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P&R-Gruppe: Drei Insolvenzen und weitere Fragezeichen

Am Montag platzte nach mehreren Tagen der Ungewissheit und Spekulationen wie von uns  bereits befürchtet (vgl. 'k-mi' 10 u. 11/18) die Bombe: "Die P&R Container Vertriebs- und Verwaltungs-GmbH, die P&R Gebrauchtcontainer Vertriebs- und Verwaltungs-GmbH sowie die P&R Container Leasing GmbH haben jeweils am 15.03.2018 beim Amtsgericht München Insolvenzantrag gestellt", so die Mitteilung der Kanzlei JAFFÉ Rechtsanwälte Insolvenzverwalter/München. Auch wenn sich zu möglichen Verlusten für die Anleger noch wenig sagen lässt, droht damit eine Anlagepleite, deren Dimension den Fall 'Prokon' in den Schatten stellen könnte: Bereits im Jahr 1999 hatte P&R mit Container-Direktinvestments nach eigenen Angaben die Milliarden-Euro-Grenze beim verwalteten Anlegerkapital überschritten. Im Jahr 2017, im zweiundvierzigsten Jahr seit Gründung der ersten P&R Gesellschaft, dürfte das Investitionsvolumen nach unserer Schätzung ungefähr auf das 3–4fache angestiegen sein, also auf weit über 3 Mrd. €. Laut aktuellem Prospekt verwalten die derzeitigen P&R-Gesellschaften insgesamt ca. 1,25 Millionen Standardcontainer-Einheiten (TEU) für ca. 50.000 Kunden. Hinzu kommen noch etwa 390 Mio. €, die P&R im Jahr 2017 mit prospektpflichtigen Direktinvestments nach dem Vermögensanlagengesetz einsammelte (Angebote 5001–5005, vgl. 'k-mi' 08/18). Nach grober Schätzung dürfte der Marktwert des Containerportfolios ohne Berücksichtigung der aktuellen Vermietungssituation nicht mehr als die Hälfte des verwalteten Kapitals betragen.

Die Emittentin der letztgenannten im Jahr 2017 aufgelegten Vermögensanlagen 5001–5005, die P&R Transport-Container GmbH, ist bislang nicht insolvent, ebenso wenig wie die P&R Equipment & Finance Corp. mit Sitz in Zug in der Schweiz, die per Rahmenvertrag für Ankauf, Untervermietung und Rückkauf der Standardcontainer verantwortlich ist. Was ist passiert? Nach vorzeitiger Schließung des Angebots 5005 am 07.03.2018 hüllte sich P&R zunächst in Schweigen und verwies auf eine Stellungnahme in den nächsten Tagen. Schließlich äußerte sich P&R erst am 19.03.2018, kurz nach Bekanntwerden der Insolvenzen. Zu den Gründen erklärte P&R am Montag: "Die aktuellen Schwierigkeiten der von einer Zahlungsunfähigkeit betroffenen Container-Investmentgesellschaften beruhen im wesentlichen darauf, dass Rückkäufe in einem erheblichen Umfang gegenüber den Anlegern in Aussicht gestellt wurden, die derzeit nicht zu den bei Vertragsabschluss in Aussicht gestellten Rückkaufswerten durchgeführt werden können. Zudem können die fälligen Mietzahlungen nicht erbracht werden."

