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P&R – haftet die BaFin aufgrund Nachlässigkeiten bei der Prospektbewertung?

Der Hinweis auf die von RA Dr. Wolfgang Schirp / Berlin beim LG Frankfurt eingereichte Klage gegen die BaFin, mit der der renommierte Anwalt für seinen Mandanten die BaFin in Amtshaftung nehmen will (vgl. 'Bi'  46/2018), hat in unserer Leserschaft eine lebhafte Diskussion ausgelöst. Vor dem Hintergrund, dass die BaFin ihrerseits mit ihrem "Auskunfts- und Vorlageersuchen"  vertreibende Banken zu minutiöser Darlegung der Vertriebsaktivitäten aufgefordert hat, nur zu verständlich. 'Bi' hat sich ausführlich mit Schirp über dessen Wertungen zu den möglichen Unterlassungen der BaFin ausgetauscht. Das Ergebnis fassen wir zusammen:

Zunächst die Fakten: ++ Die BaFin hat erstmals 2017 die Verkaufsprospekte von P&R geprüft und gebilligt. Die Volumina sind gewaltig: Der Verkaufsprospekt 5001 umfasst ein Volumen von 93.339.605 €. Bei Prospekt 5002 summiert es sich auf 108.865.750 €. Nr. 5003 kommt auf 50.859.380 € und Nr. 5004 liegt bei 136.662.115 €. Daneben wurden in Private Placements über die Prospekte 6001 bis 6004 rd. 42 Mio. € vertrieben. Hinzukommen aus 2018 rd. 50 Mio. € Volumen.

Schirp fasst die möglichen Fehlleistungen der BaFin zusammen: ++ Verstoß gegen § 8 Abs. 1 S. 3 VermAnlG. Hier ist die sog. Kohärenzprüfung der BaFin geregelt, die sich auf drei wesentliche Punkte erstreckt: Die Prüfung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Emittenten für das laufende und das folgende Geschäftsjahr; die Prüfung der Geschäftsaussichten und die Prüfung, ob der Emittent seinen Verpflichtungen gegenüber den Anlegern nachkommt. Schirp stellt darauf ab, dass die BaFin die Einschränkungen in den WP-Testaten der bereits zuvor tätigen Schwestergesellschaften (seit 2007) nicht gewürdigt habe. So hätte der WP klar darauf aufmerksam gemacht, dass der "Gesamtbetrag der sonstigen finanziellen Verpflichtungen (Anm.: im Jahresabschluss) nicht angegeben" sei. Ferner hätte P&R einen falschen Zahlungsempfänger  prospektiert. Und schließlich hätte der BaFin auffallen müssen, dass zwischen Soll (Containerkauf binnen 90 Tagen) und Ist (Geld wurde bei anderer Vertriebsgesellschaft geparkt) eine Diskrepanz bestand. 

++ Verstoß gegen § 5b VermAnlG. Diese Vorschrift regelt klar, dass "Vermögensanlagen, die eine Nachschusspflicht vorsehen, zum öffentlichen Angebot oder Vertrieb im Inland nicht zugelassen" sind. Schirp weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der Begriff des Nachschusses weit zu fassen sei und all das mit umfasse, was über die Einlagesumme hinausgehe. Die P&R-Prospekte hätten, so Schirp, weitergehende Nachschüsse ausdrücklich offengelegt.

Für Schirp führen diese Bewertungen zu einer Inanspruchnahme der BaFin im Wege der Amtshaftung gem. § 839 Abs. 1 BGB. Der versierte Anwalt kennt natürlich die Rechtsprechung aus dem Effeff und sagt daher auch offen, bei dieser Vorschrift zwei Problemkreise zu sehen: ++ Zum einen die Frage, ob § 839 BGB den Interessen der Anleger dient, also die BaFin den Anlegern Schutz vor unseriösen Emittenten schuldet und ++ zweitens, ob anderweitige Ersatzmöglichkeiten (etwa durch die vertreibenden Banken) bestehen. Insbesondere der erste Punkt, ob die BaFin Aufgaben nur im öffentlichen Interesse wahrnimmt (so etwa § 4 Abs. 4 FinDAG, bzw. der frühere § 6 Abs. 3 KWG oder auch der Bundesgerichtshof) oder auch zum Schutze des Anlegers, ist juristisch umstritten. Aus diesem Grunde zieht Schirp klugerweise prozessual die Karte, das Verfahren unmittelbar nach Eröffnung ruhend zu stellen und dem EuGH diese Frage vorzulegen. Im Klartext heißt das: Falls der EuGH die Rechtsauffassung von Schirp teilt und der BaFin entgegen der Regelung in nationalem Recht (auch) die Aufgabe gibt, Anlegerinteressen zu schützen, muss vor dem LG Frankfurt weiterverhandelt werden und die Amtshaftung der BaFin (gegenüber dem Anleger) geprüft werden.

'Bi'-Zw.fazit: Vor dem Hintergrund, dass in dem Schirp-Verfahren in zwei Stufen, zunächst vor dem EuGH und anschließend vor dem LG Frankfurt, geklärt werden muss, ob die BaFin gegenüber den P&R-Anlegern für deren Schaden aufzukommen hat, rückt das Ersuchen der BaFin gegenüber den mitvertreibenden Banken auf Auskunft in ein anderes Licht. Noch hat 'Bi' keine Erkenntnisse darüber, wie die BaFin mit den Antworten der Institute umgehen wird. Dennoch: Vorsicht bleibt die Mutter der Porzellankiste.

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