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Statt Arbeitserleichterung: Überbordende Bürokratie bei Janitos-Wildschadenmeldung

Eine zunehmende Überbürokratisierung ist vielen ein Dorn im Auge. Zu Recht werden Forderungen nach Bürokratieabbau immer lauter. Dabei geht es üblicherweise um arbeitsintensive Folgen von Regulierungs- und Gesetzesvorgaben. Versicherungsmakler legen uns ein Beispiel auf den ‚vt‘-Redaktionstisch, wie ein Versicherer aus einer üblicherweise wenige Minuten dauernden Schadenmeldung mit einem mehrseitigen Abfragebogen eine zeitaufwendige Beschäftigung macht:

Fast immer geht es ganz plötzlich. Wildtiere, wie Füchse, Hasen, Wildschweine und Rehe, tauchen aus dem Dickicht des Waldes auf und springen nur wenige Meter von der Motorhaube entfernt auf die Straße. Eine Schrecksituation, vor der sich viele Autofahrer fürchten, denn die Überraschung ist groß und es bleibt kaum Zeit zu reagieren. Kein Wunder, dass es jährlich zu mehr als 270.000 Wildunfällen in Deutschland kommt, die damit rund 5 % aller Straßenverkehrsunfälle ausmachen.

Doch wer bei der Janitos Versicherung AG sein Fahrzeug versichert hat, sollte besser nicht in einen Wildunfall ver­wickelt werden. Oder als Versicherungsmakler keinen bei Janitos versicherten Kunden betreuen, dem ein Reh vors Auto gesprungen ist, wenn man sich den Arbeitsaufwand zum Ausfüllen des dreiseitigen mit 31 Fragen gespickten „Zusatzfragebogen zum Wildschaden“ ersparen will. Zumal nach Ansicht einiger Versicherungsmakler so manche Frage unsinnig weil nicht wirklich zu beantworten ist, was bisweilen die Frage nach den Folgen einer Nichtbeantwortung oder einer unabsichtlich falschen Antwort aufwirft. Eigentlich könnte alles ganz easy sein, berichtet uns einer der Makler, wie er Wildschäden in 99 % der Fälle meldet:

„Am 01.04.2024 gegen 19.00 Uhr fuhr der VN nüchtern und im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis mit dem Fahrzeug HH LH 123 auf der Landstraße 1 von A-Dorf nach B-Stadt, als in einem Waldstück hinter C-Dorf ein Reh von links nach rechts unvermittelt die Fahrbahn querte. Der VN konnte nicht mehr rechtzeitig bremsen und ausweichen, es kam zum Zusammenprall. Das Fahrzeug wurde am Kotflügel vorne links beschädigt. Das Fahrzeug ist nicht mehr fahrbereit und kann an folgender Adresse in D-Stadt besichtigt werden. Entsprechende Fotos und die Wildschadenbescheinigung liegen bei.“

Was somit für die reine Schadenmeldung in fünf Minuten erledigt ist, kann bei Janitos zu einer Stunde Aufwand führen. Anhand des uns vorliegenden Zusatzfragebogens haben wir Janitos-Vorstandsmitglied Nina Duft zu einigen der dortigen Fragen um Stellungnahme gebeten. Da keine Antwort erfolgte, greifen wir die Fragen auf und beleuchten deren Sinnhaftigkeit, wie sie auch von Versicherungsmaklern hinterfragt und kritisiert wurde.

++ Janitos fragt nach dem Zweck der Fahrt, der genauen Adresse, wo die Fahrt begonnen hat, der genauen Adresse des Fahrtziels, ob die Fahrt zum Zielort nach dem Unfall fortgesetzt wurde und falls nein, wohin der VN nach dem Unfall gefahren ist. In welchem Zusammenhang stehen diese Fragen mit dem konkreten Unfallschaden und welche Bedeutung haben die Antworten auf diese Fragen für die Schadenregulierung? Leider erläutert Janitos weder, warum vier Fragen beantwortet werden sollen, bei denen bei anderen Versicherern die notwendigen Angaben in einem Satz erledigt sind, noch mit welchen Hintergedanken diese überhaupt gestellt werden. Denn welche Rolle spielt es für die Schadenregulierung, ob Zweck der Fahrt das Sporttraining, ein Kinobesuch oder ein Treffen mit einem Freund war? 

++ Janitos will wissen, wo sich der VN mit seinem Fahrzeug in Bezug zum Kollisionsort befand, als er das Wild erstmals bemerkte, und wie groß der Abstand des Fahrzeuges zum Kollisionsort war. Welche diesbezügliche Realitätsnähe erwartet Janitos von der Einschätzung eines womöglich in Sekundenbruchteilen verunfallten VN und worauf stützt Janitos diese Erwartung? 

