erfahrungen sammelte. Wer im Neugeschäft nicht zulegt und die Vorstandsvergütung hoch hält, der muss an anderer Stelle den Gürtel enger schnallen – am leichtesten mit Entlassungen. Allerdings, wie sinnig sind die Sparmaßnahmen der NÜRNBERGER gewesen und welche Synergien wurden gehoben?

Die Zahl der Beschäftigten ist im Jahr 2018 gegenüber Vorjahr um 3,8 % wieder angestiegen, und die Verwaltungskostenquote ist von 2,8 auf 3,2 Prozentpunkte um knackige 14,3 % angestiegen! Rationalisierungserfolge sehen aus unserer Sicht anders aus. In dem Zusammenhang verweisen wir gerne auf unsere Kostenkarussell-Aufdeckung bei dem Versicherer in 'k-mi' 14/16. Dort zeigten wir am Beispiel einer LV-Police auf, dass trotz einer früheren Basis-Abschlussprovisionskürzung von 4 % zzgl. weitere Bonifikationen auf nur noch 2,5 % die vom Versicherungsnehmer zu tragenden Gesamtkosten überhaupt nicht geringer wurden. Jeder von uns kann sich ausrechnen, wer exklusiv hier seinen Profit zieht, bzw. diesen ziehen muss, um seinen möglicherweise ineffizienten Apparat am Laufen zu halten! Vertriebskreise fragen sich jedenfalls, wo bleiben beim Versicherer die EDV-Errungenschaften wie  ++ die Implementierung von elektronischen Schnittstellen zum Vertrieb und zu den Kunden  ++ papierlose Informationsbeschaffung und Antragstellung sowie  ++ elektronische Verkaufshilfen – was zugleich zu Einsparungen im Kostenblock Innendienst führen könnte.

Erstaunlich mutete die Entscheidung im Jahr 2015 an, den in Ruhestand gegangenen Vertriebsvorstand Dr. Hans-Joachim Rauscher durch keinen nachfolgenden Vorstand in der Holding zu ersetzen. Dr. Zitzmann deckte diesen Bereich einfach mit ab. Man glaubte, mit der Berufung von Jürgen Wahner als Vertriebsvorstand bei der NÜRNBERGER Lebensversicherung AG sowie NÜRNBERGER Allgemeine Versicherungs-AG das Vakuum (soweit man natürlich bei der Kompetenz des CEO überhaupt davon sprechen kann) ausreichend gefüllt zu haben. Wie dem auch sei, bei einem rückläufigen Neugeschäft zwischen 15 und 30 % im für die Versicherungsgruppe wichtigen LV-Segment und stagnierenden Beitragseinnahmen nach der vollzogenen Makler-Rauswurfaktion, scheint die Vertriebsstrategie der Fokussierung auf die Hauptvermittler nach hinten losgegangen zu sein. Aber statt aus möglichen Fehlern zu lernen, plant der Versicherer, wie 'k-mi' aus verlässlich gut unterrichteten Kreisen erfahren hat, die nächsten höchst fragwürdigen Maßnahmen:  ++ Der verbliebene Vertriebstöchter-Vorstand Wahner soll ausscheiden. Nach unseren Informationen ist kein direkter Nachfolger geplant! Die Vertriebsbetreuung für den angestellten Vertrieb und die Haupt- wie auch Generalagenten soll 2020 in eine externe Gesellschaft ausgelagert werden. Die Maklerbetreuung soll wiederum von einer nachgelagerten Ebene abgedeckt werden, was wohl einem internen Bedeutungsverlust dieser einst tragenden Vertriebsschiene gleichkommt! 'k-mi' befragte natürlich Dr. Zitzmann zu diesen anstehenden Umstrukturierungen: "Die NÜRNBERGER arbeitet seit langer Zeit erfolgreich und vertrauensvoll mit freien Vermittlern zusammen. Es besteht kein Grund, diese Zusammenarbeit infrage zu stellen. Über die Verträge von Vorständen entscheidet der Aufsichtsrat zu gegebener Zeit. An Personalspekulationen beteiligen wir uns generell nicht", heißt es aus Nürnberg, was jedenfalls nach keinem Dementi klingt.

Aber es kommt noch wilder: Im Segment Altersvorsorge/Rente soll die Abschlusscourtage um 15 % bis 20 % gekappt werden! Glaubt man etwa im Vorstandscasino, dass der Kunde auch ohne einen begeisternden Berater die NÜRNBERGER-Produktwelt von alleine abruft? So sicher scheint man sich da selbst nicht zu sein. Im Geschäftsbericht 2018 machen sich die Strategen sehr wohl Gedanken zur Wahrnehmung: "Wir können im Vergleich zu den Wettbewerbern nur verhältnismäßig geringe Budgets einsetzen (…) Denn um neue und gerade auch jüngere Kunden zu akquirieren, müssen diese uns als NÜRNBERGER erst einmal wahrnehmen." Soweit d’accord, aber weshalb rechnet man sich an der Ausgabenstelle so klein, obwohl man bestimmt keine Mini-Kohle als Hauptsponsor des 1. FC Nürnberg verjubelt und dort VIP-Besuche im Stadion zelebriert?

'k-mi'-Fazit: Bei der NÜRNBERGER läuft es in die falsche Richtung. Die Gewinnung qualifizierter Mitarbeiter ist kein Selbstläufer, die Skaleneffekte beim Zubau der Digitalisierung müssten erhöht werden, der Kostenblock Innendienst kann nicht signifikant wie geplant reduziert werden und nun packt man die Vertriebskeule wieder aus. Will man über eine Auslagerung der Vertriebsbetreuung Einsparungen im Bereich der variablen Bewertungssystem-Vergütung leichter durchdrücken und vielleicht externe Vertriebstruppen dort neu anbinden? Das Signal in Richtung Maklerschaft ist jedenfalls verheerend.

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