Demnach sind die insolventen P&R-Gesellschaften offenbar nicht nur damit überfordert gewesen, ggf. im heutigen Markt überhöhte Rückkaufwerte auszuzahlen, sondern selbst damit, laufende Mietzahlungen zu leisten. 'k-mi' hatte bereits im Februar 2017 auf dieses Risiko hingewiesen und zur "äußersten Vorsicht" geraten (vgl. 'k-mi' 08C/17). In der Stellungnahme vom 19.03. schiebt P&R dies auf den Rückgang der Containerpreise in den Jahren von 2011 bis 2016 sowie nachteilige Wechselkursentwicklungen: "Als die aktuell laufenden Verträge abgeschlossen wurden, herrschte auf dem Weltmarkt eine große Nachfrage nach Containern, die nur zu marktüblichen hohen Preisen befriedigt werden konnte. Die Entwicklung der Containerpreise ist dabei von einer Vielzahl von Faktoren abhängig, wie beispielsweise dem Welthandelsvolumen und der damit verbundenen Nachfrage, der Entwicklung beim Flottenwachstum und Flottenersatz oder der zentral mit den Containerpreisen korrespondierenden Stahlpreis-Entwicklung. Seit 2011 sind die Containerpreise rückläufig bis zum Tiefstand 2016. Hinzu kommen nachteilige Wechselkursentwicklungen, da die Mieten gegenüber den Anlegern in Euro gezahlt werden, die Vermietung der Container auf dem Weltmarkt jedoch gegen US-Dollar erfolgen muss. Seit 2017 ist eine Trendwende sichtbar und die Containerpreise ziehen an. Trotz der sich verschlechternden Wirtschaftslage hatten die P&R Gesellschaften den Anlegern in den letzten Jahren weiterhin die bei Vertragsschluss prognostizierten hohen Rückkaufspreise bezahlt. Dabei wurden die vorhandenen stillen Reserven aufgebraucht."

P&R gibt somit unumwunden zu, dass man für die Kunden Container teuer bzw. im Umfeld "großer Nachfrage" eingekauft hat. Doch nicht nur der Preis, sondern auch das große Volumen des Container-Portfolios an sich war am Ende das Problem, da P&R zuletzt das ganz große Rad gedreht hat. Hieran schließen sich eine ganze Reihe von brisanten Fragen an, die nun dringend aufgeklärt werden müssen:  ++ Wie hoch war die Marge von P&R?  ++ Konnte das hohe Investitionsvolumen der Kunden immer adäquat und zeitnah investiert werden?  ++ Konnte der hohe jährliche Zufluss von Anlegergeldern zu Höchstmietraten an Top-Mieter vermietet werden, oder wurden die Container mehr oder weniger einfach nur irgendwo untergebracht?  ++ Ab wann wusste man bei P&R, dass die Liquidität zur Neige geht bzw. dass das Geld irgendwann nicht mehr reichen würde? ++ Warum hat man offenbar trotz Warnzeichen immer weitergemacht und zuletzt auch noch mit BaFin-Prospekten Geld eingesammelt?  ++ Wurde der Vertrieb über den sich anbahnenden Engpass im Ungewissen gelassen? ++ Wie lange wurden Engpässe und Löcher evtl. schon aus anderen Töpfen gestopft?

Der letzte Aspekt bringt uns gleich zur nächsten Hiobsbotschaft: Ebenfalls an diesem Montag veröffentlichte P&R eine Meldung nach § 11a Vermögensanlagengesetz, wonach für die Emittentin der 2017er Vermögensanlagen 5001–5005, die P&R Transport-Container GmbH, die über 390 Mio. € verwaltet, "aufgrund der Insolvenz der vorgenannten Gesellschaften (P&R Container Vertriebs- und Verwaltungs-GmbH, P&R Gebrauchtcontainer Vertriebs- und Verwaltungs-GmbH, P&R Container Leasing GmbH) die Gefahr besteht, dass die P&R Transport-Container GmbH mit ihren Forderungen gegenüber diesen Gesellschaften ganz oder teilweise ausfällt". Aber wie kann das sein, dass die neue Emittentin der Vermögensanlagen Forderungen gegen die Gesellschaften der Alt-verträge hat? Der neuen Emittentin müsste es doch bestens gehen, da nach letzter Meldung von P&R vom 19.03. die "P&R Transport-Container GmbH weiter in einem positiven Marktumfeld" arbeitet und bei den Containerpreisen deutlich konservativer kalkuliert haben will, wie P&R ebenfalls am Montag mitteilte. 

