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SparkassenVersicherung katapultiert Versicherungsmakler ins offene Haftungs-Messer

Eine Leistungspflicht bei Nässeschäden aufgrund einer undichten Silikonfuge zwischen einer Duschwanne und einer angrenzenden Wand, sehr verehrte Leserin, sehr geehrter Leser, wurde zwar vom BGH mit Urteil vom 20.10.2021 (Az. IV ZR 236/20) bei den zugrundeliegenden AVB nicht attestiert (vgl. ‚vt‘ 46/21). Doch dies bedeutet nicht, dass Versicherer nicht doch kundenfreundlich leisten dürfen. Entscheidend aber ist, dass Sie über das zukünftige Regulierungsverhalten Bescheid wissen und Ihre Kunden entsprechend informieren.

Um Transparenz zu schaffen hatten wir am 18.11.2021 zahlreiche Wohngebäude-Versicherer und -Anbieter um Stellungnahme zu deren AVB und Regulierungsverhalten gebeten. Diese ‚Silikonfugen-Liste‘ ist kein statisches Dokument, sondern wird gepflegt und bei neueren Erkenntnissen angepasst.

Einen brisanten Grund dazu liefert aktuell die SV SparkassenVersicherung Gebäudeversicherung AG/Stuttgart: „Damit zählen auch Silikonfugen und Abdichtungen nicht zu einer sonstigen mit dem Rohrsystem verbundenen Einrichtung. Schäden, die aufgrund Undichtigkeit von Fugen und Abdichtungen verursacht werden, sind daher nicht Gegenstand der Leitungswasserdeckung. Dieses Urteil setzt den rechtlichen Rahmen für die zukünftige Regulierungspraxis, so dass unsere Vorgehensweise im Umgang mit der Regulierung von Silikonfugenschäden angepasst werden muss. Bislang haben wir entgegenkommenderweise in der Regel eine Erstattung dieser Kosten vorgenommen“, informiert die SV einerseits zutreffend über das Urteil, zieht aber andererseits den falschen Schluss, dass die Regulierungspraxis „angepasst werden muss“. Die Stuttgarter wollen in zwei Schritten eine Lösung schaffen, „die unseren Kunden eine optionale Regulierung ermöglicht und der bisherigen Regulierungspraxis entspricht“. Eine optionale Lösung ist fair. Der Weg der SV dorthin ist aber das genaue Gegenteil:

Die SparkassenVersicherung informiert erst jetzt aktuell im Juni, aber bereits ab dem 01.07.2022 erfolgt nur noch „eine Kulanzentschädigung“ bis zu einer Höchstgrenze, die bei Privat- und Agrarverträgen bei maximal lediglich 2.500 € je Schaden liegt (bei u. a. Industrie- und Gewerbeverträgen bei max. 10.000 € je Schaden). Problem 1: Es gibt den optionalen Tarif noch nicht – der soll erst im I. Quartal 2023 auf den Markt kommen. Problem 2: „Sofern ein Kunde die höhere Absicherung von Silikonfugenschäden wünscht, prüft Ihr bekannter Ansprechpartner im Fachbereich diese individuelle Anfrage für Sie“, informiert die SV Versicherungsmakler.

Noch übler kann man den in der Haftung stehenden Versicherungsmaklern wohl kaum mitspielen. Bleibt ein Versicherungsmakler jetzt untätig, lässt er nicht nur den Kunden, sondern insbesondere sich selbst ins offene Messer laufen. Die SV bietet die Prüfung individueller Anfragen zwecks höherer Absicherung gegen Silikonfugenschäden an, dem ist zu entnehmen, dass, vermutlich gegen Zusatzprämie, eine höhere Absicherung auch jetzt grundsätzlich möglich ist.

Ein gefundenes Fressen für Anwälte, wenn ein VN ab dem 01.07.2022 einen Silikonfugenschaden erleidet. Denn wenn der Schaden über der Höchstgrenze liegt, wird der Versicherungsmakler, der nach der SV-Information den Kunden nicht aufgeklärt hat, wohl bis zu der Schadenhöhe einstehen müssen, die die SV auf Anfrage abgesichert hätte. Versicherungsmakler sollten daher umgehend den Bestand prüfen, ggf. der SV Anfragen für eine höhere Absicherung bei Silikonfugenschäden vorlegen oder ggf. umdecken (mit Konditionsdifferenzdeckung des Folgeversicherers).

Der Zeitdruck, den die SV ausübt, ist überflüssig und unverständlich. Erst lässt sich die SparkassenVersicherung vom Urteil im Oktober bis Juni Zeit, um eine Übergangslösung zu finden, da für eine für „Bestands- und Neukunden rechtlich eindeutige und dauerhafte Lösung, die vorsieht, wie alle Kunden in Zukunft die Absicherung von Schäden aus Silikonfugen versichern können“, mindestens ein weiters halbes Jahr ins Land geht. Obwohl die SV mehr als ein Jahr benötigt, lässt man Versicherungsmaklern nur wenige Tage Zeit.

Versicherungsmakler so in den brennenden Haftungsofen zu stoßen ist auch deshalb völlig unnötig, weil der BGH für Versicherer, die bisher Silikonfugenschäden kundenfreundlich regulierten, keine Mehrkosten beschert. Einem fairen Umgang der SparkassenVersicherung, erst mit Angebot eines optionalen Tarifs das bisherige Regulierungsverhalten zu ändern, stehen keine Sachargumente im Wege. Erste Reaktionen von Versicherungsmaklern, die die Haftungsgefahr fürchten, zeigen, dass die SV sich mit dieser Vorgehensweise keinen Gefallen im Maklermarkt und vermutlich auch nicht bei der Sparkassenkundschaft tut. So sollen u. a. angefragte Absicherungsangebote keine Berücksichtigung mehr finden.

‚vt‘-Fazit: Noch schlimmer kann man es für Versicherungsmakler nicht gestalten, daher haken wir umgehend bei der SparkassenVersicherung nach. Wir unterstellen der SV keine Absicht, Versicherungsmakler so massiv in Haftungsgefahren zu bringen. Zumindest eine Verschiebung der Reduzierung auf Regulierungshöchstgrenzen sollte daher möglich sein. Das BGH-Urteil steht einem fairen Umgang mit Versicherungsnehmern und Versicherungsmaklern jedenfalls nicht im Wege.

Die Übersicht vt 26-22-01 Übersicht Silikonfugenschäden kann hier heruntergeladen werden.

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