Aktuelles

OLG: TARIFCHECK24 als Pseudo-Tippgeber mit illegaler Versicherungsvermittlung

Versicherungsvermittlung zu betreiben, ohne die dafür notwendige Erlaubnis zu haben, ist illegale Versicherungsvermittlung. Einmal mehr hat Michael Otto, Geschäftsführer der Otto Assekuranzmakler KG/Isernhagen, mit Unterstützung der IGVM – Interessengemeinschaft Deutscher Versicherungsmakler einen wichtigen Sieg für Verbraucher und Versicherungsmakler im Kampf gegen unlauteren Wettbewerb errungen. Dabei scheut Otto auch vor großen Namen nicht zurück. Immerhin besteht bei der Beklagten TARIFCHECK24 GmbH, der Betreiberin des Portals ‚Tarifcheck.de‘, laut Handelsregister-Eintrag aus 2013 ein „Gewinnabführungsvertrag“ und laut Eintrag aus 2014 ein „Beherrschungsvertrag“ mit der CHECK24 Vergleichsportal GmbH.

Eine finanzstarke Kraft im Rücken könnte der Grund gewesen sein, dass TARIFCHECK24 ++ zunächst einem Unterlassungsbegehren – Versicherungsmakler Otto hatte TARIFCHECK24 durch die Kanzlei Schindhelm Rechtsanwaltsgesellschaftgesellschaft mbH abmahnen lassen – nicht nachkam ++ trotz deftiger Klatsche vor dem Landgericht Lübeck (Urteil vom 19.04.2021, Az.: 16 O 13/20) in Berufung ging ++ erst, nachdem vom Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht die Aussichtslosigkeit attestiert wurde, die Berufung zurücknahm.

Mit aktuellem Beschluss des OLG vom 02.12.2021 (Az.: 6 U 26/21) ist das Urteil des LG Lübeck rechtskräftig geworden. Bevor wir zu den Urteilsgründen kommen, werfen wir kurz einen Blick zurück: Es gibt diverse Portale, die Verbraucher vom Abschluss einer Versicherung überzeugen, aber als angeblicher Tippgeber die regulatorischen Anforderungen an Versicherungsvermittler nicht erfüllen wollen. Der gesetzeswidrige Wettbewerb wird umso ärgerlicher, wenn von Erwischten beinhart und uneinsichtig behauptet wird, nur Tippgeber zu sein. Es ist erstaunlich, wie vehement bisweilen von Pseudo-Tippgebern an dem offenbar lukrativen Geschäftsmodell festgehalten wird und Gerichtsinstanzen nicht gescheut werden. Für uns stellte sich bereits mehrfach die Frage, ob es einen Sponsor gibt, der es ermöglicht, dass trotz u. E. eindeutiger Rechtslage der Instanzenweg beschritten wird, vielleicht in der Hoffnung, lukrative Grenzen der Tippgeber-Portale gerichtlich ausdehnen zu können. Über einen ebenfalls besonders hartnäckigen Fall informierten wir Sie bereits:

Michael Otto hatte ebenfalls den Betreiber der Portale ‚www.kfz-versicherungen.cc‘ und ‚www.kfz-versicherungsvergleich.de‘ durch die Kanzlei Schindhelm abmahnen lassen. Erfolglos, daher verklagte er den Betreiber der Internetpräsenzen auf Unterlassung. Das Landgericht Leipzig bestätigte den wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch und untersagte dem Betreiber mit Urteil vom 29.11.2019 (Az. 1 HK O 1349/19), „im geschäftlichen Verkehr eine Tätigkeit als Versicherungsvermittler durchzuführen, ohne hierfür eine behördliche Erlaubnis der zuständigen IHK nach § 34d Abs. 1 Satz 1 GewO zu haben“.