++ Der VN soll das Wild u. a. nach Art, Größe und Anzahl näher beschreiben. Welchen Erkenntnisgewinn für die Schadenregulierung erwartet Janitos von diesen Angaben unter Berücksichtigung, dass in der Kürze des Unfallhergangs und der Sichtverhältnisse ein Erkennen oftmals schwierig ist und die Unfallbegleitumstände den Verunfallten oft an ein erheblich größeres Tier glauben lassen als es tatsächlich war? Wenn das Wild ein Fuchs war, der nur touchiert wurde und verschwunden ist, könnte eine Falschangabe resultieren? Und wenn der Unfall ordnungsgemäß gemeldet wurde, liegt üblicherweise eine vom Jagdausübungsberechtigten ausgestellte Bescheinigung des Wildunfalls für die Versicherung vor, der sich ggf. die Wildart entnehmen lässt.

++ Der VN soll eine Einschätzung abgeben, woher das Wild kam und wie schnell und in welche Richtung es sich bewegte. Erwartet Janitos die Angabe der Geschwindigkeit des Wildes in km/h? Wenn nein, in welcher Form? Wie lässt sich nach Auffassung der Janitos das Zustandekommen eines Wildunfalls erklären, obwohl der Autofahrer das Wild so exakt und über einen gewissen Zeitraum beobachten konnte, wie es die korrekte Beantwortung der Frage voraussetzt? 

++ Der VN soll beantworten, wie schnell er war, als er die Gefahrensituation erkannte und wie schnell er bei der Kollision war. Zeigen die Erfahrungen von Janitos, unter Berücksichtigung von widersprüchlichen Zeugenaussagen und Gutachterergebnissen in Streit- und Gerichtsfällen, dass an einem Unfall beteiligte Verkehrsteilnehmer die angefragten Geschwindigkeiten realistisch schätzen? Wir meinen, das kann kein Verkehrsteilnehmer vernünftig schätzen, und Versicherungsmakler weisen auf jene Widersprüche zwischen Zeugenaussagen und Gutachtergebnissen vor Gericht hin.

++ Der VN soll Angaben machen, wie die Kontaktaufnahme (Telefon, persönlich etc.) zu Jäger, Förster oder Polizei erfolgte und wo, bspw. an der Unfallstelle oder in der Polizeidienststelle, die Meldung erfolgte. Welche Bedeutung haben diese Angaben bei der Prüfung des Regulierungsanspruchs?  

++ Des Weiteren soll der VN beantworten, ob er den Aussteller der Wildunfallbescheinigung bereits vor dem Unfall kannte und ggf. in welcher Form. Was schließt Janitos daraus und welche Folgen hat es für die Schadenregulierung, wenn der VN den Aussteller nicht kannte? Oder welche Folgen hat es für die Schadenregulierung, wenn der VN den Aussteller kannte? Wenn man diese Fragen nicht als völlig überflüssige Bürokratie einstuft, müsste man dann annehmen, dass Janitos den VN damit grundsätzlich Mauscheleien unterstellt? Nun wollen wir unsererseits Janitos nichts unterstellen, sondern wollen Transparenz für VN und Versicherungsmakler erreichen.

Daher wollten wir von Janitos-Vorständin Duft zusätzlich wissen: ++ Welche Folgen hat es für den VN bzw. die Schadenregulierung, wenn er die vorgenannten Fragen des Wildschaden-Fragebogens nicht beantwortet?  ++ Kann die fehlerhafte Beantwortung der vorgenannten Fragen dazu führen, dass Janitos die Leistungen ablehnt? Bspw. wenn er den Unfall als Unfall mit einem großen Tier erlebte und dies so angab, aber sich bei weiteren Untersuchungen herausstellt, dass es sich um ein kleines Tier/anderes Tier als vom VN angegeben handelt?  ++ Welchen Zeitaufwand muss ein Versicherungsmakler nach Auffassung der Janitos aufwenden, um die Fragen mit seinem Mandanten zu besprechen und sorgfältig zu beantworten? 

++ Erhält der Versicherungsmakler für die über den üblichen Zeitaufwand hinausgehende Bearbeitungszeit eine gesonderte Vergütung von Janitos? Aber auch hier nutzt Janitos die Gelegenheit zur Aufklärung nicht. Damit bleiben die Folgen für die Schadenregulierung unklar, zum Arbeitsaufwand und dessen Vergütung können wir aber zwei Aussagen treffen: Nach Einschätzung eines Versicherungsmaklers wird die Bearbeitung des Zusatzfragebogens 45-60 Minuten dauern, also ein Vielfaches der bei anderen Versicherern üblichen Zeit für eine Wildschaden-Meldung. Von einer Zusatzvergütung ist nichts bekannt.

‚vt‘-Fazit: Gerne hätten wir Sie über den Erkenntnisgewinn und die Regulierungsfolgen aus dem zeitaufwendig auszufüllenden und teilweise unabsichtlich zu fehlerhaften Angaben führenden Wildunfallfragebogen aus Sicht der Janitos informiert. Denn neben der überbordenden Bürokratie bleibt insbesondere die Frage im Raum, welche Schadenregulierungsfolgen es für den VN und welche haftungsrechtlichen Folgen es für den Versicherungsmakler haben kann, wenn sich Antworten später als unzutreffend herausstellen, auch wenn sie nach bestem Wissen gegeben wurden.

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