Die 302 Volks- und Raiffeisenbanken im 14 Bundesländer umfassenden Verbandsgebiet des Genossenschaftsverbandes – Verband der Regionen konnten im ersten Halbjahr 2023 ihr Kundengeschäft trotz des schwierigen Umfelds weiter ausbauen. Treiber war auf der Aktivseite der Bilanz das Kreditgeschäft, das in den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres 2023 um 1,9 % bzw. 5,9 Mrd. € auf insgesamt 316,2 Mrd. € zulegte. "Bei den Finanzierungen legen sowohl das gewerbliche Kreditgeschäft mit 2,8 % als auch die privaten Baukredite mit 1,0 % zu", betonte Ingmar Rega, VV des Genossenschaftsverbandes. Wie bereits bei der Analyse der Hypoport-Zahlen (vgl. 'Bi' 33/23) von uns ermittelt, bestätigt sich auch hier, dass die Genossenschaftsbanken mit ihrer sogar leicht steigenden Kreditsumme ein wesentlicher Stabilitätsanker im privaten Wohnungsbau sind.
Etwas weniger erfreulich – aber auch anhand der jüngsten Entwicklung nicht überraschend – ist der Rückgang bei den Einlagen um -1,4 % gegenüber Ende 2022 auf 338,3 Mrd. €. 4,8 Mrd. € wurden hier im ersten Halbjahr von den Kunden insbesondere aufgrund der starken Inflation aufgebraucht oder flossen an andere Banken mit Lockzinsangeboten ab. Dabei kam es auch innerhalb des Segments zu teils erheblichen Umschichtungen: Erstmals nach zwölf Jahren Anstieg verzeichneten die täglich fälligen Gelder einen massiven Rückgang, sowohl in absoluten als auch in relativen Zahlen. Absolut gingen deren Summe um 8,4 % bzw. 21,4 Mrd. € auf 234,5 Mrd. € zurück. Aber auch relativ sank der Anteil von 74,6 % Ende 2022 auf 69,3 % zum 30.06.2023. Gleichzeitig sprang hier der relative Anteil der Termineinlagen von 5,6 % auf 12,5 % bzw. absolut 42,3 Mrd. € in nur sechs Monaten deutlich hoch. "Während wir in der langen Phase mit Null- und Negativzinsen eine eindeutige Dominanz der Anlagemotive Sicherheit und Liquidität gesehen haben, ist aktuell auch Rentabilität wieder ein Thema. Allerdings kann das Zinssparen die hohe Inflation nicht ausgleichen, zumal die Sparfähigkeit wegen der zunehmenden laufenden Ausgaben zurückgeht. Die gemessen an den Notwendigkeiten vorhandene erhebliche Überliquidität bei den Sichteinlagen sollte je nach Risikoaffinität in langfristige bzw. ertragreichere Anlageklassen fließen", analysiert Vorstandschef Rega.
Während auf der Einlagenseite die Zinsfront dynamisch verläuft, herrscht auf der Kreditseite insbesondere aufgrund der üblichen langen Darlehenslaufzeiten zumindest relative Ruhe. Natürlich stiegen bei der Neukreditvergabe anlog zum Zinsanstieg der Notenbanken auch die Kreditzinsen, indes begrenzen langlaufende Kreditverträge die Folgen für Wirtschaft und Private. Mit 88,1 % zum 30.06.2023 (Stand 31.12.2022: 88,2 %) liegt der Anteil mit Kreditlaufzeiten von mehr als fünf Jahren extrem hoch. "Dank dieser Langfristkultur werden die unmittelbaren Folgen steigender Zinsen für die Wirtschaft abgemildert, so dass bislang signifikante Investitionskürzungen noch nicht durchgeschlagen haben", bringt es Rega auf den Punkt. In der Branchenbetrachtung der Kreditvergabe legte das Baugewerbe mit +4,7 % trotz des Einbruchs im Immobilienmarkt noch weit überdurchschnittlich zu. Insgesamt zeigt die Kreditdynamik für das private und gewerbliche Geschäft bei den Genobanken im Genossenschaftsverband bis zur Jahresmitte einen stetigen Verlauf.
Zur Stabilität trägt sicher auch der Genossenschaftsverband selbst bei. Auf dem digitalen Verbandstag präsentierte er sich seinen rund 2.600 Mitgliedsgenossenschaften als moderner und leistungsfähiger Dienstleister in 14 Bundesländern, der seinen Mitgliedsgenossenschaften bei aktuellen Transformationsherausforderungen, wie z. B. Digitalisierung, Veränderungen im Kundenverhalten, Fachkräftemangel und Nachhaltigkeit, zunehmend Unterstützungs- und Beratungsleistungen anbietet. Dabei wird Nachhaltigkeit für den Verband wie auch seine Mitglieder immer mehr zum Wettbewerbsfaktor. "Wir empfehlen unseren Mitgliedern, rechtzeitig in dieses Thema zu investieren – auch wenn es für die meisten unserer Genossenschaften noch keine Pflicht gibt, über ihre Nachhaltigkeits-Aktivitäten zu berichten", betonte Vorstandsmitglied Peter Götz.
Der Verband gehe hier mit gutem Beispiel voran, habe seit 2019 seine Emissionen um 43 % gesenkt und soeben seinen neuen Nachhaltigkeitsbericht nach dem Deutschen Nachhaltigkeitskodex (DNK) auf der Verbandswebsite veröffentlicht. "Im genossenschaftlichen Verbund und für unsere Mitglieder sehe ich uns beim Thema Nachhaltigkeit als Vorreiter – besonders, was Ambition, fachliches Know-how, best practices und organisatorische Aufstellung angeht", stellte Götz fest. Im Rahmen des Verbandstags wurde zudem eine Namensänderung des Genossenschaftsverbandes beschlossen: Dieser wird ab 01.01.2024 Genoverband e.V. heißen und dann auch mit einem neuen und ganzheitlichen Markenauftritt für den Verband und seine AWADO-Gruppe an den Start gehen. Zukünftig werde man sich auf zwei starke Marken – den Genoverband und die AWADO – konzentrieren.
'Bi'-Fazit: Die aggregierten Zahlen von 302 Volks- und Raiffeisenbanken des Genossenschaftsverbandes, der sich auf seinem Verbandstag einmal mehr zukunftsfest präsentierte, zeigen für das erste Halbjahr 2023 Umschichtungen und geringe Abflüsse bei den Kundeneinlagen sowie ein leichtes Kreditwachstum sogar bei den privaten Baukrediten. Dies zeigt einmal mehr: Auch in Zeiten von Rezession und Stagnation stehen die Genobanken in ihren Regionen trotz aller Krisen ihren Kunden und Mitgliedern als zuverlässige Partner zur Seite und stabilisieren so die wirtschaftliche Entwicklung!