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P&R-Insolvenzverfahren beginnt und wird zum Wirtschaftskrimi

Das Amtsgericht München hat am 24.07.2018 die Insolvenzverfahren für die deutschen P&R Container-Verwaltungsgesellschaften eröffnet und die vorläufigen Insolvenzverwalter Dr. Michael Jaffé und Dr. Philip Heinke aus der Kanzlei JAFFÉ Rechtsanwälte Insolvenzverwalter/München als Insolvenzverwalter bestellt. Die ersten Gläubigerversammlungen (sog. Berichtstermine) finden am 17. und 18.10.2018 statt. Hierfür wurde eigens die Münchener Olympiahalle reserviert, was die Dimension des Falls P&R eindrucksvoll vor Augen führt.

Mit ihrer Ankündigung lassen die Insolvenzverwalter auch gleich die Bombe platzen: Die bisherigen Verdachtsmomente, dass hinter P&R eine große Betrugsmaschinerie steht, erhärten sich: In ihrem nun bei Gericht zur Insolvenzeröffnung eingereichten Gutachten bestätigten die Insolvenzverwalter die bislang veröffentlichten Erkenntnisse. Demnach hat die Auswertung der P&R-Datensysteme in Deutschland und der Schweiz ergeben, dass die Zahl der an Anleger verkauften Container deutlich über der Zahl der vorhandenen und verwalteten Container liegt.

Während rund 1,6 Mio. Container vorhanden sein müssten, belaufe sich die tatsächlich verwaltete Containerflotte auf – wie vermutet – rund 618.000 Stück. Die Fehlmenge bestehe bereits seit Jahren und habe sich – so die heutigen Erkenntnisse – seit dem Jahr 2007 immer weiter vergrößert.

In seiner Bewertung dieses Fehlbestandes enthüllt Insolvenzverwalter Dr. Jaffé, dass seit über 10 Jahren das Geld der Investoren praktisch nicht mehr in Container investiert wurde, sondern in ein Drehtür-System, um Altanleger auszuzahlen:

"Dass heute so viele Container fehlen, bedeutet nicht, dass diese früher vorhanden waren und dann verloren gingen. Tatsächlich zeigen die vorläufigen Ergebnisse der Untersuchungen, dass die deutschen Gesellschaften offensichtlich über viele Jahre hinweg Verträge mit Anlegern über Container geschlossen haben, die es de facto nie gegeben hat und die auch nicht angeschafft wurden. Vielmehr wurden die neu eingeworbenen Gelder dazu genutzt, laufende Verbindlichkeiten aus Mietzahlungen und Rückkäufen gegenüber Altanlegern zu begleichen. Da erhebliche Zahlungen für Container geleistet wurden, die es gar nicht gab, standen auch keine Mittel zur Verfügung, um die Containerflotte weiter aufzubauen und so die Fehlmengen zu reduzieren. Vielmehr vergrößerte sich der Fehlbestand seit dem Jahr 2007 kontinuierlich“, so Dr. Jaffé. Auch wenn die Insolvenzverwalter hierbei noch auf "vorläufige Ergebnisse“ verweisen, klingt die Darstellung für uns nicht so, als ob 1 Mio. Container plötzlich noch irgendwo auftauchen.

Wie geht es nun weiter? Die Strategie der Insolvenzverwalter besteht darin, die bestehende Containerflotte bestmöglich zu verwerten. Dies bedeutet insbesondere, dass das laufende Vermietungsgeschäft der bestehenden Flotte fortgeführt werden soll und kein schneller Verkauf angestrebt wird:

"Wir haben in den letzten vier Monaten insbesondere die Geschäftsbeziehungen der Schweizer P&R-Gesellschaft zu den Leasinggesellschaften und den Endkunden stabilisieren und Vertrauen aufbauen können, was angesichts der äußerst schwierigen Ausgangslage einen erheblichen Erfolg darstellt. Derzeit wird das weiterhin stabil laufende Vermietungsgeschäft fortgeführt. Ein übereilter Verkauf der gut vermieteten und nahezu vollständig ausgelasteten Con-tainerflotte würde zum jetzigen Zeitpunkt unnötig Werte vernichten. Es geht uns darum bestmögliche Ergebnisse für die Gläubiger zu erzielen. Wir möchten nicht, dass Dritte die Gelegenheit nutzen, um auf Kosten der Gläubiger Geschäfte zu machen. Hierdurch würden die Anleger nur weiter geschädigt“, erläutert Dr. Jaffé.