Doch es wurde Berufung eingelegt, die aber wies das Oberlandesgericht Dresden mit Urteil vom 28.07.2020 (Az. 14 U 140/20) zurück und ließ die Revision nicht zu. Das Urteil des LG Leipzig wurde rechtskräftig (vgl. ‚vt‘ 37/20 und 11/21). Interessant im Zusammenhang mit dem aktuellen Fall ist, dass der Kfz-Vergleichsportal-Betreiber keine direkten Anbindungen an Versicherer hatte, sondern das Portal ‚Tarifcheck.de‘ nutzte und bediente – und bei dem Betreiber TARIFCHECK24 ein Beherrschungsvertrag mit dem Münchner CHECK24 Vergleichsportal besteht.

Kommen wir damit zum aktuellen Fall: TARIFCHECK24 „betreibt im Internet Vergleichsportale für verschiedene Produkte, unter anderem für Versicherungen. So ermöglicht sie interessierten Besuchern ihrer Internetseite ‚Tarifcheck‘ den Zugang zu Vergleichsübersichten für einzelne Versicherungen und deren Leistungen sowie deren Kosten“, ist dem Tatbestand zu entnehmen. Genau unter die Lupe genommen und abgemahnt hatte Otto die Abläufe bei einer Privathaftpflichtversicherung. Bei dieser Tätigkeit handele es sich laut TARIFCHECK24 „allenfalls um ein sogenanntes Tippgeben“, jedenfalls sei man „nicht Versicherungsvermittlerin im Sinne von § 34 d GewO“.

Denn „wie sich aus den Zusätzen ‚Ein Angebot von Mr Money‘ und den Erstinformationen zu dem Versicherungsvermittler, bei dem es sich um Dirk Natschke handele, ergebe“, trete TARIFCHECK24 „selbst nicht als Versicherungsvermittlerin auf, sondern gebe den Besuchern ihrer Internetseite und potenziellen Versicherungsnehmern nur den Tipp, die Dienstleistungen des Versicherungsvermittlers Dirk Natschke zu nutzen“. Zudem kläre man „an jeder Stelle deutlich darüber auf, (…) selbst kein Versicherungsvermittler“ zu sein. Doch das LG Lübeck verurteilte TARIFCHECK24 es „zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr eine Tätigkeit als Versicherungsvermittlerin durchzuführen, ohne hierfür eine behördliche Genehmigung der zuständigen IHK nach § 34d Abs. 1 S. 4 Nr. 2 GewO zu haben“. Keineswegs überraschend spielt eine inzwischen acht Jahre alte Entscheidung des Bundesgerichtshofs in den Urteilsgründen eine große Rolle. Der BGH hatte mit Urteil vom 28.11.2013 (Az. I ZR 7/13) mit der ‚Tippgeber-Entscheidung‘ klar bestätigt:

Der Versicherungsvertrieb der Tchibo Direct GmbH war illegal (vgl. ‚vt‘ 49/13)! Damit hatte der BGH nach altem Recht (IMD-Richtlinie) die Tippgeber-Argumentation von Tchibo vom Tisch gefegt. Auf der Tchibo-Homepage waren u. a. klassische Versicherungen offeriert worden, ohne dass hierfür eine gesetzliche Genehmigung vorlag. Der Kaffeeröster hatte sich selbst nur als Tippgeber betrachtet und als solcher von einer Genehmigungspflicht befreit gesehen. Dem BGH gingen die Tchibo-Aktivitäten für einen reinen Tippgeber zu weit, da nicht nur Kontaktdetails weitergegeben, sondern Kunden die Möglichkeiten zu einem Online-Abschluss für konkrete Produkte offeriert wurden. Das BGH-Urteil fußt auf der im September 2008 begonnenen Recherche und Initiative der ‚vt’-Redaktion (vgl. ‚vt‘ 28/09) zum Kampf für die Einhaltung der Regeln des fairen Wettbewerbs!