Hat P&R demnach auch unter den Bedingungen der Prospektpflicht die Gelder wie in einem Verschiebebahnhof bzw. in einem störungsanfälligen Pseudo-Cash-Pooling innerhalb der Gruppe herumgereicht? Belege dafür gibt es derzeit nicht, aber Indizien: Im aktuellen P&R-Prospekt zum Angebot 5005 heißt es bei Erläuterung der Zwischenbilanz der Emittentin P&R Transport-Container GmbH zum 30.11.2017: "Auf der Aktivseite sind als Umlaufvermögen sonstige Vermögensgegenstände in Höhe von € 321.531.360,91 ausgewiesen, die sich aus Forderungen der Emittentin gegenüber der P&R Container Vertriebs- und Verwaltungs-GmbH aus einem internen Verrechnungskonto sowie aus einer Umsatzsteuerforderung zusammensetzen." Wir verstehen diese Erläuterung dahingehend, dass die Liquidität der Emittentin von über 320 Mio. € auf einem Dritt-Konto verwaltet wird, für das die Emittentin im Zweifel über keine Vollmacht verfügt, und nicht auf dem Konto der Emittentin bei der UniCredit Bank. Somit ergibt sich eine aus unserer Sicht erklärungsbedürftige Diskrepanz zwischen der Zwischenbilanz der Emittentin zum 30.11.2017 und der Plan-Bilanz zum 31.12.2017: Laut Zwischenbilanz 30.11.2017 hat die Emittentin nur einen Kassenbestand von 443 T€ und Forderungen i. H. v. 321 Mio. €. Laut-Planbilanz zum Jahresende bzw. nur 30 Tage später sollte der Kassenbestand jedoch bei 185 Mio. € liegen! Vor dem Hintergrund, dass bei der Emittentin weder ein Treuhandvermögen noch ein Treuhandvertrag und weder eine Mittelverwendungskontrolle noch ein Mittelverwendungskontrollvertrag besteht, halten wir diesen Sachverhalt für erklärungsbedürftig.

'k-mi'-Fazit: Verbraucherschützer fordern vor dem Hintergrund der P&R-Pleite bereits wieder in einem Rundumschlag Provisions- und sonstige Verbote. Dies ist jedoch ebenso voreilig wie unsinnig. Schließlich war P&R wohl nahezu 40 Jahre im Markt tätig und hat damit wahrscheinlich mehr zufriedene Kundengenerationen hinterlassen, als es die Honorarberatung in ganz Deutschland auf lange Sicht erreichen wird. Für den im Raum stehenden Vorwurf, dass P&R über Jahrzehnte ein sog. Schneeballsystem betrieben hat, fehlen derzeit die Belege, auch wenn 'k-mi' seit Mitte der 90er Jahre die "Unklarheiten bei der Prospektierung" und die mangelnde Transparenz u. a. bei Kosten und Preisen immer wieder kritisiert hatte (vgl. 'k-mi'-PCs 29/94, 09/95, 25/96). Aber nicht nur der Kaufpreis der Container spielt hier eine Rolle: P&R ist vielmehr ein Opfer des eigenen Vertriebserfolgs  und am Ende der hausgemachten Probleme geworden, da insbesondere in den letzten Jahren – auch mit Hilfe von KWG-regulierten und BaFin-beaufsichtigten Banken – offenbar deutlich mehr Kapital eingesammelt wurde, als vernünftig und rentabel investiert werden konnte. Auch ein erfahrener Jongleur kann nicht immer mehr Bälle in der Luft halten. Völlig misslungen war dann Anfang 2017 der Markteintritt von P&R im Bereich von Direktinvestments nach Vermögensanlagengesetz. 'k-mi' kritisierte hier massiv die u. E. nicht plausible Prognose und die intransparente Schweizer Struktur (vgl. 'k-mi' 08C, 25/17). Insbesondere hier wird zu klären sein, ob die Neuanleger und Vermittler der aktuellen Angebote (5001–5005), die sich auf einen BaFin-gebilligten Prospekt verlassen hatten, in einen Verschiebebahnhof geraten sind, und ob und wie viel Geld ggf. in der Schweiz versickert ist. In Kürze analysieren wir für Sie ebenfalls die Situation für den Vertrieb und die Stellungnahmen der anderen Anbieter von Container-Direktinvestments, die sich inzwischen zur P&R-Pleite positioniert haben und Aufklärung darüber leisten, dass der Containermarkt aktuell gut performt und warum die Branche nicht in Sippenhaft für P&R genommen werden kann. Weitere Infos gibt es derzeit unter www.frachtcontainer-inso.de

 

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