Die Fortsetzung des laufenden Mietgeschäfts ist nicht zuletzt dadurch möglich, dass die laufenden Ein-nahmen aus der Fortsetzung der Container-Vermietung an Leasing- und Transportgesellschaften ausschließlich in der Schweizer Gesellschaft erzielt werden. Diese ist noch nicht insolvent, verfügte jedoch – ebenso wie die deutschen Gesellschaften – bei Insolvenzantragstellung über nahezu keine Liquidität mehr.

Die Liquidität war nach Angaben der Insolvenzverwalter durch die letzten Zahlungen an Anleger im Februar und März fast vollständig aufgebraucht. Durch Sicherungs- und Stabilisierungsmaßnahmen sollen die Einnahmen aus der Vermarktung der Container allen Anlegern der deutschen P&R Gesellschaften zu Gute kommen und in den deutschen Insolvenzverfahren an die Gläubiger verteilt werden.

Bezüglich der Eigentumsfrage bestreiten die Verwalter mit Hinweis auf eine rechtskräftige Entscheidung des LG München I vom 20.06.2018, dass den P&R-Anlegern die Container überhaupt gehören. Hiernach setze die wirksame Übereignung von Gegenständen nämlich voraus, dass der zu übereignende Gegenstand so präzise bezeichnet ist, dass ein Dritter schon an Hand der zwischen den Parteien getroffenen Absprachen diesen Gegenstand identifizieren kann (sog. 'Sachenrechtlicher Bestimmtheitsgrundsatz').

"Dies ist vorliegend mit den mit den Anlegern getroffenen Vereinbarungen nicht möglich, denn diese enthalten keine Bezugnahme auf konkrete Container. Die bloße Übereignung einer bestimmten Zahl eines bestimmten Containertyps genügt nicht, um zu bestimmen, welche Container im Einzelnen gemeint waren (...) Auch in den wenigen Fällen, in denen die Anleger nach Vertragsschluss Zertifikate erhalten haben, ändert sich an diesem Ergebnis nichts.“

Die Insolvenzverwalter äußern in diesem Zusammenhang eine eindrückliche Warnung, dass Versuche, einzelne Container bzw. deren Einnahmen 'auszusondern', großen Schaden anrichten könnten: "Die Zahl der Anleger und Anwälte, die die Reedereien, die Leasinggesellschaften oder die Schweizer P&R-Gesellschaft ansprechen und dort Informationen über vermeintlich 'ihre' Container oder direkte Zahlungen an sich verlangen, ist sehr klein. Es ist allen klar, dass keine dieser Firmen direkte Zahlungen an Anleger leisten wird. Allerdings besteht die Gefahr, dass Anleger durch solche Aktionen einen erheblichen Schaden verursachen. Denn die Geschäftspartner der Schweizer Gesellschaft haben mit den Vorkommnissen der Vergangenheit nichts zu tun und möchten das auch gar nicht. Wenn sie die Container nicht ungestört nutzen können, kann es passieren, dass sie P&R Container insgesamt außer Dienst stellen. Dann werden die Container auf einen Schlag zu einer Last und könnten zur Abdeckung der enorm hohen Standkosten durch Dritte zwangsverwertet werden. Für die Anleger würde dann nichts mehr übrigbleiben. Gleiches würde im Falle eines Konkurses der Schweizer P&R-Gesellschaft gelten“, so Dr. Jaffé. Stattdessen wollen die Verwalter ab August Formulare zur Anmeldung von Forderungen versenden, die anhand der vorhandenen Daten bereits vorausgefüllt sind und die bis zum 14.09.2018 zurückgesendet werden sollen.

'k-mi'-Fazit: Auch ein langjähriger Track-record ist nicht viel wert, wenn dieser nicht durch genügend Transparenz untermauert wird. Dies ist nicht nur die Lehre aus dem Fall P&R, sondern auch die Essenz der 'k-mi'-Warnungen vor P&R seit dem Jahr 1994! Die übergroße Mehrheit der Anbieter von Vermögensanlagen und AIF heutzutage erfüllt jedoch diese Anforderungen, die zudem gesetzlich festgeschrieben sind, und daher sollten diese nicht in Sippenhaft genommen werden. Trotz seiner Größe ist der Fall P&R nur eine Vermögensanlage von ca. 200, die pro Jahr vor allem von mittelständisch geprägten und seriösen Sachwert-Spezialisten angeboten werden und die überwiegend plangemäß laufen. Kein Grund also, dass diese Anbieter und deren Vermittler für die P&R-Betrügereien bestraft werden.

 

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