Nach dieser „maßgebenden Entscheidung legt der Bundesgerichtshof bei seiner aus Gründen eines hohen Verbraucherschutzniveaus eher weiten Definition des Versicherungsvermittlers zu Grunde, dass es für die Abgrenzung zwischen Tippgeber einerseits und – möglicherweise mehrstufigem – Versicherungsvermittler andererseits auf das objektive Erscheinungsbild der ausgeübten Tätigkeit ankommt“, erläutert das LG Lübeck und fasst zusammen: „Selbst ein Wechsel auf Internetseiten Dritter steht nach Auffassung des Bundesgerichtshofs einer Beurteilung als Versicherungsvermittlungstätigkeit des Inhabers einer Internetseite nicht entgegen, wenn dieser Wechsel dem Verbraucher verborgen bleibt. Danach spricht es für eine ggf. auch nur mittelbare Versicherungsvermittlung, wenn sich bei objektiver Betrachtung die zu beurteilende Tätigkeit des jeweiligen Anbieters nicht nur auf eine allgemeine Information über die Existenz verschiedener Versicherungsprodukte beschränkt, sondern auf einen konkreten Abschluss eines Versicherungsvertrags gerichtet ist.“

Das LG ließ die Berufung zu und TARIFCHECK24 legte beim Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht Berufung ein. Mit Beschluss vom 09.11.2021 teilte der Senat seine Absicht mit, „die Berufung (…) zurückzuweisen“. Denn „zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht dem Unterlassungsbegehren der Klägerin stattgegeben“. Warum zu Recht, erläutert das OLG in dem achtseitigen Beschluss ausführlich. Dass die Berufung „nach einstimmiger Auffassung des Senats offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg“ habe, scheint bei TARIFCHECK24 mit Geschäftsführer Jan Schust (oder möglicherweise Unterstützern des Verfahrens) zum Nachdenken und Einlenken geführt zu haben. Jedenfalls wurde die Berufung zurückgenommen und das Urteil des LG Lübeck wurde mit OLG-Beschluss vom 02.12.2021 rechtskräftig.

‚vt‘-Fazit: Für die Vermittlung von Versicherungen gibt es klare gesetzliche Vorgaben wie Qualifikation des Vermittlers, Abschluss einer Versicherung gegen Vermögensschäden des Kunden und Registrierung. Unter dem Deckmäntelchen der Tippgebereigenschaft die gesetzlichen Vorschriften zu umgehen, ist kein Kavaliersdelikt, sondern illegale Versicherungsvermittlung. Dies abzumahnen oder erfolgreich den Gerichtsweg zu beschreiten ist gut für alle kundenorientiert arbeitenden Versicherungsvermittler und die Verbraucher.

Das Urteil des Landgericht Lübeck laden Sie sich hier als vollständige PDF herunter.

Den OLG-Schleswig-Holstein-Beschluss der Berufungsrücknahme finden sie hier als PDF.

 

Dieser Beitrag ist frei lesbar. Wenn Sie den 'direkten Draht' für das vertrauliche Gespräch mit Ihrem ‚versicherungstip‘-Chefredakteur nutzen, umfassend und zeitnah informiert und vollen Zugriff auf alle Print- und Digital-Leistungen von ‚versicherungstip‘ haben möchten: Sichern Sie sich umgehend die volle Leistungspalette  mit einem

'versicherungstip'-Abonnement.

Damit erhalten Sie

• wöchentlich die 'versicherungstip'-Ausgabe per Post

• dazu Spezial-Beilagen aus den Bereichen Beratung, Recht und Steuern

• vollen digitalen Zugriff auf alle Berichte in versicherungstip ab dem Erscheinungstag

• vollen digitalen Zugriff auf alle Service-Unterlagen (Urteile, Verordnungen, Gesetzentwürfe, Anwendungsschreiben etc.)

• vollen digitalen Zugriff auf unsere Volltext-Suche in allen 'vt'-Veröffentlichungen seit 2002 für Ihre Recherche und

•  Sie können den 'direkten Draht' für das vertrauliche Gespräch mit Ihrem Chefredakteur nutzen.

Hier finden Sie weitere Informationen zum 'versicherungstip' und zur Leistungspalette.

Teilen Sie diese Neuigkeit in Ihrem Netzwerk